Das menschliche Lautinventar

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K (Affrikaten)
K (Artikulation: kleine Korrekturen und Verdeutlichungen)
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== Artikulation ==
 
== Artikulation ==
Wenn wir sprechen geben wir Laute von uns. Zumindest meistens. Es gibt natürlich auch Sprachen, die anders funktionieren, nämlich über Zeichen und Mimik. Die Gebärdensprachen. Andere Möglichkeiten sind zumindest theoretisch denkbar, wie etwa durch Farbveränderungen, eine Art der Kommunikation, wie sie bei den Tintenfischen verwendet wird. Aber die werden in diesem Kapitel ausgespart. Eine besondere Gruppe von Sprachen auf Lautebene sind die Pfeifsprachen, die vor allem in bergigen Regionen zu finden sind. Wie sie genau funktionieren, weiß ich leider nicht. Also bleibt die größte Gruppe an sprachen, nämlich die gesprochenen.
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Wenn wir sprechen, geben wir Laute von uns. Zumindest meistens. Es gibt natürlich auch Sprachen, die anders funktionieren, nämlich über Zeichen und Mimik. Die Gebärdensprachen. Andere Möglichkeiten sind zumindest theoretisch denkbar, wie etwa durch Farbveränderungen, eine Art der Kommunikation, wie sie bei den Tintenfischen verwendet wird. Aber die werden in diesem Kapitel ausgespart. Eine besondere Gruppe von Sprachen auf Lautebene sind die Pfeifsprachen, die vor allem in bergigen Regionen zu finden sind. Wie sie genau funktionieren, weiß ich leider nicht. Also bleibt die größte Gruppe an Sprachen, nämlich die gesprochenen.
Wenn wir von einem menschlichen Volk, oder von einem Volk mit menschenähnlicher Anatomie ausgehen, sieht der Querschnitt des Sprechapparates wie folgt aus:
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Wenn wir von einem menschlichen Volk oder von einem Volk mit menschenähnlicher Anatomie ausgehen, sieht der Querschnitt des Sprechapparates wie folgt aus:
 
[[Datei:Sprechapparat.png|200px|thumb|left|Sprechapparat]]
 
[[Datei:Sprechapparat.png|200px|thumb|left|Sprechapparat]]
Hierbei gibt es Teile, die aktive Artikulatoren und passive Artikulationsorte. Die Lippen, die Stimmlippen und die Zunge sind Artikulatoren, wobei die Zunge nochmals in Zungenspitze, Zungenrücken und Zungenwurzel eingeteilt wird. (Wir werden später sehen, warum man das so genau unterteilen muss.) Artikulationsorte sind die Oberlippe, die Oberkieferzähne, der Zahndamm, der harte und der weiche Gaumen, das Zäpfchen und der Rachen.<br>
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Die beim Sprechen beteiligten Körperteile unterteilen sich in aktive '''Artikulatoren''' und passive '''Artikulationsorte'''. Die Lippen, die Stimmlippen und die Zunge sind Artikulatoren, wobei die Zunge nochmals in Zungenspitze, Zungenrücken und Zungenwurzel eingeteilt wird. (Wir werden später sehen, warum man das so genau unterteilen muss.) Artikulationsorte sind die Oberlippe, die Oberkieferzähne, der Zahndamm, der harte und der weiche Gaumen, das Zäpfchen und der Rachen.
Ein Laut entsteht nun, indem ein Luftstrom erzeugt wird und die Artikulatoren in Position gehen. Das kann beispielsweise so aussehen, dass wir die Zungenspitze locker auf den Zahndamm legen und ausatmen, sodass die Luft zwischen Zahndamm und Zunge hindurch strömt. Wir haben ein s erzeugt. Wenn die Luft so durch den Sprechapparat hindurchfließt, dass wir eine deutliche Verengung haben, wie beim s, entsteht ein deutlich hörbares Rauschen, in Fachchinesisch Friktion genannt. Deshalb heißen solche Laute Frikative. Sie können ebenso wie Plosive stimmhaft (also mit Stimmbändern) oder stimmlos (also ohne Stimmbänder) gesprochen werden.
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Moment mal, was sind den Plosive? Plosive sind Laute, die erzeugt werden, indem der Sprechapparat komplett geschlossen wird und der Luftstrom deshalb nicht mehr fließen kann. Dadurch baut sich ein Druck auf, der zu einem Knall führt, wenn der Sprechapparat wieder geöffnet wird. Wenn wir unsere Zungenspitze auf den Zahndamm legen, aber keine Luft hindurch lassen, erzeugen wir anstatt eine s ein t.<br>
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Oder ein n. Nämlich dann, wenn wir die Luft einfach durch die Nase entweichen lassen und somit keinen Druck aufbauen. In den meisten Sprachen sind solche Nasenlaute allerdings grundsätzlich stimmhaft (aber es gibt wie so oft Ausnahmen). Frikative, Plosive und Nasale, wie die Nasenlaute genannt werden, sind Artikulationsarten. Zu den Artikulatoren und Artikulationsorten kommt also noch ein drittes Merkmal, nämlich die Artikulationsart.<br>
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Neben den bisher genannten Arten gibt es noch Vibranten, die durch Flattern eines Artikulators erzeugt wird. Das bayrische r ist zum Beispiel ein solcher Vibrant. Eine Besonderheit bildet dabei das r, das am Zäpfchen gebildet wird, da hier nicht der Artikulator, also die Zunge, sondern das Zäpfchen vibriert. Eine Vibration besteht in diesen Fällen aus mehrern kurzen Anschlägen, die aufeinander folgen. Wird nur einmal angeschlagen, spricht man von einem Tap oder Flap. (Es gibt zwar einen Unterschied zwischen den Beiden, aber der ist so klein, dass er hier keine Rolle spielt.) In einigen Sprachen wie im Spanischen macht es einen Bedeutungsunterschied, ob man einen Vibranten oder ein Tap benutzt, weshalb das auch entsprechend geschrieben wird. So heißt „pero“, gesprochen mit einem Tap, „aber“ und „perro“, gesprochen mit einem Vibranten „Hund“. <br>
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Vergrößert man die Öffnung eines Frikativs so weit, dass kein Rauschen mehr zu hören ist, entsteht ein Approximant. Das kommt von Lateinisch approximare „sich nähern“. Ein bekanntes Beispiel hierfür ist das w im Englischen, das sich aber interessanterweise auch in der deutschen Sprache wieder findet, ohne dass es den Meisten bewusst ist, wie etwa bei „bauen“. Diese Artikulationsart kommt, soweit bekannt, nur stimmhaft vor.<br>
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Zu den „normalen“ Artikulationsarten fehlen uns dann nur noch die Lateralen, die sich in Frikative (also mit Rauschen) und Approximanten (entsprechend also ohne Rauschen) und Flaps unterteilen lassen. Und was sind nun Laterale? Der prominenteste Lateral ist das l. Dabei entweicht die Luft nicht vorne, sondern seitlich. Das l ist hier ein Approximant, aber wenn wir die beiden Öffnungen soweit schließen, dass es anfängt zu rauschen und die Stimmlippen still halten erhalten wir einen Laut, der in keltischen Sprachen vorkommt und meistens ll geschrieben wird.
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Wir haben also folgende Artikulationsarten: Frikative, Plosive, Nasale, Vibranten, Taps, Approximanten und Laterale. Das ist eine ganze Menge und doch noch nicht alles. Es gibt nämlich Sprachen, die noch andere Arten der Artikulation kennen, nämlich Klicks, Implosive und Ejektive. Fangen wir hinten an. Ejektive sind laut Wikipedia „nichtpulmonale Konsonanten, meist Plosive, die durch eine rasche Aufwärtsbewegung des Kehlkopfes bei geschlossener Glottis und durch anschließende Lösung des oralen Verschlusses gebildet werden.“ Autsch. Das klingt kompliziert. Aber dröseln wir das mal auf: Wir haben Plosive, die „nichtpulmonal“ sind. Das heißt einfach, dass sie nicht, wie oben beschrieben durch einen Luftstrom erzeugt werden. Wir schließen die Stimmlippen (Glottis) und setzen den Kehlkopf nach oben, wodurch ein Überdruck wie bei den Plosiven erzeugt wird. Für jemanden, der das nicht kennt, wird es schwierig, das nachzuvollziehen und es ist noch schwerer das richtig zu erklären, ohne es vorzumachen. Versuch es aber trotzdem einfach mal vor dem Spiegel, damit du deinen Kehlkopf sehen kannst.<br>
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Ein Laut entsteht nun, indem ein Luftstrom erzeugt wird und die Artikulatoren in Position gehen. Das kann beispielsweise so aussehen, dass wir die Zungenspitze locker auf den Zahndamm legen und ausatmen, so dass die Luft zwischen Zahndamm und Zunge hindurchströmt. Wir haben ein [s] erzeugt. Wenn die Luft so durch den Sprechapparat hindurchfließt, dass wir eine deutliche Verengung haben, wie beim [s], entsteht ein deutlich hörbares Rauschen, in Fachchinesisch Friktion genannt. Deshalb heißen solche Laute '''Frikative'''. Sie können ebenso wie Plosive stimmhaft (also mit Stimmbändern) oder stimmlos (also ohne Stimmbänder) gesprochen werden.
Implosive funktionieren umgekehrt wie Plosive, wir kehren den Luftstrom dafür einfach um. Das heißt, wir atmen ein. Das ist glücklicherweise um einiges einfacher als bei den Ejektiven.<br>
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Die erstgenannte ungewöhnliche Artikulationsart, die Klicks sind etwas komplexer. Nähere Erklärungen spare ich mir daher für das Kapitel über besondere Laute auf.
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Falls es dir schon aufgefallen ist: Nein, die Vokale sind keine Approximanten und vergessen habe ich sie auch nicht. Vokale zeichnen sich dadurch aus, dass es keine Behinderung des Sprechapparates gibt, die Zunge also unten aufliegt. Allerdings hat sie auch hier eine nicht unwichtige Rolle. Ist die Zunge weiter vorne oder weiter hinten? Beim i ist sie vorne, beim u hinten. Dazu kann der Kiefer weit geöffnet sein, wie beim a oder mehr oder weniger geschlossen wie beim i. Das größte Problem bei Vokalen besteht darin, sie einzuteilen, da es zwischen vorne und hinten und zwischen offen und geschlossen unendlich viele Zustände gibt. Die übliche Einteilung in der Phonetik ist offen, halboffen, halbgeschlossen, halboffen und vorne, zentral, hinten. Dazu kommt noch die Unterscheidung, ob ein Vokal mit gerundeten Lippen gesprochen wird, wie das ü oder mit ungerundeten, wie das i. Vokale unterscheiden sich also durch den Kieferöffnungsgrad, der Zungenstellung und der Lippenrundung.<br>
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Moment mal, was sind denn Plosive? '''Plosive''' sind Laute, die erzeugt werden, indem der Sprechapparat komplett geschlossen wird und der Luftstrom deshalb nicht mehr fließen kann. Dadurch baut sich ein Druck auf, der zu einem Knall führt, wenn der Sprechapparat wieder geöffnet wird. Wenn wir unsere Zungenspitze auf den Zahndamm legen, aber keine Luft hindurch lassen, erzeugen wir anstatt eines [s] ein [t].
Wobei ein Vokal besonders wichtig ist (so sehr, dass er einen eigenen Namen bekommen hat), auch wenn ihn viele nicht so wahrnehmen, nämlich das Schwa. Es handelt sich dabei sozusagen um den einfachsten Vokal, da er ungerundet und zentral zwischen halboffen und halbgeschlossen zu finden ist. Es gibt, soweit bekannt, keine Sprache, in der dieser Laut nicht vorkommt. Das e in „Sprache“ ist zum Beispiel ein Schwa.
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Das ist natürlich insgesamt eine große Fülle an Lauten und man verliert schnell die Übersicht, darüber. Außerdem gibt es dazu noch eine große Anzahl an Möglichkeiten, diese unterschiedlich auszusprechen. Aber zum Glück sind wir nicht die ersten, die einen Überblick über die möglichen Laute haben wollen. Und genau deshalb gibt es das [http://upload.wikimedia.org/wikipedia/commons/1/15/IPA_chart_2005.png Internationale Phonetische Alphabet (IPA)].
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Oder ein [n]. Nämlich dann, wenn wir die Luft einfach durch die Nase entweichen lassen und somit keinen Druck aufbauen. In den meisten Sprachen sind solche Nasenlaute grundsätzlich stimmhaft (aber wie so oft gibt es Ausnahmen). Frikative, Plosive und '''Nasale''', wie die Nasenlaute genannt werden, sind Artikulationsarten. Zu den Artikulatoren und Artikulationsorten kommt also noch ein drittes Merkmal, nämlich die '''Artikulationsart'''.
  
