Wie Sprachen Laute benutzen

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(Wie stelle ich ein realistisches Lautinventar zusammen?: Typologie Vokalsysteme)
K (Phonemische Prozesse)
 
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===Phonemische Prozesse===
 
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Neben der Auslautverhärtung gibt es noch andere phonemische Prozesse. Damit sind Veränderungen gemeint, die generell in Sprachen ablaufen können. Die Regeln lassen sich daher in die einzelnen Prozesse eingliedern.
 
Neben der Auslautverhärtung gibt es noch andere phonemische Prozesse. Damit sind Veränderungen gemeint, die generell in Sprachen ablaufen können. Die Regeln lassen sich daher in die einzelnen Prozesse eingliedern.
 
; Angleichung und Entähnlichung:
 
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* Die durchschnittliche Zahl der in einer einzelnen Sprache unterschiedenen Vokale liegt zwischen 5 und 6, wobei hier nur die Anzahl der Vokalqualitäten gezählt wurde (Länge, Nasalierung, Töne oder ähnliche zusätzliche Dimensionen wurden also nicht berücksichtigt). Nur eine Handvoll Sprachen kommen mit zwei Vokalen aus, alle anderen haben mindestens drei. Die höchste bekannte Zahl an Vokalqualitäten liegt laut WALS bei 14, Rekordhalter ist das Deutsche! Mit zusätzlichen Dimensionen kommen bis zu etwa 35 kontrastierende Vokale vor, der Durchschnitt liegt aber wahrscheinlich immer noch unter 10.
 
* Die durchschnittliche Zahl der in einer einzelnen Sprache unterschiedenen Vokale liegt zwischen 5 und 6, wobei hier nur die Anzahl der Vokalqualitäten gezählt wurde (Länge, Nasalierung, Töne oder ähnliche zusätzliche Dimensionen wurden also nicht berücksichtigt). Nur eine Handvoll Sprachen kommen mit zwei Vokalen aus, alle anderen haben mindestens drei. Die höchste bekannte Zahl an Vokalqualitäten liegt laut WALS bei 14, Rekordhalter ist das Deutsche! Mit zusätzlichen Dimensionen kommen bis zu etwa 35 kontrastierende Vokale vor, der Durchschnitt liegt aber wahrscheinlich immer noch unter 10.
 
* Im Durchschnitt haben Sprachen etwa drei- bis viermal so viele Konsonanten wie Vokalqualitäten, die Verhältnisse reichen von 10:9 bis 58:2. Werden zusätzliche Vokaldimensionen mit einbezogen, gibt es auch ein paar Sprachen, die bis zu doppelt so viele Vokale wie Konsonanten unterscheiden.
 
* Im Durchschnitt haben Sprachen etwa drei- bis viermal so viele Konsonanten wie Vokalqualitäten, die Verhältnisse reichen von 10:9 bis 58:2. Werden zusätzliche Vokaldimensionen mit einbezogen, gibt es auch ein paar Sprachen, die bis zu doppelt so viele Vokale wie Konsonanten unterscheiden.
* Etwa 2/3 aller Sprachen unterscheiden Konsonanten nach dem Merkmal [+/-sth]. Was auch bedeutet, dass etwa 1/3 dies nicht tun! Wenn das Merkmal unterscheidungsrelevant ist, gilt es fast immer für Plosive, aber nur in etwa der Hälfte der Fälle (auch) für Frikative.
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* Etwa 70% aller Sprachen unterscheiden Konsonanten nach dem Merkmal [+/-sth]. Was auch bedeutet, dass etwa 30% dies nicht tun! Wenn das Merkmal unterscheidungsrelevant ist, gilt es fast immer für Plosive, aber nur in etwa der Hälfte der Fälle (auch) für Frikative.
 
* Alle Sprachen haben Plosive an mindestens drei verschiedenen Artikulationsstellen. Die Grundlage bilden fast immer /p t k/; Hawaiianisch hat statt dessen /p k ʔ/, einige nordamerikanische Indianersprachen haben /t k ʔ/. Wenn einer der drei grundlegenden Plosive fehlt, ist dies üblicherweise /p/; oft (wie im Arabischen) ist dann allerdings ein stimmhaftes Gegenstück /b/ vorhanden.
 
* Alle Sprachen haben Plosive an mindestens drei verschiedenen Artikulationsstellen. Die Grundlage bilden fast immer /p t k/; Hawaiianisch hat statt dessen /p k ʔ/, einige nordamerikanische Indianersprachen haben /t k ʔ/. Wenn einer der drei grundlegenden Plosive fehlt, ist dies üblicherweise /p/; oft (wie im Arabischen) ist dann allerdings ein stimmhaftes Gegenstück /b/ vorhanden.
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* Alle Sprachen mit mehreren Serien von Plosiven haben eine Serie, die als "stimmlos" bezeichnet werden kann - ob die andere(n) Serie(n) dann stimmhaft (70%), aspiriert (25%), pränasalisiert (12%), ejektiv (15%) oder implosiv (12%) sind, variiert allerdings von Sprache zu Sprache (die Prozentwerte geben die Häufigkeit an, in der dieses Merkmal in den Sprachen der Welt vorkommt).
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* Sprachen mit einer Unterscheidung von Plosiven nach dem Merkmal [+/-asp] besitzen so gut wie immer auch ein Phonem /h/. Eine ähnliche Korrelation ist die, dass in den allermeisten Sprachen mit Ejektiven und/oder Implosiven auch der Glottalverschluss /ʔ/ als eigenes Phonem vorkommt.
 
