Satz

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''Ey Alter, deine Mudda!''<br></div><br>
 
''Ey Alter, deine Mudda!''<br></div><br>
  
Sind das, was wir in (1) sehen, nicht irgendwie auch Sätze des Deutschen? Oder doch eher nicht? Wenn du bei den Beispielen Bauchschmerzen hast und eher zu Nein tendierst, dann bist du damit nicht allein. Ein vollständiger Satz ist das im grammatischen Sinne nicht. Was wir hier kurz anschneiden, ist der vieldiskutierte Gegensatz zwischen gesprochener und geschriebener Sprache. Wenn wir uns gesprochene Sprache anschauen, sind die Äußerungen in (1) durchaus akzeptable linguistische Einheiten. Nur sind diese Einheiten so variabel aufgebaut, dass wir uns schwer damit tun, allgemeine Strukturen zu erkennen. Für unsere Zwecke ist es daher fruchtbarer, wenn wir uns auf die klassische schriftsprachliche Grammatik stürzen, da diese uns viel gleichmäßigere und konventionalisiertere Strukturen bietet. Unter anderem eine brauchbare Definition, wie wir einen Satz aufbauen. Was also gehört hinein in einen Satz, um ihn vollständig zu machen? Was müssen wir über Sätze wissen, um selbst welche basteln zu können. Fangen wir mit einer groben Annäherung an.
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Sind das, was wir in (1) sehen, nicht irgendwie auch Sätze des Deutschen? Oder doch eher nicht? Wenn du bei den Beispielen Bauchschmerzen hast und eher zu Nein tendierst, dann bist du damit nicht allein. Ein vollständiger Satz ist das im grammatischen Sinne nicht. Was wir hier kurz anschneiden, ist der vieldiskutierte Gegensatz zwischen gesprochener und geschriebener Sprache. Wenn wir uns gesprochene Sprache anschauen, sind die Äußerungen in (1) durchaus akzeptable linguistische Einheiten. Nur sind diese Einheiten so variabel aufgebaut, dass wir uns schwer damit tun, allgemeine Strukturen zu erkennen. Für unsere Zwecke ist es daher fruchtbarer, wenn wir uns auf die klassische schriftsprachliche Grammatik stürzen, da diese uns viel gleichmäßigere und konventionalisiertere Strukturen bietet. Unter anderem eine brauchbare Definition, wie wir einen Satz aufbauen. Was also gehört hinein in einen Satz, um ihn vollständig zu machen? Was müssen wir über Sätze wissen, um selbst welche basteln zu können? Fangen wir mit einer groben Annäherung an.
  
 
===Subjekt und Prädikat===
 
===Subjekt und Prädikat===
  
Die allermeisten Äußerungen, die wir über unsere Umwelt tätigen, besitzen eine grobe logische Struktur aus zwei Teilen: Wir nennen ein Thema und über dieses Thema machen wir eine Aussage. Wenn ich etwa zu Tante Gisela sage: ''Onkel Erwin hat sich beim Kegeln schon wieder den Arm gezerrt'', dann teile ich ihr ein Thema mit, über das ich spreche (hier unser Onkel Erwin) und mache dann eine Aussage darüber (nämlich dass er sich mal wieder den Arm gezerrt habe). Diese Aufteilung funktioniert für die allermeisten Sätze des Deutschen und aller anderen Sprachen erstaunlich gut (probier ruhig einmal, ein paar Sätze im Kopf zu zerlegen). Das Thema eines Satzes wird oft das Subjekt genannt, die Aussage darüber Prädikat. Wer es philosophischer haben will, nennt ersteres eine Referenz, letzteres eine Prädikation.  
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Die allermeisten Äußerungen, die wir über unsere Umwelt tätigen, besitzen eine grobe logische Struktur aus zwei Teilen: Wir nennen ein Thema, und über dieses Thema machen wir eine Aussage. Wenn ich etwa zu Tante Gisela sage: ''Onkel Erwin hat sich beim Kegeln schon wieder den Arm gezerrt'', dann teile ich ihr ein Thema mit, über das ich spreche (hier unser Onkel Erwin) und mache dann eine Aussage darüber (nämlich dass er sich mal wieder den Arm gezerrt habe). Diese Aufteilung funktioniert für die allermeisten Sätze des Deutschen und aller anderen Sprachen erstaunlich gut (probier ruhig einmal, ein paar Sätze im Kopf zu zerlegen). Das Thema eines Satzes wird oft das Subjekt genannt, die Aussage darüber Prädikat. Wer es philosophischer haben will, nennt ersteres eine Referenz, letzteres eine Prädikation.  
  