Wenn du da mal rein guckst, siehst du, dass es da mehrere Tabellen gibt, in denen die möglichen Laute zu finden sind. Mit vorgeschlagenen Zeichen, die jeweils den Laut repräsentieren. Die oberste Tabelle bildet die Konsonanten ab. Wir erinnern uns, es gibt die Artikulatoren Lippen, Stimmlippen und Zunge (bestehend aus Zungenspitze, Zungenrücken und Zungenwurzel), die Artikulationsorte Oberlippe,  Oberkieferzähne, Zahndamm, harter und weicher Gaumen, Zäpfchen und Rachen, sowie die Artikulationsarten Frikative, Plosive, Nasale, Vibranten, Taps, Approximanten und Laterale, die sich wiederum in Frikative, Approximanten und Flaps einteilen lassen.<br>
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Neben den bisher genannten Artikulationsarten gibt es noch '''Vibranten''', die durch Flattern eines Artikulators erzeugt werden. Das bayrische [r] ist zum Beispiel ein solcher Vibrant. Eine Besonderheit bildet dabei das hochdeutsche r (in phonetischer Notation [ʀ]), das am Zäpfchen gebildet wird, da hier nicht der Artikulator, also die Zunge, sondern das Zäpfchen vibriert. Eine Vibration besteht in diesen Fällen aus mehreren kurzen Anschlägen, die aufeinander folgen. Wird nur einmal angeschlagen, spricht man von einem Tap oder Flap. (Es gibt zwar einen Unterschied zwischen diesen beiden, aber der ist so klein, dass er hier keine Rolle spielt. Die phonetische Schreibweise für beide Laute ist [ɾ].) In einigen Sprachen wie im Spanischen macht es einen Bedeutungsunterschied, ob man einen Vibranten oder einen Tap benutzt, weshalb das auch entsprechend geschrieben wird. So heißt ''pero'', gesprochen mit einem Tap, "aber" und ''perro'', gesprochen mit einem Vibranten, "Hund".
Das findet sich, wenn auch in (englischer) Fachsprache verschlüsselt, in dieser Tabelle wieder. Links stehen die Artikulationsarten, wobei die Vibranten hier Trill heißen und oben die Artikulatoren und Artikulationsorte. Für die reine Lautbildung sind die Artikulatoren, die ganz oben stehen, unerheblich, da sie, wie man der Tabelle entnehmen kann, immer für bestimmte Artikulationsorte zuständig sind. Sie werden aber hinterher noch wichtig, wenn wir uns darum kümmern, wie die Lautbildung in gesprochenen Sprachen abläuft, da hier bestimmte Regeln gelten, die teilweise von den Artikulatoren abhängen. Behalten wir sie also im Hinterkopf. (Die Fachbegriffe aus der Tabelle musst du dir dafür aber nicht merken.) Die Artikulationsorte sind dafür umso wichtiger zur Lautunterscheidung, einfach, weil man sie viel einfacher einteilen kann. Und damit du auch wirklich verstehst, was diese seltsamen Begriffe in der Tabelle bedeuten, übersetze ich sie hier mal die Grundwörter, die alle aus dem Lateinischen stammen:
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*labium – Lippe
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*dentes – Zähne
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*alveolus – Zahndamm
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*palatum – harter Gaumen
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*velum – weicher Gaumen
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*uvula – Zäpfchen (wörtlich eigentlich Träubchen)
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*pharynx – Rachen
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*glottis – Stimmritze, also vereinfacht gesagt, das Loch zwischen den Stimmlippen
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Einer Erklärung bedürfen hierbei wohl retroflex und epiglottal. Bei retroflexen Lauten wird die Zunge zurück gebogen, sodass sie aussieht, wie der Bogen, den die Zeichen in der Tabelle haben.
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Links unterhalb findet sich eine kleine Tabelle zu den Klicks, Implosiven und Ejektiven, wobei es aber gerade bei den Klicks sehr viel mehr gibt, als die hier aufgeführten. Rechts daneben sind Konsonanten, die sich nicht in die obere Tabelle eintragen lassen, da sie anders gebildet werden, nämlich an zwei Artikulationsorten gleichzeitig. Der Bogen unter oder über zwei Zeichen hat dummerweise gleich zwei Bedeutungen. Er kann nämlich zum Einen dazu benutzt werden, andere Laute, die an zwei Artikulationsorten gebildet werden, aufzuschreiben. Dabei werden die zwei Zeichen genommen, die jeweils für den entsprechenden Artikulationsort (und natürlich auch die Artikulationart) steht. Zum anderen kann der Bogen aber auch zwei hintereinander vorkommende Laute zusammenfassen, die in einer Sprache enger zusammen gehören. Das ist dann immer ein Plosiv, gefolgt von einem Frikativ, das an dem gleichen, oder naheliegenden Ort gebildet wird.
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Vergrößert man die Öffnung eines Frikativs so weit, dass kein Rauschen mehr zu hören ist, entsteht ein '''Approximant'''. Das kommt von Lateinisch ''approximare'' "sich nähern". Ein bekanntes Beispiel hierfür ist das [w] im Englischen, das sich aber interessanterweise auch in der deutschen Sprache wiederfindet, ohne dass es den meisten bewusst ist, wie etwa bei "bauen". Diese Artikulationsart kommt, soweit bekannt, nur stimmhaft vor.
Links über der untersten Tabelle findet sich das sogenannte Vokaltrapez. Dabei gehen die Unterteilungen noch etwas weiter, als ich das weiter oben erwähnt habe.
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Nun haben wir einen guten Überblick, über die Laute, die mit unserem Sprechapparat erzeugt werden können. Natürlich kann man sich überlegen, wie sich Laute von anatomisch anders gebauten Wesen anhören, aber dafür muss man noch weiter in die Materie einsteigen. Denn es gibt noch Einiges (die IPA-Tabelle verät es), was es über die Lautbildung zu wissen gibt. Im Folgenden werde ich daher genauer erklären, was sich mit unserem Sprechapparat alles anstellen lässt.
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Zu den "normalen" Artikulationsarten fehlen uns dann nur noch die Lateralen, die sich in Frikative (also mit Rauschen) und Approximanten (entsprechend also ohne Rauschen) sowie Flaps unterteilen lassen. Und was sind nun '''Laterale'''? Der prominenteste Lateral ist das [l]. Dabei entweicht die Luft nicht vorne, sondern seitlich. Das [l] ist hier ein Approximant, aber wenn wir die beiden Öffnungen soweit schließen, dass es anfängt zu rauschen, und dabei die Stimmlippen still halten, erhalten wir einen Laut, der in keltischen Sprachen vorkommt und meistens ll geschrieben wird. (Die phonetische Schreibweise für diesen lateralen Frikativ ist [ɬ].)
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Wir haben also folgende Artikulationsarten: Frikative, Plosive, Nasale, Vibranten, Taps, Approximanten und Laterale. Das ist eine ganze Menge und doch noch nicht alles. Es gibt nämlich Sprachen, die noch andere Arten der Artikulation kennen, nämlich Klicks, Implosive und Ejektive. Fangen wir hinten an. '''Ejektive''' sind laut Wikipedia "nichtpulmonale Konsonanten, meist Plosive, die durch eine rasche Aufwärtsbewegung des Kehlkopfes bei geschlossener Glottis und durch anschließende Lösung des oralen Verschlusses gebildet werden." Autsch. Das klingt kompliziert. Aber dröseln wir das mal auf: Wir haben Plosive, die "nichtpulmonal" sind. Das heißt einfach, dass sie nicht wie oben beschrieben durch einen Luftstrom erzeugt werden. Statt dessen schließen wir die Stimmlippen (Glottis) und setzen den Kehlkopf nach oben, wodurch ein Überdruck wie bei den Plosiven erzeugt wird. Für jemanden, der das nicht kennt, wird es schwierig, das nachzuvollziehen, und es ist noch schwerer, das richtig zu erklären, ohne es vorzumachen. Versuch es aber trotzdem einfach mal vor dem Spiegel, damit du deinen Kehlkopf sehen kannst.
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'''Implosive''' funktionieren umgekehrt wie Plosive, wir kehren den Luftstrom dafür einfach um. Das heißt, wir atmen ein. Das ist glücklicherweise um einiges einfacher als bei den Ejektiven.
