Wie Sprachen Laute benutzen

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(Erstellen von sprachlichen Lautinventaren: Typologie von Lautinventaren (Start))
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Wenn du dich lieber an einer irdischen Sprache orientieren willst, kannst du dir die entsprechenden IPA-Tabellen von Sprachen ansehen, deren Klang in die Richtung geht, die du haben möchtest. Eine gute Anlaufstelle hierfür ist die [http://web.uvic.ca/ling/resources/ipa/handbook.htm Seite des IPA-Handbuches]. Es ist zwar gerade bei "exotischen" Sprachen oft nicht so einfach, Phoneme und Regeln zu finden, aber für eine ganze Reihe von Sprachen gibt es bei Wikipedia zumindest ein Phoneminventar und manchmal auch detailliertere Beschreibungen (es lohnt sich oft auch ein Blick auf den englischsprachigen Artikel zu der jeweiligen Sprache). Und falls du keine Regeln findest, kannst du die ja auch nach Gutdünken selbst erstellen. Hör dir Sprachbeispiele an und analysier sie, wie in der Methode "Analysieren" beschrieben. Spiel mit der Sprache, verändere sie.
 
Wenn du dich lieber an einer irdischen Sprache orientieren willst, kannst du dir die entsprechenden IPA-Tabellen von Sprachen ansehen, deren Klang in die Richtung geht, die du haben möchtest. Eine gute Anlaufstelle hierfür ist die [http://web.uvic.ca/ling/resources/ipa/handbook.htm Seite des IPA-Handbuches]. Es ist zwar gerade bei "exotischen" Sprachen oft nicht so einfach, Phoneme und Regeln zu finden, aber für eine ganze Reihe von Sprachen gibt es bei Wikipedia zumindest ein Phoneminventar und manchmal auch detailliertere Beschreibungen (es lohnt sich oft auch ein Blick auf den englischsprachigen Artikel zu der jeweiligen Sprache). Und falls du keine Regeln findest, kannst du die ja auch nach Gutdünken selbst erstellen. Hör dir Sprachbeispiele an und analysier sie, wie in der Methode "Analysieren" beschrieben. Spiel mit der Sprache, verändere sie.
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===Wie stelle ich ein realistisches Lautinventar zusammen?===
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Prinzipiell können erfundene Sprachen ganz einfach all die Laute verwenden, die dem Erfinder gefallen. Wenn du deine Sprache allerdings für eine verhältnismäßig "normale" Welt bastelst - was auch immer das dann genau heißen mag -, dann legst du vielleicht auch Wert darauf, dass die linguistische Landschaft nach irdischen Maßstäben glaubwürdig ist. Hierzu ist es hilfreich, schon bei der Auswahl der Laute ein wenig darauf zu achten, ob sich deine eigene Sprache ähnlich verhält wie echte Sprachen. Letztere sind dabei nämlich meist recht systematisch: Wenn ein artikulatorisches Merkmal, z.B. [+/-sth], an einem Artikulationsort, z.B. an den Lippen (labial), als bedeutungsunterscheidend verwendet wird, dann ist die Wahrscheinlichkeit groß, dass das gleiche Merkmal auch an anderen Artikulationsorten Unterscheidungskraft besitzt, z.B. am Zahndamm (alveolar) und/oder am weichen Gaumen (velar). Gleichzeitig haben die allermeisten natürlichen Sprachen aber trotz aller Systematik auch die eine oder andere "Lücke" in ihrem Lautinventar; es fehlt also ein Laut, den man anhand der in der Sprache verwendeten Unterscheidungsmerkmale eigentlich erwarten würde. So wird etwa im Deutschen normalerweise eine Unterscheidung der Stimmhaftigkeit für Frikative gemacht (''Feld'' /fɛlt/ vs. ''Welt'' /vɛlt/; ''ließe'' /liːsə/ vs. ''Liese'' /liːzə/), aber das stimmhafte Gegenstück zum ''sch''-Laut kommt nur sehr selten vor, wobei die bedeutungsunterscheidende Kraft zweifelhaft ist (bei ''rasche'' /raʃə/ vs. ''Rage'' /raːʒə/ könnte man problemlos die Länge des vorhergehenden Vokals als den eigentlich entscheidenden Unterschied interpretieren), und ein stimmhaftes Gegenstück zum ''ch''-Laut fehlt völlig.<sup>4</sup> Ein anderes Beispiel wäre das Arabische, das kein /p/ besitzt.