Halten wir also erst einmal fest, dass ein Satz gewöhnlicherweise aus einem Subjekt und einem Prädikat besteht und merken uns im Vorbeigehen, dass ein Subjekt typischerweise nominalen Charakter hat (also z.B. aus einem Substantiv plus Begleitwörter besteht) und das Prädikat verbalen Charakter (also im prototypischen Fall aus einem Verb plus Begleitwörter besteht). Ein Satz mit Subjekt und Prädikat in seiner minimalsten Ausführung kann demnach bloß aus einem Substantiv und einem Verb geformt werden, wie etwa ''Bäume rauschen'' oder ''Peter lacht''. In solch kurzen Sätzen ist die Einteilung in Subjekt und Prädikat relativ leicht und intuitiv zu erkennen. Schwieriger wird es jedoch, wenn die Sätze umfangreicher sind, wie in den folgenden Beispielen.
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Halten wir also erst einmal fest, dass ein Satz gewöhnlicherweise aus einem '''Subjekt''' und einem '''Prädikat''' besteht, und merken wir uns im Vorbeigehen, dass ein Subjekt typischerweise nominalen Charakter hat (also z.B. aus einem Substantiv plus Begleitwörter besteht) und das Prädikat verbalen Charakter (also im prototypischen Fall aus einem Verb plus Begleitwörter besteht). Ein Satz mit Subjekt und Prädikat in seiner minimalsten Ausführung kann demnach bloß aus einem Substantiv und einem Verb geformt werden, wie etwa ''Bäume rauschen'' oder ''Peter lacht''. In solch kurzen Sätzen ist die Einteilung in Subjekt und Prädikat relativ leicht und intuitiv zu erkennen. Schwieriger wird es jedoch, wenn die Sätze umfangreicher sind, wie in den folgenden Beispielen.
  
 
<br><div style="border:1px solid #AAAAAA; background-color:#F0F0F0; padding:1em 1em 1em; margin: 1em 1em 1em"> (2) ''Sai saß auf der Veranda und las einen Artikel über Riesenkraken in einem alten National-Geographic-Heft.''<br><br>
 
<br><div style="border:1px solid #AAAAAA; background-color:#F0F0F0; padding:1em 1em 1em; margin: 1em 1em 1em"> (2) ''Sai saß auf der Veranda und las einen Artikel über Riesenkraken in einem alten National-Geographic-Heft.''<br><br>
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--Figur1--
 
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Das sollte Dich an dieser Stelle nicht allzu sehr beunruhigen, aber es zeigt Dir schon, was es heißt, die Grammatik einer Sprache auf Satzebene zu betrachten. Nicht die Wörter stehen im Vordergrund, sondern ihre Beziehungen zueinander, sowie ihre Fähigkeit, größere Einheiten wie etwa unseren Satz zu bilden. Im Fachjargon nennt sich derjenige Teil von Grammatik, der sich mit größeren Einheiten als Wörtern beschäftigt, Syntax. Auf den folgenden Seiten wird es darum gehen, die verschiedenartigen Relationen zwischen den einzelnen Wörter einer Äußerung zu betrachten.  
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Das sollte Dich an dieser Stelle nicht allzu sehr beunruhigen, aber es zeigt Dir schon, was es heißt, die Grammatik einer Sprache auf Satzebene zu betrachten. Nicht die Wörter stehen im Vordergrund, sondern ihre Beziehungen zueinander, sowie ihre Fähigkeit, größere Einheiten wie etwa unseren Satz zu bilden. Im Fachjargon nennt sich derjenige Teil von Grammatik, der sich mit größeren Einheiten als Wörtern beschäftigt, '''Syntax'''. Auf den folgenden Seiten wird es darum gehen, die verschiedenartigen Relationen zwischen den einzelnen Wörtern einer Äußerung zu betrachten.  
  