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Die erstgenannte ungewöhnliche Artikulationsart, die '''Klicks''', sind etwas komplexer. Nähere Erklärungen spare ich mir daher für das Kapitel über besondere Laute auf.
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Falls es dir schon aufgefallen ist: Nein, die Vokale sind keine Approximanten, und vergessen habe ich sie auch nicht. '''Vokale''' zeichnen sich dadurch aus, dass es keine Behinderung des Sprechapparates gibt, die Zunge also unten aufliegt. Allerdings hat sie auch hier eine nicht unwichtige Rolle. Ist die Zunge weiter vorne oder weiter hinten? Beim [i] ist sie vorne, beim [u] hinten. Dazu kann der Kiefer weit geöffnet sein wie beim [a], oder mehr oder weniger geschlossen wie beim [i]. Das größte Problem bei Vokalen besteht darin, sie einzuteilen, da es zwischen vorne und hinten und zwischen offen und geschlossen unendlich viele Zustände gibt. Die übliche Einteilung in der Phonetik ist offen, halboffen, halbgeschlossen, halboffen und vorne, zentral, hinten. Dazu kommt noch die Unterscheidung, ob ein Vokal mit gerundeten Lippen gesprochen wird wie das ü (phonetisch [y]) oder mit ungerundeten Lippen wie das [i]. Vokale unterscheiden sich also durch den Kieferöffnungsgrad, die Zungenstellung und die Lippenrundung.
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Dabei ist ein Vokal besonders wichtig (so sehr, dass er einen eigenen Namen bekommen hat), auch wenn ihn viele nicht so wahrnehmen, nämlich das Schwa. Es handelt sich dabei sozusagen um den einfachsten Vokal überhaupt, da er ungerundet und zentral zwischen halboffen und halbgeschlossen zu finden ist, also genau da, wo sich die Zunge befindet, wenn sie in Ruhestellung ist. Soweit bekannt, gibt es keine Sprache, in der dieser Laut nicht vorkommt. Das e in "Sprache" ist zum Beispiel ein Schwa; die phonetische Schreibweise ist [ə].
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=== Das Internationale Phonetische Alphabet ===
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Das ist natürlich insgesamt eine große Fülle an Lauten und man verliert schnell die Übersicht darüber. Außerdem gibt es dazu noch eine große Anzahl an Möglichkeiten, diese unterschiedlich auszusprechen. Aber zum Glück sind wir nicht die ersten, die einen Überblick über die möglichen Laute haben wollen. Und genau deshalb gibt es das [http://upload.wikimedia.org/wikipedia/commons/1/15/IPA_chart_2005.png '''Internationale Phonetische Alphabet (IPA)'''].
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Wenn du da mal rein guckst, siehst du, dass es da mehrere Tabellen gibt, in denen die möglichen Laute zu finden sind. Mit vorgeschlagenen Zeichen, die jeweils den Laut repräsentieren. (Einige davon habe ich in diesem Artikel bereits verwendet.) Unter Sprachwissenschaftlern gilt dabei die Konvention, dass phonetische Repräsentationen von Lauten (also von Lauten "wie sie gesprochen werden") in eckige Klammern gesetzt werden: das Wort "Sprache" wird [ʃpʁaːχə] ausgesprochen.
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Die oberste Tabelle bildet die Konsonanten ab. Wir erinnern uns, es gibt die Artikulatoren Lippen, Stimmlippen und Zunge (bestehend aus Zungenspitze, Zungenrücken und Zungenwurzel), die Artikulationsorte Oberlippe, Oberkieferzähne, Zahndamm, harter und weicher Gaumen, Zäpfchen und Rachen, sowie die Artikulationsarten Frikative, Plosive, Nasale, Vibranten, Taps, Approximanten und Laterale, die sich wiederum in Frikative, Approximanten und Flaps einteilen lassen.
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Das findet sich, wenn auch in (englischer) Fachsprache verschlüsselt, in dieser Tabelle wieder. Links stehen die Artikulationsarten, wobei die Vibranten hier Trill heißen, und oben die Artikulatoren und Artikulationsorte. Für die reine Lautbildung sind die Artikulatoren, die ganz oben stehen, unerheblich, da sie, wie man der Tabelle entnehmen kann, immer für bestimmte Artikulationsorte zuständig sind. Sie werden aber hinterher noch wichtig, wenn wir uns darum kümmern, wie die Lautbildung in gesprochenen Sprachen abläuft, da hier bestimmte Regeln gelten, die teilweise von den Artikulatoren abhängen. Behalten wir sie also im Hinterkopf. (Die Fachbegriffe aus der Tabelle musst du dir dafür aber nicht merken.) Die Artikulationsorte sind dafür umso wichtiger zur Lautunterscheidung, einfach, weil man sie viel einfacher einteilen kann. Und damit du auch wirklich verstehst, was diese seltsamen Begriffe in der Tabelle bedeuten, übersetze ich hier mal die Grundwörter, die alle aus dem Lateinischen stammen:
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*''labium'' – Lippe
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*''dentes'' – Zähne
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*''alveolus'' – Zahndamm
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*''palatum'' – harter Gaumen
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*''velum'' – weicher Gaumen
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*''uvula'' – Zäpfchen (wörtlich eigentlich "Träubchen")
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*''pharynx'' – Rachen
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*''glottis'' – Stimmritze (also vereinfacht gesagt: das Loch zwischen den Stimmlippen)
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Einer Erklärung bedürfen hierbei wohl ''retroflex'' und ''epiglottal''. Bei retroflexen Lauten wird die Zunge zurückgebogen, so dass sie aussieht wie der Bogen, den die Zeichen in der Tabelle haben. Der Laut wird dann mit der Unterseite der Zungenspitze im Bereich des harten Gaumens gebildet; das bekannteste Beispiel ist die Aussprache des Buchstabens r in den meisten englischen Dialekten, ein retroflexer Approximant [ɻ]. Die sehr seltenen epiglottalen Laute werden mit Hilfe des Kehlkopfdeckels gebildet.
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Links unterhalb findet sich eine kleine Tabelle zu den Klicks, Implosiven und Ejektiven, wobei es aber gerade bei den Klicks sehr viel mehr gibt, als hier aufgeführt sind, da sich der dabei verwendete spezielle Luftstrommechanismus mit vielen Artikulationsmöglichkeiten im Mundraum kombinieren lässt. Rechts daneben sind Konsonanten, die sich nicht in die obere Tabelle eintragen lassen, da sie anders gebildet werden, nämlich an zwei Artikulationsorten gleichzeitig. Der Bogen unter oder über zwei Zeichen hat dummerweise gleich zwei Bedeutungen. Er kann nämlich zum Einen dazu benutzt werden, sogenannte '''koartikulierte Laute''' aufzuschreiben, die an zwei Artikulationsorten gleichzeitig gebildet werden. Dabei werden die zwei Zeichen verwendet, die jeweils für den entsprechenden Artikulationsort (und natürlich auch die Artikulationart) stehen. Zum anderen kann der Bogen aber auch zwei hintereinander vorkommende Laute zusammenfassen, die in einer Sprache enger zusammen gehören. Das sind dann die '''Affrikaten'''; diese bestehen immer aus einem Plosiv gefolgt von einem Frikativ, der an dem gleichen oder einem naheliegenden Ort gebildet wird. Das bekannteste Beispiel ist der Buchstabe z im Deutschen, phonetisch [t͡s].
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Links über der untersten Tabelle findet sich das sogenannte Vokaltrapez, das gewissermaßen die Position der einzelnen Vokale in einem nach links geöffneten Mund abbildet. Dabei gehen die Unterteilungen noch etwas weiter, als ich das weiter oben erwähnt habe.
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Nun haben wir einen guten Überblick über die Laute, die mit unserem Sprechapparat erzeugt werden können. Natürlich kann man sich überlegen, wie sich Laute von anatomisch anders gebauten Wesen anhören, aber dafür muss man noch weiter in die Materie einsteigen. Denn es gibt noch einiges (die IPA-Tabelle verät es), was es über die Lautbildung zu wissen gibt. Im Folgenden werde ich daher genauer erklären, was sich mit unserem Sprechapparat alles anstellen lässt.
  
