Thematische Rollen

Aus WB-Sprachtutorial
Wechseln zu: Navigation, Suche
K (häufige Rollen - Notizen erweitert)
(häufige Rollen ; Abschnitt Prädikat von Valenz (Falayon) kopiert)
Zeile 4: Zeile 4:
 
Das Beispiel aus dem Yupik zeigt uns die Problematik genauer. Wir würden wahrscheinlich instinktiv sagen, dass ''Mann'' das Subjekt ist. Ein Yupik würde sich darüber aber wundern. Am leichtesten ist es, sich den Kasus näher anzuschauen. Das Yupik hat keinen Nominativ und keinen Akkusativ, sondern die Kasus Ergativ und Absolutus. In einfachen Sätzen steht der Absolutus an der Stelle unseres Nominativs. Im Beispiel oben rutscht der Absolutus aber an die Stelle, an der der Akkusativ im Deutschen stehen würde. Wie das genau funktioniert und welche anderen Möglichkeiten es noch gibt, wirst du (hoffentlich) verstehen, wenn du dieses Kapitel durch hast.
 
Das Beispiel aus dem Yupik zeigt uns die Problematik genauer. Wir würden wahrscheinlich instinktiv sagen, dass ''Mann'' das Subjekt ist. Ein Yupik würde sich darüber aber wundern. Am leichtesten ist es, sich den Kasus näher anzuschauen. Das Yupik hat keinen Nominativ und keinen Akkusativ, sondern die Kasus Ergativ und Absolutus. In einfachen Sätzen steht der Absolutus an der Stelle unseres Nominativs. Im Beispiel oben rutscht der Absolutus aber an die Stelle, an der der Akkusativ im Deutschen stehen würde. Wie das genau funktioniert und welche anderen Möglichkeiten es noch gibt, wirst du (hoffentlich) verstehen, wenn du dieses Kapitel durch hast.
  
Und damit wären wir auch schon beim Thema, dem Kasus. Jeder hat die Kasus in der Schule durchgenommen, von denen zwei hier schon genannt worden sind und über die auch schon breit im Kapitel über das Substantiv referiert wurde. Dieser Kasus ist wie das Blatt einer Seerose an der Oberfläche sichtbar, weshalb er auch als Oberflächenkasus bezeichnet wird. Aber wie das Blatt, hängt auch unser Oberflächenkasus an einem Stiel, der in die Tiefe reicht, dem Tiefenkasus, oder leichter verständlich, die thematische Rolle. Jede Nominalphrase hat seine Rolle im Satz, der eine tut etwas, mit dem anderen wird etwas getan. Ähnlich wie beim Oberflächenkasus, kann es in den Sprachen unterschiedlich viele Rollen geben. Die unten stehenden Rollen bieten nur einen Überblick, da verschiedene Sprachen verschiedene Rollen haben können und es deshalb keine vollständige Aufzählung aller möglichen Rollen geben kann.
+
Und damit wären wir auch schon beim Thema, dem Kasus. Jeder hat die Kasus in der Schule durchgenommen, von denen zwei hier schon genannt worden sind und über die auch schon breit im Kapitel über das Substantiv referiert wurde. Dieser Kasus ist wie das Blatt einer Seerose an der Oberfläche sichtbar, weshalb er auch als Oberflächenkasus bezeichnet wird. Aber wie das Blatt, hängt auch unser Oberflächenkasus an einem Stiel, der in die Tiefe reicht, dem Tiefenkasus, oder leichter verständlich, die thematische Rolle.* Jede Nominalphrase hat seine Rolle im Satz, der eine tut etwas, mit dem anderen wird etwas getan. Ähnlich wie beim Oberflächenkasus, kann es in den Sprachen unterschiedlich viele Rollen geben. Die unten stehenden Rollen bieten nur einen Überblick, da verschiedene Sprachen verschiedene Rollen haben können und es deshalb keine vollständige Aufzählung aller möglichen Rollen geben kann.
 