 
===Subjekt = Nominativ? Von wegen!===
 
===Subjekt = Nominativ? Von wegen!===
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(5) ''Auf dem Scheunenfest am Samstag wurde ausgelassen gefeiert und getanzt.''</div><br>
 
(5) ''Auf dem Scheunenfest am Samstag wurde ausgelassen gefeiert und getanzt.''</div><br>
  
In Beispiel (4) finden wir plötzlich das Thema (Subjekt?) des Satzes im Dativ (''mir'') stehen. Beispiel (5) wirkt noch mysteriöser, da uns hier jegliches Subjekt abhanden gekommen ist (wer hat denn eigentlich getanzt und gefeiert?). Die Beispiele zeigen, dass das Subjekt eines Satzes nicht immer ganz leicht auszumachen ist und gelegentlich sogar einfach zu fehlen scheint. Aber keine Sorge! In den folgenden Sektionen wirst du lernen, was hinter diesen dreisten Gegenbeispielen steckt. Warum wir plötzlich Dative statt Nominative vorfinden, werden wir uns in der Sektion über Rollen und Argumente ansehen und wer da in (5) so frech das Subjekt geklaut hat, das wird hoffentlich in der Sektion über Aktiv und Passiv klar.  
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In Beispiel (4) finden wir plötzlich das Thema (Subjekt?) des Satzes im Dativ (''mir'') stehen. Beispiel (5) wirkt noch mysteriöser, da uns hier jegliches Subjekt abhanden gekommen ist (wer hat denn eigentlich getanzt und gefeiert?). Die Beispiele zeigen, dass das Subjekt eines Satzes nicht immer ganz leicht auszumachen ist und gelegentlich sogar einfach zu fehlen scheint. Aber keine Sorge! In den folgenden Sektionen wirst du lernen, was hinter diesen dreisten Gegenbeispielen steckt. Warum wir plötzlich Dative statt Nominative vorfinden, werden wir uns in der Sektion über Rollen und Argumente ansehen. Und wer da in (5) so frech das Subjekt geklaut hat, das wird hoffentlich in der Sektion über Aktiv und Passiv klar.  
  
 
Anfänger sollten nun mit dem folgenden Abschnitt, [[Valenz|Valenz und Transitivität]], fortsetzen. Erfahrenere Bastler können zur Hauptseite zurückkehren und zu Sektionen ihrer Wahl springen oder sich weiter mit dem [[Grammatische_Relationen|Subjekt]] beschäftigen.
 
Anfänger sollten nun mit dem folgenden Abschnitt, [[Valenz|Valenz und Transitivität]], fortsetzen. Erfahrenere Bastler können zur Hauptseite zurückkehren und zu Sektionen ihrer Wahl springen oder sich weiter mit dem [[Grammatische_Relationen|Subjekt]] beschäftigen.
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==Anmerkungen==
 
==Anmerkungen==
  
<sup>1</sup> - Der Begriff ''Satz'' im Deutschen ist leider zweideutig. Eine koordinierte Konstruktion von zwei Sätzen kann genau so gut als Satz bezeichnet werden, wie die beiden Teilsätze (die streng genommen jeweils ein Subjekt und ein Prädikat aufweisen und darum als eigentlicher Satz gelten können). Eine Möglichkeit zur Unterscheidung bietet das Begriffspaar ''Einfacher Satz'' - ''Komplexer Satz'', wobei letzteres u.a. auf eine Satz-und-Satz-Struktur anspielt. Pfiffiger ist da das Englische, das unseren Kernsatz (Subjekt + Prädikat) als ''clause'' und größere Satzkonstruktionen als ''sentence'' bezeichnet.
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:<sup>1</sup> Der Begriff ''Satz'' im Deutschen ist leider zweideutig. Eine koordinierte Konstruktion von zwei Sätzen kann genau so gut als Satz bezeichnet werden wie die beiden Teilsätze (die streng genommen jeweils ein Subjekt und ein Prädikat aufweisen und darum als eigentlicher Satz gelten können). Eine Möglichkeit zur Unterscheidung bietet das Begriffspaar ''Einfacher Satz'' - ''Komplexer Satz'', wobei letzteres u.a. auf eine Satz-und-Satz-Struktur anspielt. Pfiffiger ist da das Englische, das unseren Kernsatz (Subjekt + Prädikat) als ''clause'' und größere Satzkonstruktionen als ''sentence'' bezeichnet.
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Aktuelle Version vom 23. Juli 2013, 09:44 Uhr

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