 
=== Der Vokaltrakt ===
 
=== Der Vokaltrakt ===
 
[[Datei:Vokaltrakt.png|160px|thumb|left|Vokaltrakt]]
 
[[Datei:Vokaltrakt.png|160px|thumb|left|Vokaltrakt]]
Wie in dem Bild zu sehen, besteht der Vokaltrakt aus dem Nasenraum, dem Mundraum und dem Rachenraum. Die Stimme wird gebildet, indem Luft durch den Vokaltrakt gepustet wird, ähnlich wie bei einer Flöte. Und genau wie bei dieser hängt auch die Stimmhöhe von der Länge ab. Der Raum vom Kehlkopf bis zu den Lippen wird Ansatzrohr genannt. Bei Frauen ist die Länge des Ansatzrohres im Vergleich zu den Männern kürzer, weshalb sie höhere Stimmen haben. Die Länge lässt sich aber auch variabel ändern, indem der Kehlkopf nach oben oder unten verschoben wird, wodurch wir in der Lage sind, die Stimmhöhe zu beeinflussen. Das kann man damit vergleichen, dass bei einer Flöte die einzelnen Löcher zugedrückt werden, wodurch die Länge des Luftstroms verändert wird; Nur dass wir das stufenlos können. Ist der Kehlkopf oben, ist das Ansatzrohr kürzer, es werden hohe Töne produziert; Ist der Kehlkopf unten, ist das Ansatzrohr länger, es werden tiefere Töne produziert. Jetzt ist der Vokaltrakt aber etwas komplexer aufgebaut als eine Flöte, wodurch es uns möglich ist, nicht nur die Tonhöhe zu ändern, sondern an vielen Stellschrauben zu drehen. Wir können den Luftstrom über die Nase leiten, den Kiefer auf und ab bewegen und die Zunge in unterschiedliche Richtungen bewegen, immerhin ist sie unser beweglichstes Körperteil.<br>
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Wie in dem Bild zu sehen, besteht der Vokaltrakt aus dem Nasenraum, dem Mundraum und dem Rachenraum. Die Stimme wird gebildet, indem Luft durch den Vokaltrakt gepustet wird, ähnlich wie bei einer Flöte. Und genau wie bei dieser hängt auch die Stimmhöhe von der Länge ab. Der Raum vom Kehlkopf bis zu den Lippen wird Ansatzrohr genannt. Bei Frauen ist die Länge des Ansatzrohres im Vergleich zu den Männern kürzer, weshalb sie höhere Stimmen haben. Die Länge lässt sich aber auch variabel ändern, indem der Kehlkopf nach oben oder unten verschoben wird, wodurch wir in der Lage sind, die Stimmhöhe zu beeinflussen. Das kann man damit vergleichen, dass bei einer Flöte die einzelnen Löcher zugedrückt werden, wodurch die Länge des Luftstroms verändert wird; nur dass wir das stufenlos können. Ist der Kehlkopf oben, ist das Ansatzrohr kürzer, es werden hohe Töne produziert; ist der Kehlkopf unten, ist das Ansatzrohr länger, es werden tiefere Töne produziert. Jetzt ist der Vokaltrakt aber etwas komplexer aufgebaut als eine Flöte, wodurch es uns möglich ist, nicht nur die Tonhöhe zu ändern, sondern an vielen verschiedenen Stellschrauben zu drehen. Wir können den Luftstrom über die Nase leiten, den Kiefer auf und ab bewegen, oder die Zunge in unterschiedliche Richtungen bewegen, immerhin ist sie unser beweglichstes Körperteil.
Da ich hier nicht näher auf die physikalischen Eigenschaften und die genaue Akustik eingehen will (dazu gibt es genug gute Fachbücher), halte ich mich damit kurz. Ein paar Dinge müssen hier aber unbedingt erläutert werden. Die Tonhöhe (Frequenz) wird in Kilohertz (kHz) gemessen und die Lautstärke (Amplitude) in Dezibel (dB). Die gesprochenen Laute bestehen aus einem Gemisch unterschiedlicher Tonhöhen, die gleichzeitig erzeugt werden, wobei bestimmte Frequenzen lauter sind als andere. In einem Spektogramm wird dies bildlich dargestellt:
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Da ich hier nicht näher auf die physikalischen Eigenschaften und die genaue Akustik eingehen will (dazu gibt es genug gute Fachbücher), halte ich mich damit kurz. Ein paar Dinge müssen aber erläutert werden. Die Tonhöhe (Frequenz) wird in Kilohertz (kHz) gemessen und die Lautstärke (Amplitude) in Dezibel (dB). Die gesprochenen Laute bestehen aus einem Gemisch unterschiedlicher Tonhöhen, die gleichzeitig erzeugt werden, wobei bestimmte Frequenzen lauter sind als andere. In einem Spektogramm wird dies bildlich dargestellt:
 
:- Spektogramm (von einem Vokal) -:  
 
:- Spektogramm (von einem Vokal) -:  
Wenn man sich nun einen Laut ansieht, stellt man bei Vokalen und einigen Konsonanten fest, dass es bestimmte Frequenzbereiche gibt, die deutlich lauter sind, als andere. Diese werden Formanten genannt, der Unterste ist dabei Formant 1, der darüber Formant 2 u.s.w. Anhand des Frequenzbereichs der Formanten kann man den Vokal bestimmen, wobei normalerweise die zwei Untersten reichen.<br>
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Warum ich das erzähle? Daran kann man sich plastisch den unterschied zwischen zwei hintereinander gesprochenen Vokalen und Diphthongen (oder Triphthongen) vorstellen. Diphthonge wie das "au" sind sehr bekannt und können als ein Einzellaut betrachtet werden, der von einer Vokalposition zu einer zweiten rutscht. Das erkennt man an den Formanten, die am Anfang des Diphthongs dem einen Vokal entsprechen und am Ende dem zweiten Vokal. Allerdings verändert er sich kontinuierlich, sodass eine Trennung zwischen den zwei Vokalen unmöglich ist. Anders ist es bei zwei hintereinander produzierten Vokalen. Vielleicht kennst du den Fußballspieler Raúl, der hierzulande gerne Raul ausgesprochen wird, also mit einem Diphthong. Er wird aber korrekterweise mit zwei hintereinander folgenden Vokalen gesprochen, also Ra-ul. Diese Kombination kennt ein deutscher Muttersprachler nicht, weshalb er direkt eine "Lücke" hinzufügt (darüber im nächsten Abschnitt mehr). Versuch einfach mal, den Namen richtig auszusprechen, ohne "Lücke" dazwischen. Triphthonge kommen nicht so häufig vor, sind aber das Gleiche wie Diphthonge, nur dass dazwischen noch eine dritte Vokalposition liegt.
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Wenn man sich nun einen Laut ansieht, stellt man bei Vokalen und einigen Konsonanten fest, dass es bestimmte Frequenzbereiche gibt, die deutlich lauter sind als andere. Diese werden Formanten genannt, der unterste ist dabei Formant 1, der darüber Formant 2 und so weiter. Anhand des Frequenzbereichs der Formanten kann man den Vokal bestimmen, wobei normalerweise die zwei untersten reichen.
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Warum ich das erzähle? Daran kann man sich plastisch den Unterschied zwischen zwei hintereinander gesprochenen Vokalen einerseits und Diphthongen (oder Triphthongen) andererseits vorstellen. '''Diphthonge''' wie das [au] sind sehr bekannt und können als ein Einzellaut betrachtet werden, der von einer Vokalposition zu einer zweiten rutscht. Das erkennt man an den Formanten, die am Anfang des Diphthongs dem einen Vokal entsprechen und am Ende dem zweiten Vokal. Allerdings verändert er sich kontinuierlich, sodass eine Trennung zwischen den zwei Vokalen unmöglich ist. Anders ist es bei zwei hintereinander produzierten Vokalen. Vielleicht kennst du den Fußballspieler Raúl, der hierzulande gerne Raul ausgesprochen wird, also mit einem Diphthong. Er wird aber korrekterweise mit zwei hintereinander folgenden Vokalen gesprochen, also Ra-ul. Diese Kombination kennt ein deutscher Muttersprachler nicht, weshalb er direkt eine "Lücke" hinzufügt (darüber im nächsten Abschnitt mehr). Versuch einfach mal, den Namen richtig auszusprechen, ohne "Lücke" dazwischen. Triphthonge kommen nicht so häufig vor, sind aber das Gleiche wie Diphthonge, nur dass dazwischen noch eine dritte Vokalposition liegt.
  
 
Zur Erinnerung:
 
Zur Erinnerung:
*wir können die Zunge an verschiedenen Stellen anheben und sie vor- und zurückbewegen,  
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*wir können die Zunge an verschiedenen Stellen anheben und sie vor und zurück bewegen,  
*wir können den Kiefer auf- und abbewegen,  
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*wir können den Kiefer auf und ab bewegen,  
 
*wir können den Nasenraum öffnen und schließen,
 
*wir können den Nasenraum öffnen und schließen,
*wir können den Kehlkopf auf und abbewegen
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*wir können den Kehlkopf auf und ab bewegen,
 
*und wir können unsere Lippen runden.  
 
*und wir können unsere Lippen runden.  
*Wir können dies alles kombinieren, zeitgleich und zeitversetzt.
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*Außerdem können wir dies alles kombinieren, zeitgleich und zeitversetzt.
All das verändert den Vokaltrakt, wodurch die jeweiligen Laute gebildet werden. Gibt es keine Behinderung des Luftstroms, sprechen wir von Vokalen, gibt es eine Behinderung, so ergeben sich daraus Konsonanten. Approximanten liegen irgendwo dazwischen, da es keine Behinderung des Luftstroms im eigentlichen Sinne gibt, aber dennoch eine stärkere Verengung, als bei Vokalen.
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All das verändert den Vokaltrakt, wodurch die jeweiligen Laute gebildet werden. Gibt es keine Behinderung des Luftstroms, sprechen wir von Vokalen; gibt es eine Behinderung, so ergeben sich daraus Konsonanten. Approximanten liegen irgendwo dazwischen, da es keine Behinderung des Luftstroms im eigentlichen Sinne gibt, aber dennoch eine stärkere Verengung als bei Vokalen.
  