  Der Mann tritt den Ball.
 
  Der Mann tritt den Ball.
 
     AG            PAT
 
     AG            PAT
Zeile 12: Zeile 12:
  
 
Weitere häufige Rollen sind:
 
Weitere häufige Rollen sind:
*Rezipient - empfängt (''ihm'' etw. geben)
+
*Der '''Rezipient''' ist der Empfänger einer Handlung. (Der Mann schenkt ''dem Jungen'' den Ball.)
*Thema - ähnlich wie Patiens, aber ohne das Argument selbst zu verändern (verschenkt werden)
+
*Das '''Thema''' ähnelt dem Patiens, allerdings ohne selbst verändert zu werden. (Der Mann schenkt dem Jungen ''den Ball''.)
*Benefizient/Malefizient - ihm zum Nutzen/Schaden ("ihm" öffnen)
+
*Der '''Benefizient''' oder '''Malefizient''' ist derjenige dem zum Nutzen bzw. Schaden eine Handlung durchgeführt wird. (Der Mann öffnet ''dem Jungen'' die Tür.)
*Experiencer - erlebt, nimmt wahr (fühlen, glauben, wollen)
+
*Der '''Experiencer''' ist sozusagen ein passiver Agens. Er handelt nicht, sondern erlebt etwas oder nimmt etwas wahr. Das umfasst nicht nur die direkten Sinneswahrnehmungen, sondern auch Zustände, wie "glauben" oder "wollen". (''Der Junge'' sieht den Ball.)
*Stimulus - wird wahrgenommen, Gegenpart zu Experiencer
+
*Der '''Stimulus''' ist das, was wahrgenommen wird, ist also eine Art Gegenpart zum Experiencer. (Der Junge sieht ''den Ball''.)
*Ort - Ort der Handlung, spielt am/im Argument
+
*'''Ort''' (Handlungsort), '''Ziel''' (Zielort), '''Quelle''' (Ausgangsort) und '''Pfad''' (Durchgangsort) sind Rollen, die die örtliche Dimension bezeichnen. (Der Junge spielt mit dem Ball ''auf dem Rasen'' [Ort]. Der Junge tritt den Ball ''aus dem Garten'' [Quelle] ''über den Zaun'' [Pfad] ''auf die Straße'' [Ziel].)
*Ziel - Zielort der Handlung, bewegt sich zum Argument
+
*Die '''Zeit''' als Rolle bezeichnet den Zeitpunkt oder -raum der Handlung (Der Mann muss ''morgen'' zur Arbeit.)
*Quelle - Ausgangsort der Handlung, kommt vom Argument
+
 
*Pfad - Durchgangsort der Handlung, bewegt sich durch das Argument
+
Als Prädikat wird derjenige Teil des Satzes bezeichnet, der in sich die Informationen trägt, die nötig sind, um einen vollständigen und grammatisch wohlgeformten Satz zu erzeugen. In ihm steckt also sozusagen ein Bauplan, der uns vorschreibt, welcher Art die restlichen Elemente sein müssen, um in unseren Satz zu passen. Im Deutschen und in nahezu allen anderen Sprachen der Welt sind verbale Prädikate in großer Mehrheit – das Prädikat ist also in Wahrheit ein Wolf – ein Verb im Prädikatspelz – wie auch immer. Denkt euch einfach ein Verb als Kern des Prädikats.
*Zeit - Zeitpunkt/-raum der Handlung
+
 
 +
<small>* Auf die linguistischen Unterschiede zwischen Tiefenkasus und thematischen Rollen braucht man beim Sprachenbasteln keine Rücksicht zu nehmen, vor allem, da das Thema sprachwissenschaftlich kontrovers diskutiert wird.</small>

Version vom 28. Juli 2014, 12:32 Uhr

Meine Werkzeuge
Namensräume
Varianten
Aktionen
Navigation
Werkzeuge