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K (Die Wertigkeit von Verben)
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Ihr erratet schon, worauf diese Varianz hinausläuft: der Bauplan ist schuld. Linguisten stellen sich die Sache etwa so vor: Jedes Verb, das wir lernen und in unserem kognitiven Sprachzentrum abspeichern, besteht nicht nur aus einer phonologischen Form und einer Bedeutung, sondern wir lernen auch eine Art Schablone für jedes Verb mit. Wenn ich ''vermachen'' als Prädikat verwenden will, sagt mir die Verbschablone: Ja, is joot, kannste machen, aber du musst einen Vermacher, etwas Vermachtes und am besten auch noch einen Nutznießer benennen. Machste dat aber nich, dann kannste den Satz vergessen. Ja, so Verbschablonen sind nicht gerade die galantesten Dinger unterm Sternenhimmel, aber immerhin wissen wir nun, wie wir unseren Satz zu konstruieren haben. Umgekehrt weiß ich etwa für ''schlafen'', dass ich einen Schläfer brauche, mich aber lächerlich mache, wenn ich dazu noch einen Geschlafenen (oder Beschlafenen?) benenne. Das, was ich bisher als Element bezeichnet habe, nennt man im Fachjargon ein '''Argument'''. Argumente benennen die Kernpartizipanten eines Satzes. Linguisten sprechen im Fall von ''schlafen'', ''rülpsen'', ''fliegen'', oder ''regnen'' von 1-wertigen Verben, da wir nur ein Argument benötigen, um aus diesen Verben einen funktionstüchtigen Satz zu konstruieren. Witterungsverben wie ''regnen'' sind im Deutschen ein wenig speziell, da sie ausschließlich mit einem bestimmten Argument, mit ''es'', konstruiert werden können, aber wir werten auch das ''es'' als Argument. Die Wertigkeit des Verbs also ist es, die bestimmt, welche und wieviele Argumente im Satz vorkommen. ''Bemalen'', ''lieben'', ''verlassen'', ''kastrieren'' und viele andere schöne Tätigkeiten sind 2-wertig, und einige wenige Verben wie ''geben'', ''stellen'', ''beschuldigen'' sind sogar 3-wertig.
 
Ihr erratet schon, worauf diese Varianz hinausläuft: der Bauplan ist schuld. Linguisten stellen sich die Sache etwa so vor: Jedes Verb, das wir lernen und in unserem kognitiven Sprachzentrum abspeichern, besteht nicht nur aus einer phonologischen Form und einer Bedeutung, sondern wir lernen auch eine Art Schablone für jedes Verb mit. Wenn ich ''vermachen'' als Prädikat verwenden will, sagt mir die Verbschablone: Ja, is joot, kannste machen, aber du musst einen Vermacher, etwas Vermachtes und am besten auch noch einen Nutznießer benennen. Machste dat aber nich, dann kannste den Satz vergessen. Ja, so Verbschablonen sind nicht gerade die galantesten Dinger unterm Sternenhimmel, aber immerhin wissen wir nun, wie wir unseren Satz zu konstruieren haben. Umgekehrt weiß ich etwa für ''schlafen'', dass ich einen Schläfer brauche, mich aber lächerlich mache, wenn ich dazu noch einen Geschlafenen (oder Beschlafenen?) benenne. Das, was ich bisher als Element bezeichnet habe, nennt man im Fachjargon ein '''Argument'''. Argumente benennen die Kernpartizipanten eines Satzes. Linguisten sprechen im Fall von ''schlafen'', ''rülpsen'', ''fliegen'', oder ''regnen'' von 1-wertigen Verben, da wir nur ein Argument benötigen, um aus diesen Verben einen funktionstüchtigen Satz zu konstruieren. Witterungsverben wie ''regnen'' sind im Deutschen ein wenig speziell, da sie ausschließlich mit einem bestimmten Argument, mit ''es'', konstruiert werden können, aber wir werten auch das ''es'' als Argument. Die Wertigkeit des Verbs also ist es, die bestimmt, welche und wieviele Argumente im Satz vorkommen. ''Bemalen'', ''lieben'', ''verlassen'', ''kastrieren'' und viele andere schöne Tätigkeiten sind 2-wertig, und einige wenige Verben wie ''geben'', ''stellen'', ''beschuldigen'' sind sogar 3-wertig.
  
Übrigens kann für das Deutsche und andere europäische Sprachen die Regel aufgestellt werden, dass das erste Argument stets im Nominativ stehen muss. Verben ohne Nominativ-Argument gibt es im Deutschen nicht (im Gegensatz zu Polnisch oder Tschechisch). 1-wertige Verben verlangen daher stets ein Argument im Nominativ. Bleibt daneben ein weiteres Argument übrig (2-wertige Verben), steht es (meistens) im Akkusativ. Gibt es daneben noch ein drittes Argument (3-wertige Verben), hängt der Kasus von der thematischen Rolle ab, die das Verb dem Argument zuweist (in der deutschen Sprache läuft das oft auf den Dativ hinaus).
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Übrigens kann für das Deutsche und andere europäische Sprachen die Regel aufgestellt werden, dass das erste Argument stets im Nominativ stehen muss. Verben ohne Nominativ-Argument gibt es im Deutschen kaum (im Gegensatz zu Polnisch oder Tschechisch). 1-wertige Verben verlangen daher stets ein Argument im Nominativ. Bleibt daneben ein weiteres Argument übrig (2-wertige Verben), steht es (meistens) im Akkusativ. Gibt es daneben noch ein drittes Argument (3-wertige Verben), hängt der Kasus von der thematischen Rolle ab, die das Verb dem Argument zuweist (in der deutschen Sprache läuft das oft auf den Dativ hinaus).
  
 
===Transitivität===
 
===Transitivität===

Version vom 21. Juni 2015, 13:24 Uhr

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