 
=== Die Stimme ===
 
=== Die Stimme ===
Aber das ist nicht alles, denn in unserem Hals stecken noch Muskeln, die sich anspannen oder entspannen können: die Stimmlippen. Die Analogie zu den Lippen ist durchaus berechtigt, da sie ähnlich funktionieren: Wenn wir die Lippen aufeinander pressen, kommt keine Luft mehr durch und wenn wir die Luft durchlassen, können wir, je nachdem, wie weit wir die Lippen auseinander nehmen, ein Rauschen erzeugen (oder eben nicht). Aber noch etwas können wir mit den Lippen, was noch viel wichtiger ist, wenn es um die Stimmlippen geht: Wir können sie vibrieren lassen. Typischerweise wird das Vibrieren der Lippen im deutschen Sprachraum dazu benutzt, um das Schnauben eines Pferdes nachzuahmen. Versuch es mal. Genauso funktioniert das auch mit den Stimmlippen und genau das tuen wir zum Beispiel, wenn wir Vokale sprechen. Einige Laute werden in der Regel immer so gesprochen, dass die Stimmlippen vibrieren. Das nennt sich dann stimmhaft. Sind die Stimmlippen einfach nur auf, sind die Laute entsprechend stimmlos. Vokale, Approximanten, Vibranten, Nasale und Taps sind normalerweise stimmhaft (allerdings gibt es immer auch Außnahmen), zu den anderen Artikulationsarten (Frikative, Plosive, Implosive, Ejektive und Klicks) gibt es immer eine stimmhafte und eine stimmlose Variante.<br>
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Aber das ist nicht alles, denn in unserem Hals stecken noch Muskeln, die sich anspannen oder entspannen können: die Stimmlippen. Die Analogie zu den Lippen ist durchaus berechtigt, da sie ähnlich funktionieren: Wenn wir die Lippen aufeinander pressen, kommt keine Luft mehr durch, und wenn wir die Luft durchlassen, können wir, je nachdem, wie weit wir die Lippen auseinander nehmen, ein Rauschen erzeugen (oder eben nicht). Aber noch etwas können wir mit den Lippen, was noch viel wichtiger ist, wenn es um die Stimmlippen geht: Wir können sie vibrieren lassen. Typischerweise wird das Vibrieren der Lippen im deutschen Sprachraum dazu benutzt, um das Schnauben eines Pferdes nachzuahmen. Versuch es mal. Genauso funktioniert das auch mit den Stimmlippen und genau das tun wir zum Beispiel, wenn wir Vokale sprechen. Einige Laute werden in der Regel immer so gesprochen, dass die Stimmlippen vibrieren. Das nennt sich dann '''stimmhaft'''. Sind die Stimmlippen einfach nur auf, sind die Laute entsprechend '''stimmlos'''. Vokale, Approximanten, Vibranten, Nasale und Taps sind normalerweise stimmhaft (allerdings gibt es immer auch Ausnahmen), zu den anderen Artikulationsarten (vor allem Frikative und Plosive, aber auch Implosive, Ejektive und Klicks) gibt es jeweils eine stimmhafte und eine stimmlose Variante.
Ob die Stimmlippen geöffnet oder geschlossen sind, beeinflussen wir, indem wir die sogenannten Stellknorpel verdrehen, an denen die Stimmlippen befestigt sind. Allerdings können wir dadurch nicht nur stimmhafte und stimmlose Laute erzeugen, sondern auch einen kompletten Verschluss bilden, sodass keine Luft mehr hindurch kommt. Dieser Verschluss, der zu den Plosiven zählt kommt im Deutschen überall dort vor, wo eine Silbe mit einem Vokal zu beginnen scheint. Einem englischen oder französischen Sprecher klingt es daher so, als würden Deutsche ständig husten.<br>
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Ob die Stimmlippen geöffnet oder geschlossen sind, beeinflussen wir, indem wir die sogenannten Stellknorpel verdrehen, an denen die Stimmlippen befestigt sind. Allerdings können wir dadurch nicht nur stimmhafte und stimmlose Laute erzeugen, sondern auch einen kompletten Verschluss bilden, sodass keine Luft mehr hindurch kommt. Dieser Glottalverschluss, der zu den Plosiven zählt, kommt im Deutschen überall dort vor, wo eine Silbe mit einem Vokal zu beginnen scheint. Einem englischen oder französischen Sprecher klingt es daher so, als würden Deutsche ständig husten.
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Also der Reihe nach:
 
Also der Reihe nach:
 
#Wir können die Luft einfach durch unsere Stimmlippen blasen, ohne Geräusche von uns zu geben. Das tun wir, wenn wir atmen oder stimmlose Laute aussprechen.
 
#Wir können die Luft einfach durch unsere Stimmlippen blasen, ohne Geräusche von uns zu geben. Das tun wir, wenn wir atmen oder stimmlose Laute aussprechen.
#Wir können ein Rauschen verursachen, vergleichbar den Frikativen, wie dem s. Das machen wir beim Flüstern und beim h.
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#Wir können ein Rauschen verursachen, vergleichbar den Frikativen wie dem [s]. Das machen wir beim Flüstern und beim [h].
#Wir können einen Verschluss bilden, also einen Plosiv. Im Deutschen wird an Silbenanfängen davon Gebrauch gemacht, in einigen Sprachen kommt der Laut auch am Ende vor.
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#Wir können einen Verschluss bilden, also einen Plosiv. Im Deutschen wird an Silbenanfängen davon Gebrauch gemacht, in einigen Sprachen kommt der Laut auch am Ende vor. Die phonetische Schreibweise ist [ʔ].
 
#Wir können eine Vibration erzeugen, was bei allen stimmhaften Lauten der Fall ist.
 
#Wir können eine Vibration erzeugen, was bei allen stimmhaften Lauten der Fall ist.
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Die Vibration lässt sich auch mit dem Rauschen kombinieren, wodurch die sogenannte Hauchstimme entsteht. Diese wird zum Beispiel bei indischen Plosiven benutzt, oder auch hier im deutschsprachigen Raum, um eine erotisierte Stimme zu erzeugen.
 
Die Vibration lässt sich auch mit dem Rauschen kombinieren, wodurch die sogenannte Hauchstimme entsteht. Diese wird zum Beispiel bei indischen Plosiven benutzt, oder auch hier im deutschsprachigen Raum, um eine erotisierte Stimme zu erzeugen.
  
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=== Das Ökosystem der Laute ===
 