* Fast alle Sprachen haben ein /s/. Bis auf wenige Ausnahmen ist dieser Laut nur in vielen Sprachen der Ureinwohner Australiens und Neuguineas nicht vorhanden (wie übrigens auch alle anderen Frikative); es wird vermutet, dass das mit einer in diesen Bevölkerungsgruppen verbreiteten Ohrenkrankheit zusammenhängt.
 
* Fast alle Sprachen haben ein /s/. Bis auf wenige Ausnahmen ist dieser Laut nur in vielen Sprachen der Ureinwohner Australiens und Neuguineas nicht vorhanden (wie übrigens auch alle anderen Frikative); es wird vermutet, dass das mit einer in diesen Bevölkerungsgruppen verbreiteten Ohrenkrankheit zusammenhängt.
 
* Frikative an anderen Artikulationsorten sind seltener, als man annehmen würde. Nur sehr wenige Sprachen (darunter Englisch und je nach Zählweise auch Deutsch) unterscheiden mehr verschiedene Frikative als Plosive. Im Gegenteil ist /s/ sogar oft der einzige Frikativ überhaupt; manchmal gibt es auch die Kombination /s/ und /z/. Labiale Frikative kommen nur in etwa 60% aller Sprachen vor, postalveolare Frikative in knapp 45% aller Sprachen, velare Frikative in knapp 30% der Sprachen, und uvulare Frikative in etwa 10% der Sprachen. Dentale Frikative (also die in typischen Fantasy-Namen recht beliebten englischen "th-Laute") sind sogar noch seltener, sie gibt es nur in etwa 7,5% aller Sprachen.
 
* Frikative an anderen Artikulationsorten sind seltener, als man annehmen würde. Nur sehr wenige Sprachen (darunter Englisch und je nach Zählweise auch Deutsch) unterscheiden mehr verschiedene Frikative als Plosive. Im Gegenteil ist /s/ sogar oft der einzige Frikativ überhaupt; manchmal gibt es auch die Kombination /s/ und /z/. Labiale Frikative kommen nur in etwa 60% aller Sprachen vor, postalveolare Frikative in knapp 45% aller Sprachen, velare Frikative in knapp 30% der Sprachen, und uvulare Frikative in etwa 10% der Sprachen. Dentale Frikative (also die in typischen Fantasy-Namen recht beliebten englischen "th-Laute") sind sogar noch seltener, sie gibt es nur in etwa 7,5% aller Sprachen.
* Nasale kommen in fast allen Sprachen vor, meistens sowohl /n/ als auch /m/. Der velare Nasal /ŋ/ existiert in etwa 50% der Sprachen (davon bei etwa 20% nur am Silbenende, wie auch im Deutschen). Den palatalen Nasal /ɲ/ (das spanische ''ñ'') findet man in gut 30% aller Sprachen.
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* Nasale kommen in fast allen Sprachen vor, meistens sowohl /n/ als auch /m/. Der velare Nasal /ŋ/ existiert in etwa 50% der Sprachen (davon bei etwa 20% nur am Silbenende, wie auch im Deutschen). Den palatalen Nasal /ɲ/ (das spanische ''ñ'') findet man in gut 30% aller Sprachen. Es gibt keine bekannte Sprache, in der mehr Nasale als Plosive unterschieden werden.
* Vokalsysteme haben bei Abbildung im Vokaltrapez der IPA-Tabelle meistens eine "dreieckige" Form, es gibt also in den allermeisten Sprachen jeweils mehr Unterscheidungen bei den geschlossenen Vokalen als bei den offenen. Das einfachste Beispiel wäre ein System /i a u/ wie z.B. im Quechua, aber auch das spanische /i e a o u/ und das italienische /i e ɛ a ɔ o u/ haben diese Form. Bei Sprachen mit mehr als sieben Vokalqualitäten werden meistens ein oder zwei weitere "Linien" in der Mitte eingefügt, also z.B. vordere gerundete Vokale oder hintere ungerundete. Auch das deutsche System /i ɪ e ɛ y ʏ ø œ a ə ɔ o ʊ u/ (ohne Vokallänge) lässt sich daher als Dreieck begreifen.<br> Alternativ gibt es in einigen Sprachen auch eine "rechteckige" Form, bei der es bei jedem Offenheitsgrad die gleiche Zahl an vorderen und hinteren Vokalen gibt, wie z.B. in der Sprache Chamorro mit /i e æ ɑ o u/.<br> In den meisten Sprachen ist das Vokalsystem relativ symmetrisch. Wenn nicht, dann gibt es fast immer mehr vordere Vokale als hintere. Deutsch ist ein Beispiel hierfür, ein anderes wäre das in nordamerikanischen Indianersprachen weit verbreitete System /i e a o/. Eine der bekanntesten Ausnahmen ist das Mongolische mit /i e a ɔ o ʊ u/.<br> <small>Einen guten Überblick über die Typologie der Vokalsysteme bietet [http://gesc19764.pwp.blueyonder.co.uk/vowels/vowel_systems.html diese Seite (englisch)].</small>
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* Vokalsysteme haben bei Abbildung im Vokaltrapez der IPA-Tabelle meistens eine "dreieckige" Form, es gibt also in den allermeisten Sprachen jeweils mehr Unterscheidungen bei den geschlossenen Vokalen als bei den offenen. Typischerweise sind dabei die vorderen Vokale ungerundet und die hinteren Vokale gerundet. Das einfachste Beispiel wäre ein System /i a u/ wie z.B. im Quechua, aber auch das spanische /i e a o u/ und das italienische /i e ɛ a ɔ o u/ haben diese Form. Bei Sprachen mit mehr als sieben Vokalqualitäten werden meistens ein oder zwei weitere "Linien" in der Mitte eingefügt, also z.B. vordere gerundete Vokale oder hintere ungerundete. Auch das deutsche System /i ɪ e ɛ y ʏ ø œ a ə ɔ o ʊ u/ (ohne Vokallänge dargestellt) lässt sich daher als Dreieck begreifen.<br> Alternativ kommt in einigen Sprachen auch eine "rechteckige" Form vor, bei der es bei jedem Offenheitsgrad die gleiche Zahl an vorderen und hinteren Vokalen gibt, wie z.B. in der Sprache Chamorro mit /i e æ ɑ o u/.<br> In den meisten Sprachen ist das Vokalsystem relativ symmetrisch. Wenn nicht, dann gibt es fast immer mehr vordere Vokale als hintere. Deutsch ist ein Beispiel hierfür, ein anderes wäre das in nordamerikanischen Indianersprachen weit verbreitete System /i e a o/. Eine der bekanntesten Ausnahmen ist das Mongolische mit /i e a ɔ o ʊ u/.<br> <small>Einen guten Überblick über die Typologie der Vokalsysteme bietet [http://gesc19764.pwp.blueyonder.co.uk/vowels/vowel_systems.html diese Seite (englisch)].</small>
 