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In der folgenden Liste sind ein paar Statistiken und sprachtypologische Verallgemeinerungen aufgeführt, die einen ersten Eindruck davon verschaffen sollen, wie ein realistisches Lautinventar aussehen könnte. Zu fast allen einzelnen Punkten gibt es auch Ausnahmen und Gegenbeispiele, es gibt jedoch ziemlich sicher keine einzige natürliche Sprache, die in mehr als der Hälfte dieser Punkte außergewöhnlich ist.<sup>5</sup>
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* Die durchschnittliche Zahl der in einer einzelnen Sprache unterschiedenen Konsonanten ist 22. Keine bekannte Sprache unterscheidet weniger als 6 Konsonanten. Die höchste bekannte Konsonantenanzahl liegt in der Größenordnung 120-150 (in der afrikanischen Sprache !Xóõ; die genaue Zahl ist aber umstritten, und außerdem sind gut zwei Drittel dieser Konsonanten keine "normalen" Laute, sondern Klicks). Wenn man Klicks nicht mitzählt, liegt das Maximum bei ungefähr 80 verschiedenen Konsonanten. Deutsch liegt mit etwa 25 Konsonanten knapp über dem Durchschnitt.
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* Die durchschnittliche Zahl der in einer einzelnen Sprache unterschiedenen Vokale liegt zwischen 5 und 6, wobei hier nur die Anzahl der Vokalqualitäten gezählt wurde (Länge, Nasalierung, Töne oder ähnliche zusätzliche Dimensionen wurden also nicht berücksichtigt). Nur eine Handvoll Sprachen kommen mit zwei Vokalen aus, alle anderen haben mindestens drei. Die höchste bekannte Zahl an Vokalqualitäten liegt laut WALS bei 14, Rekordhalter ist das Deutsche! Mit zusätzlichen Dimensionen kommen bis zu etwa 35 kontrastierende Vokale vor, der Durchschnitt liegt aber wahrscheinlich immer noch unter 10.
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* Im Durchschnitt haben Sprachen etwa drei- bis viermal so viele Konsonanten wie Vokalqualitäten, die Verhältnisse reichen von 10:9 bis 58:2. Werden zusätzliche Vokaldimensionen mit einbezogen, gibt es auch ein paar Sprachen, die bis zu doppelt so viele Vokale wie Konsonanten unterscheiden.
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* Etwa 2/3 aller Sprachen unterscheiden Konsonanten nach dem Merkmal [+/-sth]. Was auch bedeutet, dass etwa 1/3 dies nicht tun! Wenn das Merkmal unterscheidungsrelevant ist, gilt es fast immer für Plosive, aber nur in etwa der Hälfte der Fälle (auch) für Frikative.
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* Alle Sprachen haben Plosive an mindestens drei verschiedenen Artikulationsstellen. Die Grundlage bilden fast immer /p t k/; Hawaiianisch hat statt dessen /p k ʔ/, einige nordamerikanische Indianersprachen haben /t k ʔ/. Wenn einer der drei grundlegenden Plosive fehlt, ist dies üblicherweise /p/; oft (wie im Arabischen) ist dann allerdings ein stimmhaftes Gegenstück /b/ vorhanden.{{fehlt|weitere Statistiken und Universalien}}
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:<sup>4</sup> Wenn man einmal außer Acht lässt, dass es zum nach hinteren Vokalen gesprochenen "Ach-Laut" [χ] im Standarddeutschen auf phonetischer Ebene durchaus ein stimmhaftes Gegenstück gibt, nämlich das ''r'' geschriebene [ʁ]: ''fluche'' /fluːxə/ [fluːχə] vs. ''Flure'' /fluːrə/ [fluːʁə]. Allerdings verhält sich dieser Laut im Deutschen nicht wie ein Frikativ, und ein stimmhaftes Gegenstück zum "Ich-Laut" [ç] kommt in der Standardsprache tatsächlich nicht vor.
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:<sup>5</sup> Datenbasis: [http://www.wals.info World Atlas of Language Structures (WALS)] sowie [http://typo.uni-konstanz.de/archive The Universals Archive]
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===Phonotaktik===
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{{fehlt|Wie wirkt sich die Verteilung der Laute auf die Ästhetik der Sprache aus?}}

Version vom 29. Juli 2013, 16:06 Uhr

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