=== Das Ökosystem der Laute ===
Bisher ging es immer um einzelne Laute und wie sie gebildet werden können. Allerdings besteht das Sprachsignal nicht aus Einzellauten, sondern aus einem sich ständig verändernden Geräuschkonglomerat, bei dem die einzelnen Teile nur schwer voneinander trennbar sind. Wenn du direinen Sprechapparat im Einsatz ansiehst, siehst du, wie sich die Artikulatoren in ständiger Bewegung befinden. Auch hierbei ist nicht klar, wo ein Laut anfängt und wo er endet. Natürlich, denn die Artikulatoren müssen von einem Artikulationsort zum nächsten wandern und kommen sie dort an, geht es auch gleich wieder weiter. Zwischen zwei Lauten liegen daher unendlich viele Zwischenschritte. Das hat auch zur Folge, dass man länger braucht, wenn zwei weit voneinander befindliche Artikulationsorte aufeinander folgen, k und t (z. B. in "Akt"), als wenn zwei nahe beieinander stehende Artikulationsorte aufeinander folgen. Folgen zwei Laute aufeinander, die am selben (oder fast selben) Ort gebildet werden, können diese sogar noch weiter verschmelzen, wodurch sie für den Sprecher als ein Laut wahrgenommen werden. Dieser Kombilaut wird Affrikate genannt, wenn er aus einem Plosiv, gefolgt von einem Frikativ, besteht. Das häufigste Beispiel im germanischsprachigen Raum ist ts.<br>
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Bisher ging es immer um einzelne Laute und wie sie gebildet werden können. Allerdings besteht das Sprachsignal nicht aus Einzellauten, sondern aus einem sich ständig verändernden Geräuschkonglomerat, bei dem die einzelnen Teile nur schwer voneinander trennbar sind. Wenn du dir einen Sprechapparat im Einsatz ansiehst, siehst du, wie sich die Artikulatoren in ständiger Bewegung befinden. Auch hierbei ist nicht klar, wo ein Laut anfängt und wo er endet. Das ist ganz natürlich, denn die Artikulatoren müssen von einem Artikulationsort zum nächsten wandern, und kommen sie dort an, geht es auch gleich wieder weiter. Zwischen zwei Lauten liegen daher unendlich viele Zwischenschritte. Das hat auch zur Folge, dass man länger braucht, wenn zwei weit voneinander befindliche Artikulationsorte aufeinander folgen (z.B. [k] und [t] in "Akt"), als wenn zwei nahe beieinander stehende Artikulationsorte aufeinander folgen. Folgen zwei Laute aufeinander, die am selben (oder fast selben) Ort gebildet werden, können diese sogar noch weiter verschmelzen, wodurch sie für den Sprecher als ein einziger Laut wahrgenommen werden. Wie oben bereits erwähnt, wird dieser Kombilaut '''Affrikate''' genannt, wenn er aus einem Plosiv gefolgt von einem Frikativ besteht. Das häufigste Beispiel im germanischsprachigen Raum ist [t͡s], im Deutschen meist mit dem Buchstaben z wiedergegeben.
Außer, dass die Länge der Laute unterschiedlich ist, gibt es noch einen zweiten Effekt, nämlich, dass jeder Laut von seinen Nachbarn beeinflusst wird. Sprich einmal die Wörter "Laut" und "Licht" aus und achte dabei darauf, was deine Zunge beim l macht. Bei "Laut" benutzt du die Zungenspitze ganz vorne und dein Kiefer ist bereits in einer geöffneten Position, sodass die Position für das a schneller erreicht werden kann. Bei "Licht" dagegen liegt die Zunge etwas mehr auf und der Kiefer ist weiter oben. Dies ist die bessere Position, um hinterher schneller ein i zu produzieren. Besonders deutlich ist der unterschied, wenn du ein k sprichst. Genaugenommen könnte man da sogar zwei Laute ausmachen, weil die Positionen so unterschiedlich sind. Du kannst es an dir selbst beobachten, wenn du die Wörter "Katze" und "Kirche" aussprichst und anschließend mal das k gesondert, also ohne Vokal dahinter, nachbildest. Das waren jetzt Beispiele dafür, dass der nachfolgende Laut den vorhergehenden Laut beeinflusst, außerdem war es immer ein Vokal, der den Konsonanten verändert hat. Andere Beispiele wären etwa "Angel" vs. "Inge", wo der vorangehende Vokal den nachfolgenden Laut verändert und die Formantabbiegungen der Plosive, die im entsprechenden Kapitel noch näher erläutert werden.<br>
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Sind mehrere Artikulatoren beteiligt, kann es sogar dazu kommen, dass der eine Artikulator seine Stellung bereits einnimmt, wenn der erste Laut ausgesprochen wird oder noch weiter beibehält, während bereits der nächste Laut ausgesprochen wurde. Am einfachsten lässt es sich mit den Lippen zeigen. Das m ist normalerweise ein Laut, der ohne Lippenrundung ausgesprochen wird. Wird jedoch ein gerundeter Vokal vorher oder nachher gesprochen, so wird auch das m mit gerundeten Lippen gesprochen. Beispiele dafür sind "um" und "muss". Das zweite Beispiel zeigt, dass sich solche Veränderungen der Laute sogar über den direkten Nachbarn hinaus bewegen können, denn das s werden die meisten ebenfalls mit gerundeten Lippen aussprechen.
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Außer, dass die Länge der Laute unterschiedlich ist, gibt es noch einen zweiten Effekt, nämlich, dass jeder Laut von seinen Nachbarn beeinflusst wird. Sprich einmal die Wörter "Laut" und "Licht" aus und achte dabei darauf, was deine Zunge beim [l] macht. Bei "Laut" benutzt du die Zungenspitze ganz vorne und dein Kiefer ist bereits in einer geöffneten Position, so dass die Position für das [a] schneller erreicht werden kann. Bei "Licht" dagegen liegt die Zunge etwas mehr auf und der Kiefer ist weiter oben. Dies ist die bessere Position, um hinterher schneller ein [i] zu produzieren. Besonders deutlich ist der Unterschied, wenn du ein [k] sprichst. Genaugenommen könnte man da sogar zwei Laute ausmachen, weil die Positionen so unterschiedlich sind. Du kannst es an dir selbst beobachten, wenn du die Wörter "Katze" und "Kirche" aussprichst und anschließend mal das [k] gesondert, also ohne Vokal dahinter, nachbildest. Das waren jetzt Beispiele dafür, dass der nachfolgende Laut den vorhergehenden Laut beeinflusst, außerdem war es immer ein Vokal, der den Konsonanten verändert hat. Andere Beispiele wären etwa "Angel" vs. "Inge", wo der vorangehende Vokal den nachfolgenden Laut verändert und die Formantabbiegungen der Plosive, die im entsprechenden Kapitel noch näher erläutert werden.
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Sind mehrere Artikulatoren beteiligt, kann es sogar dazu kommen, dass der eine Artikulator seine Stellung bereits einnimmt, wenn der erste Laut ausgesprochen wird oder noch weiter beibehält, während bereits der nächste Laut ausgesprochen wurde. Am einfachsten lässt es sich mit den Lippen zeigen. Das [m] ist normalerweise ein Laut, der ohne Lippenrundung ausgesprochen wird. Wird jedoch ein gerundeter Vokal vorher oder nachher gesprochen, so wird auch das [m] mit gerundeten Lippen gesprochen. Beispiele dafür sind "um" und "muss". Das zweite Beispiel zeigt, dass sich solche Veränderungen der Laute sogar über den direkten Nachbarn hinaus bewegen können, denn das [s] werden die meisten ebenfalls mit gerundeten Lippen aussprechen.
  
 
=== Qualität und Quantität ===
 
=== Qualität und Quantität ===
Bisher haben wir uns mit der Spracherzeugung beschäftigt, also wie die Laute gebildet werden. Auf der anderen Seite müssen wir die Laute aber natürlich auch hören können. Was gehört wird ist dabei von Lebewesen zu Lebewesen unterschiedlich. Im Sprachsignal gibt es drei Dimensionen, die wir unterscheiden können: Lautstärke, Tonhöhe (bzw. Frequenz) und die Qualität. Leider hören wir aber nicht wie Messgeräte, die in allen Bereichen, in denen sie messen können, immer gleich "hören". Wir hören also bestimmte Lautstärken und Tonhöhen besser, als andere. In welchen Bereichen wir wie gut hören, ist menschenspezifisch. Andere Lebewesen hören also auch anders. Es kann also auch durchaus vorkommen, dass sich zwei Völker einfach nicht verstehen können, was unter Umständen sogar mit Schmerzen verbunden ist. Diese Schmerzen braucht der Mensch (und die meisten anderen hörenden Lebewesen), um das Gehör vor Schäden zu bewahren, die durch laute und hohe Töne entstehen können, aber es ist auch denkbar, dass ein Wesen ein geräuschempfindliches Organ hat. Teilweise vertragen zum Beispiel einige Menschen keine tiefen Töne, ihnen wird übel, weil der Magen die tiefen Schwingungen nicht erträgt. Die Unterscheidungen zwischen der wahrgenommenen Tonhöhe (=Tonheit) und der wahrgenommenen Lautstärke (=Lautheit) macht sich der Mensch in seinen Sprachen zunutze. Es gibt keine menschliche Sprache, die ohne diese Faktoren auskommt.<br>
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Bisher haben wir uns mit der Spracherzeugung beschäftigt, also wie die Laute gebildet werden. Auf der anderen Seite müssen wir die Laute aber natürlich auch hören können. Was genau gehört wird, ist dabei von Lebewesen zu Lebewesen unterschiedlich. Im Sprachsignal gibt es drei Dimensionen, die wir unterscheiden können: '''Lautstärke''', '''Tonhöhe''' (bzw. Frequenz) und '''Qualität'''. Leider hören wir aber nicht wie Messgeräte, die in allen Bereichen, in denen sie messen können, immer gleich "hören". Wir hören also bestimmte Lautstärken und Tonhöhen besser als andere. In welchen Bereichen wir wie gut hören, ist menschenspezifisch. Andere Lebewesen hören also auch anders. Es kann also auch durchaus vorkommen, dass sich zwei Völker einfach akustisch nicht verstehen können, was unter Umständen sogar mit Schmerzen verbunden ist. Diese Schmerzen braucht der Mensch (und die meisten anderen hörenden Lebewesen), um das Gehör vor Schäden zu bewahren, die durch laute und hohe Töne entstehen können, aber es ist auch denkbar, dass ein Wesen ein geräuschempfindliches Organ hat. Teilweise vertragen zum Beispiel einige Menschen keine tiefen Töne, ihnen wird übel, weil der Magen die tiefen Schwingungen nicht erträgt. Die Unterscheidungen zwischen der wahrgenommenen Tonhöhe (=Tonheit) und der wahrgenommenen Lautstärke (=Lautheit) macht sich der Mensch in seinen Sprachen zunutze. Es gibt keine menschliche Sprache, die ohne diese Faktoren auskommt.
Dazu kommt noch die Qualität, mit der Geräusche unterschieden werden können, selbst wenn die Lautstärke und die Tonhöhe gleich sind. Beispielsweise klingen gleich gestimmte Gitarrensaiten unterschiedlich, je nachdem, ob es eine Stahlsaite ist, oder nicht, selbst wenn sie gleich laut angeschlagen werden. Um diese zu erklären muss ich etwas weiter ausholen: Die Tonhöhe kann, zusammen mit der Zeit, in einem Diagramm dargestellt werden, dem sogenannten Oszillogramm. Die meisten werden eine entsprechende Darstellung kennen, in der Geräusche als fortlaufende Kurve dargestellt werden.
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Dazu kommt noch die Qualität bzw. Klangfarbe, mit der Geräusche unterschieden werden können, selbst wenn die Lautstärke und die Tonhöhe gleich sind. Beispielsweise klingen gleich gestimmte Gitarrensaiten unterschiedlich, je nachdem, ob es eine Stahlsaite ist oder nicht, selbst wenn sie gleich laut angeschlagen werden. Um diese zu erklären, muss ich etwas weiter ausholen: Die Tonhöhe kann zusammen mit der Zeit in einem Diagramm dargestellt werden, dem sogenannten Oszillogramm. Die meisten werden eine entsprechende Darstellung kennen, in der Geräusche als fortlaufende Kurve dargestellt werden.
 
[[Datei:Oszillogramm.png|200px|thumb|left|Oszillogramm]]
 
[[Datei:Oszillogramm.png|200px|thumb|left|Oszillogramm]]
Nun besteht ein Ton in dieser Darstellung aus sich abwechelnden Bergen und Tälern. Und sie können gleichmäßig oder vorne oder hinten steiler sein. Sind die Berge vorne steiler, ist das Geräusch dunkel, sind sie hinten steiler, ist es hell. Dieser Teilaspekt der Qualität nennt der Phonetiker Helligkeit. (Die tausend anderen Begriffe aus den anderen Fachbereichen lasse ich hier mal weg.)
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Nun besteht ein Ton in dieser Darstellung aus sich abwechelnden Bergen und Tälern. Und sie können gleichmäßig oder vorne oder hinten steiler sein. Sind die Berge vorne steiler, ist das Geräusch dunkel, sind sie hinten steiler, ist es hell. Diesen Teilaspekt der Qualität nennt der Phonetiker Helligkeit. (Die tausend anderen Begriffe aus den anderen Fachbereichen lasse ich hier mal weg.)
 