* Vordere gerundete Vokale wie im Deutschen, Französischen, Türkischen oder Finnischen gibt es nur in weniger als 10% aller Sprachen, die meisten davon in Europa und dem nördlichen Asien. Hintere ungerundete Vokale gibt es laut UPSID mit etwa 13% sogar etwas häufiger, aber meist weniger systematisch, weil oft nur das /u/ eben ungerundet als [ɯ] ausgesprochen wird. Ein Kontrast zwischen gerundeten und ungerundeten hinteren Vokalen kommt nur in knapp 5% der Sprachen vor.
 
* Vordere gerundete Vokale wie im Deutschen, Französischen, Türkischen oder Finnischen gibt es nur in weniger als 10% aller Sprachen, die meisten davon in Europa und dem nördlichen Asien. Hintere ungerundete Vokale gibt es laut UPSID mit etwa 13% sogar etwas häufiger, aber meist weniger systematisch, weil oft nur das /u/ eben ungerundet als [ɯ] ausgesprochen wird. Ein Kontrast zwischen gerundeten und ungerundeten hinteren Vokalen kommt nur in knapp 5% der Sprachen vor.
 
* Unter den zusätzlichen Vokaldimensionen ist die Länge in etwa 11% aller Sprachen bedeutungsunterscheidend, Nasalierung in etwa 25%, und die Tonhöhe in etwa 45% der Sprachen (davon rund 25% mit nur zwei unterschiedlichen Tönen, die übrigen 20% mit drei oder mehr; die höchste bekannte Zahl an Tonunterscheidungen liegt bei fünf reinen Tonhöhen bzw. neun Tönen insgesamt, wenn man Konturtöne mitzählt). Andere Phonationen (stimmlose Vokale, Hauchstimme, Knarrstimme etc.) sind nur in einzelnen Sprachen bedeutungsunterscheidend, hängen aber manchmal mit dem Tonsystem zusammen (z.B. im Vietnamesischen).
 
* Unter den zusätzlichen Vokaldimensionen ist die Länge in etwa 11% aller Sprachen bedeutungsunterscheidend, Nasalierung in etwa 25%, und die Tonhöhe in etwa 45% der Sprachen (davon rund 25% mit nur zwei unterschiedlichen Tönen, die übrigen 20% mit drei oder mehr; die höchste bekannte Zahl an Tonunterscheidungen liegt bei fünf reinen Tonhöhen bzw. neun Tönen insgesamt, wenn man Konturtöne mitzählt). Andere Phonationen (stimmlose Vokale, Hauchstimme, Knarrstimme etc.) sind nur in einzelnen Sprachen bedeutungsunterscheidend, hängen aber manchmal mit dem Tonsystem zusammen (z.B. im Vietnamesischen).

Aktuelle Version vom 16. Dezember 2015, 10:22 Uhr

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