[[Datei:Helligkeit.png|200px|thumb|left|Helligkeit als Teilaspekt der Qualität]]
 
[[Datei:Helligkeit.png|200px|thumb|left|Helligkeit als Teilaspekt der Qualität]]
Nimmt man zu Tonhöhe und Zeit noch die Lautstärke, erhält man ein Spektogramm, wie er im Kapitel über den Vokaltrakt zu sehen ist. Formanten gibt es dabei nicht nur bei Vokalen, sondern auch bei den meisten anderen Lauten. Den zweiten Teilaspekt der Qualität macht das Verhältnis der Formanten zueinander, also näher beieinander oder weiter auseinander, und in sich selbst aus. Das "in sich selbst" ist etwas schwierig zu erklären, aber du kannst es dir vielleicht so vorstellen, dass ein Formant eine Gesamtlautstärke und eine Gesamttonhöhe besitzt, die sich aber bei genauerer Betrachtung intern ständig ändern. Und genau dieses Verhältnis zwischen den Gesamtwerten und den inneren Veränderungen macht die Qualität aus.<br>
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Nimmt man zu Tonhöhe und Zeit noch die Lautstärke, erhält man ein Spektogramm, wie es im Kapitel über den Vokaltrakt zu sehen ist. Formanten gibt es dabei nicht nur bei Vokalen, sondern auch bei den meisten anderen Lauten. Den zweiten Teilaspekt der Qualität macht das Verhältnis der Formanten zueinander, also näher beieinander oder weiter auseinander, und in sich selbst aus. Das "in sich selbst" ist etwas schwierig zu erklären, aber du kannst es dir vielleicht so vorstellen, dass ein Formant eine Gesamtlautstärke und eine Gesamttonhöhe besitzt, die sich aber bei genauerer Betrachtung intern ständig ändern. Und genau dieses Verhältnis zwischen den Gesamtwerten und den inneren Veränderungen macht die Qualität aus.
Im Endeffekt ist Qualität also nur ein Zusammenspiel zwischen Lautstärke und Tonhöhe in den verschiedenen Dimensionen.
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Im Endeffekt ist Qualität also eigentlich ein Zusammenspiel zwischen Lautstärke und Tonhöhe in den verschiedenen Dimensionen.
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Wir unterscheiden Laute also nach Tonheit, Lautheit und Qualität. Aber halt. Mehrfach habe ich die Zeit erwähnt. Auch das ist ein Merkmal, das bei den Lauten eine Rolle spielt, denn ohne die zeitliche Dimension kommt Schall nicht aus, denn käme alles gleichzeitig, könnten wir den Mix wohl kaum auseinander halten (auch wenn der Mensch in dieser Hinsicht erstaunliche Fähigkeiten hat). Zu den Merkmalen kommt also noch die Quantität. Ein Laut kann kurz oder lang sein; die lange Variante wird in phonetischer Schreibweise mit einem nachgestellten [ː] ausgedrückt.
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Bis auf die Lautheit werden auch alle diese Merkmale zur Lautunterscheidung benutzt. Die Qualität ist wichtig zur Unterscheidung der Vokale, weshalb sie in jeder Sprache distinktiv, also lautunterscheidend ist. Tonheit und Quantität werden zwar in vielen, aber nicht in allen Sprachen zur Unterscheidung der Laute genutzt. Die deutsche Sprache ist ein Beispiel, in der die Quantität eine große Rolle spielt, wobei sie oft mit einem Qualitätsunterschied einhergeht. Der Unterschied zwischen "Boot" [boːt] und "Bot" [bɔt] macht dies deutlich. Sehr selten gibt es mehrstufige Quantitätsunterschiede, wie in einigen Dialekten in Niedersachsen, die drei Quantitätsstufen kennen. Und sogar Plosive können kurz oder lang sein, wie beispielsweise das Isländische und das Italienische zeigen. Sprachen ohne Quantitätsunterschied sind relativ selten, aber dennoch vorhanden (z.B. Spanisch).
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Für Europäer, also wahrscheinlich auch für dich, ist die Tonhöhenunterscheidung der Laute eher ungewöhnlich, ist aber bei sehr vielen Sprachen vorhanden, vor allem in Asien und Afrika. Sprachen, die keine Tonhöhen unterscheiden, nutzen meistens den Druckakzent. Das ist eine Erhöhung von Lautheit und Quantität, die auch mit einer Qualitäts- und Tonheitsänderung einhergehen kann. Während der Druckakzent aber meistens nur für die Betonung benutzt wird, ist er in der deutschen Sprache bedeutungsunterscheidend. Beispiele dafür sind "Tenor" (Sänger vs. Einstellung) und "August" (Monat vs. Name).
  
Wir unterscheiden Laute also nach Tonheit, Lautheit und Qualität. Aber halt. Mehrfach habe ich die Zeit erwähnt. Auch das ist ein Merkmal, das bei den Lauten eine Rolle spielt, denn ohne die zeitliche Dimension kommt Schall nicht aus, denn käme alles gleichzeitig, könnten wir den Mix wohl kaum auseinander halten (auch wenn der Mensch in dieser Hinsicht erstaunliche Fähigkeiten hat). Zu den Merkmalen kommt also noch die Quantität. Ein Laut kann kurz oder lang sein. Bis auf die Lautheit werden auch alle diese Merkmale zur Lautunterscheidung benutzt. Die Qualität ist wichtig zur Unterscheidung der Vokale, weshalb sie in jeder Sprache distinktiv, also lautunterscheidend ist. Tonheit und Quantität werden zwar in vielen, aber nicht in allen Sprachen zur Unterscheidung der Laute genutzt. Die deutsche Sprache ist ein Beispiel, in der die Quantität eine große Rolle spielt, wobei sie meistens mit einem Qualitätsunterschied einhergeht. Der Unterschied zwischen "Boot" und "Bot" macht dies deutlich. Sehr selten gibt es mehrstufige Quantitätsunterschiede, wie in einigen Dialekten in Niedersachsen, die drei Quantitätsstufen kennen. Und sogar Plosive können kurz oder lang sein, wie beispielsweise das Isländische zeigt. Sprachen ohne Quantitätsunterschied sind selten, aber dennoch vorhanden (z. B. Spanisch).<br>
 
Für Europäer, also wahrscheinlich auch für dich, ist die Tonhöhenunterscheidung der Laute eher ungewöhnlich, ist aber eigentlich bei den meisten Sprachen vorhanden, vor allem in Asien und Afrika. Sprachen, die keine Tonhöhen unterscheiden, nutzen meistens den Druckakzent. Das ist eine Erhöhung von Lautheit und Quantität, die auch mit einer Qualitäts- und Tonheitsänderung einhergehen kann. Während der Druckakzent aber meistens nur für die Betonung benutzt wird, ist er in der deutschen Sprache bedeutungsunterscheidend. Beispiele dafür sind Tenor (Sänger vs. Einstellung) und August (Monat vs. Name).<br>
 
 
Es gilt also:
 
Es gilt also:
 
*Alle Sprachen unterscheiden die Qualität, insbesondere bei den Vokalen.
 
*Alle Sprachen unterscheiden die Qualität, insbesondere bei den Vokalen.
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=== Töne und Akzente ===
 
=== Töne und Akzente ===
In allen Sprachen wird die Tonheit genutzt, um bestimmte Strukturen der Sprache kenntlich zu machen und zu betonen. Alle Phänomene, die Quantität, Tonheit oder Druckakzent nutzen, ohne dass die einzelnen Laute davon direkt betroffen sind, werden als Prosodie zusammengefasst. Gemeint ist damit, dass es für die Funktion der Laute keine Bedeutung hat, wie Quantität, Tonheit und Druckakzent auf das Wort oder den Satz angewendet werden. Als Beispiel können wir einen deutsche Fragesatz nehmen, wie "Hast du heute schon gegessen?". Hier wird die Tonhöhe am Ende des Satzes angehoben, aber die Laute bleiben die gleichen. Die Veränderung der Tonhöhe hat also keinen Einfluss darauf, welche Laute wir hören. In einigen Sprachen gibt es aber durchaus Tonhöhendifferenzen, die die Laute selbst betreffen. Es macht einen klaren Bedeutungsunterschied, ob der Pekinger "mā" mit einem gleichbleibenden hohen Ton sagt oder "mǎ", bei dem der Ton zuerst fällt um dann wieder zu steigen. Im ersten Fall ist die Mutter gemeint, im zweiten würdest du sie beleidigen, da damit ein Pferd bezeichnet wird. Wobei noch angemerkt werden muss, dass sich Töne immer nur im Silbenkern niederlassen*, was für die meisten Sprachen bedeutet, dass es grundsätzlich Vokale sind, die die Töne tragen.
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In allen Sprachen wird die Tonheit genutzt, um bestimmte Strukturen der Sprache kenntlich zu machen und zu betonen. Alle Phänomene, die Quantität, Tonheit oder Druckakzent nutzen, ohne dass die einzelnen Laute davon direkt betroffen sind, werden als '''Prosodie''' zusammengefasst. Gemeint ist damit, dass es für die Funktion der Laute keine Bedeutung hat, wie Quantität, Tonheit und Druckakzent auf das Wort oder den Satz angewendet werden.  
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Als Beispiel können wir einen deutsche Fragesatz nehmen, wie "Hast du heute schon gegessen?". Hier wird die Tonhöhe am Ende des Satzes angehoben, aber die Laute bleiben die gleichen. Die Veränderung der Tonhöhe hat also keinen Einfluss darauf, welche Laute wir hören. In vielen anderen Sprachen gibt es aber durchaus Tonhöhendifferenzen, die die Laute selbst betreffen. Es macht einen klaren Bedeutungsunterschied, ob man in Peking "mā" mit einem gleichbleibenden hohen Ton sagt oder "mǎ", bei dem der Ton zuerst fällt, um dann wieder zu steigen. Im ersten Fall ist die Mutter gemeint, im zweiten würdest du sie beleidigen, da mit dem Wort ein Pferd bezeichnet wird. Wobei noch angemerkt werden muss, dass sich Töne immer nur im Silbenkern niederlassen*, was für die meisten Sprachen bedeutet, dass es grundsätzlich Vokale sind, die die Töne tragen.
  
Die Unterschiede zwischen den sogenannten Tonsprachen können dabei von einem einfachen System mit zwei Oppositionen, z. B. hoch vs. tief bis hin zu einem System mit fünf oder mehr unterscheidbaren Tonstufen gehen, wobei die Töne nicht nur auf einer Tonstufe liegen müssen, sondern auch noch Veränderungen darstellen können, wie z. B. fallender Ton oder steigender Ton. Bei einfachen Systemen, die nur zwischen zwei Oppositionen unterscheiden, werden diese Oppositionen als Akzent bezeichnet. Dabei ist meistens ein Grundton vorhanden, der von den Sprechern als ohne Akzent wahrgenommen wird, und ein Akzentton, also das, was gefühlt seltener auftaucht. Wobei "gefühlt" nicht bedeutet, dass dies auch tatsächlich der Fall ist. Jedenfalls ist es schwer zu sagen, ob eine Sprache nur über Tonakzente verfügt, oder ein ausgebildetes Tonsystem hat. Die Definitionen sind unterschiedlich, sodass beispielsweise das Mittelfränkisch je nach Definition eine Tonakzentsprache ist, oder doch schon eine Tonsprache. Sogar beides ist möglich, wenn man die Tonakzentsprachen als eine Gruppe innerhalb der Tonsprachen betrachtet. Was das Mittelfränkisch so besonders macht? Es gibt zwei Töne, die allerdings nur bei langen Vokalen unterschieden werden und sich dort aber ganz Unterschiedlich verhalten, je nachdem, was um sie herum ist, also z. B. welche Laute und Wörter den Vokal umgeben und in was für einem Satz sie zu finden sind. Wir haben hier also eine Opposition zwischen zwei Akzenten bei langen Vokalen und nicht-akzentuierten kurzen Vokalen und die zwei Akzente benehmen sich auch noch in jeder Situation anders.
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Die Unterschiede zwischen den sogenannten Tonsprachen können dabei von einem einfachen System mit zwei Oppositionen, z.B. hoch vs. tief, bis hin zu einem System mit fünf oder mehr unterscheidbaren Tonstufen gehen, wobei die Töne nicht nur auf einer Tonstufe liegen müssen, sondern auch noch Veränderungen darstellen können, wie z.B. fallender Ton oder steigender Ton. Bei einfachen Systemen, die nur zwischen zwei Oppositionen unterscheiden, werden diese Oppositionen als Akzent bezeichnet. Dabei ist meistens ein Grundton vorhanden, der von den Sprechern als ohne Akzent wahrgenommen wird, und ein Akzentton, also das, was gefühlt seltener auftaucht. Wobei "gefühlt" nicht bedeutet, dass dies auch tatsächlich der Fall ist. Jedenfalls ist es schwer zu sagen, ob eine Sprache nur über Tonakzente verfügt, oder ein ausgebildetes Tonsystem hat. Die Definitionen sind unterschiedlich, so dass beispielsweise das Mittelfränkische je nach Definition eine Tonakzentsprache ist, oder doch schon eine Tonsprache. Sogar beides ist möglich, wenn man die Tonakzentsprachen als eine Gruppe innerhalb der Tonsprachen betrachtet. Was das Mittelfränkisch so besonders macht? Es gibt zwei Töne, die allerdings nur bei langen Vokalen unterschieden werden und sich dort aber ganz unterschiedlich verhalten, je nachdem, was um sie herum ist, also z.B. welche Laute und Wörter den Vokal umgeben und in was für einem Satz sie zu finden sind. Wir haben hier also eine Opposition zwischen zwei Akzenten bei langen Vokalen und nicht-akzentuierten kurzen Vokalen, und die zwei Akzente benehmen sich auch noch in jeder Situation anders.
  
Aber zurück zu den Tönen. Beim Mandarin-Chinesisch, wie es die Pekinger sprechen, haben wir gesehen, dass der Ton innerhalb eines Vokals in der Höhe variiert. Er kann steigen, fallen, fallen und dann wieder steigen, sowie einfach hoch sein. Den neutralen Ton mal ausgenommen, kennt das Mandarin also vier Töne, von denen sich drei dadurch auszeichnen, dass sie sich in der Tonhöhe verändern. Diese Töne werden Konturtöne genannt, während gleichbleibende Töne, wie der hohe Ton in "mā" (Mutter) als Leveltöne bezeichnet werden. Sprachen, in denen mehrere Konturtöne zu finden sind, haben oft nicht so viele Tonstufen und kommen überwiegend in Asien vor, während Sprachen mit vielen Tonstufen kaum Konturtöne aufweisen und hauptsächlich in Afrika zu finden sind, wobei das nur eine grobe Pi-mal-Daumen-Unterteilung ist. Allerdings hilft das, um zu erklären, warum es zwei verschiedene Akzentschreibarten für Töne gibt, die einen schonmal durcheinander bringen können: So benutzen asiatische Forscher die Akzente, um die Kontur darzustellen: á ist demnach ein steigender Ton, während à einen fallenden Ton darstellt. Die afrikanischen Forscher sagen dagegen, dass á ein hoher Ton und à ein tiefer Ton ist. Wie du das in deiner Sprache umsetzt, solltest du also daran fest machen, ob deine Sprache eher eine Levelton- oder eine Konturtonsprache ist. Guck dir die Möglichkeiten an und entscheide selbst, wie es für dich am besten aussieht:
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Aber zurück zu den Tönen. Beim Mandarin-Chinesisch, wie es in Peking gesprochen wird, haben wir gesehen, dass der Ton innerhalb eines Vokals in der Höhe variiert. Er kann steigen, fallen, fallen und dann wieder steigen, sowie einfach hoch sein. Den neutralen Ton mal ausgenommen, kennt das Mandarin also vier Töne, von denen sich drei dadurch auszeichnen, dass sie sich in der Tonhöhe verändern. Diese Töne werden Konturtöne genannt, während gleichbleibende Töne, wie der hohe Ton in "mā" (Mutter) als Leveltöne bezeichnet werden. Sprachen, in denen mehrere Konturtöne zu finden sind, haben oft nicht so viele Tonstufen und kommen überwiegend in Asien vor, während Sprachen mit vielen Tonstufen kaum Konturtöne aufweisen und hauptsächlich in Afrika zu finden sind, wobei das nur eine grobe Pi-mal-Daumen-Unterteilung ist. Allerdings hilft das, um zu erklären, warum es zwei verschiedene Akzentschreibarten für Töne gibt, die einen schonmal durcheinander bringen können: So benutzen asiatische Forscher die Akzente, um die Kontur darzustellen: á ist demnach ein steigender Ton, während à einen fallenden Ton darstellt. Die afrikanischen Forscher sagen dagegen, dass á ein hoher Ton und à ein tiefer Ton ist. Wie du das in deiner Sprache umsetzt, solltest du also daran fest machen, ob deine Sprache eher eine Levelton- oder eine Konturtonsprache ist. Guck dir die Möglichkeiten an und entscheide selbst, wie es für dich am besten aussieht:
 
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Das IPA orientiert sich dabei nach dem afrikanischen System und kennt auch noch Zeichen für hohe [e ᷄] und tiefe steigende [e ᷅], sowie für hohe [e ᷆] und tiefe fallende [e ᷇] Töne. Daran lässt sich schon erkennen, wie komplex tonale Systeme sein können. Aber um das noch komplizierter zu machen, mischen einige Sprachen auch noch die Knarrstimme hinein oder lassen einen Ton mit einem Verschluss der Stimmlippen enden. Auch schonmal beides zusammen, wie in der vietnamesischen Sprache. Darüber hinaus kennen einige Sprachen auch einen neutralen Ton, eine Einheit ohne Ton. Natürlich muss ein Laut auch einen Ton haben, sonst könnten wir ihn ja nicht hören, nur holt sich der Laut mit dem neutralen Ton seinen Ton aus der Umgebung. Er entscheidet sich, ob er sich anziehen soll, wie sein Vordermann oder sein Nachfolger.
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Das IPA orientiert sich dabei an dem afrikanischen System und kennt auch noch Zeichen für hohe [e ᷄] und tiefe steigende [e ᷅], sowie für hohe [e ᷆] und tiefe fallende [e ᷇] Töne. Daran lässt sich schon erkennen, wie komplex tonale Systeme sein können. Aber um das noch komplizierter zu machen, mischen einige Sprachen auch noch die Knarrstimme hinein oder lassen einen Ton mit einem Verschluss der Stimmlippen enden. Oder sogar beides zusammen, wie in der vietnamesischen Sprache. Darüber hinaus kennen einige Sprachen auch einen neutralen Ton, eine Einheit ohne Ton. Natürlich muss ein Laut auch einen Ton haben, sonst könnten wir ihn ja nicht hören, nur holt sich der Laut mit dem neutralen Ton seinen Ton aus der Umgebung. Er entscheidet sich, ob er sich anziehen soll wie sein Vordermann oder wie sein Nachfolger.
  
 
<small>* Das ist eigentlich nicht ganz richtig. Vielmehr gibt es eine sprachspezifische tontragende Einheit, die meistens die Silbe betrifft, aber auch etwas anders funktionieren kann. Wie genau, dazu kommen wir im Kapitel über Silbenstrukturen zurück, da man dafür wissen muss, wie die Silbe funktioniert. </small>
 
<small>* Das ist eigentlich nicht ganz richtig. Vielmehr gibt es eine sprachspezifische tontragende Einheit, die meistens die Silbe betrifft, aber auch etwas anders funktionieren kann. Wie genau, dazu kommen wir im Kapitel über Silbenstrukturen zurück, da man dafür wissen muss, wie die Silbe funktioniert. </small>

Version vom 22. Juli 2013, 09:40 Uhr

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