Das menschliche Lautinventar

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K (Artikulation: kleine Korrekturen und Verdeutlichungen)
K (Besondere Laute im Porträt)
 
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{{fehlt|siehe in den einzelnen Kapiteln}}
 
== Artikulation ==
 
== Artikulation ==
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{{fehlt|Das Bild eines Spektogramms von einem Vokal}}
 
Wenn wir sprechen, geben wir Laute von uns. Zumindest meistens. Es gibt natürlich auch Sprachen, die anders funktionieren, nämlich über Zeichen und Mimik. Die Gebärdensprachen. Andere Möglichkeiten sind zumindest theoretisch denkbar, wie etwa durch Farbveränderungen, eine Art der Kommunikation, wie sie bei den Tintenfischen verwendet wird. Aber die werden in diesem Kapitel ausgespart. Eine besondere Gruppe von Sprachen auf Lautebene sind die Pfeifsprachen, die vor allem in bergigen Regionen zu finden sind. Wie sie genau funktionieren, weiß ich leider nicht. Also bleibt die größte Gruppe an Sprachen, nämlich die gesprochenen.
 
Wenn wir sprechen, geben wir Laute von uns. Zumindest meistens. Es gibt natürlich auch Sprachen, die anders funktionieren, nämlich über Zeichen und Mimik. Die Gebärdensprachen. Andere Möglichkeiten sind zumindest theoretisch denkbar, wie etwa durch Farbveränderungen, eine Art der Kommunikation, wie sie bei den Tintenfischen verwendet wird. Aber die werden in diesem Kapitel ausgespart. Eine besondere Gruppe von Sprachen auf Lautebene sind die Pfeifsprachen, die vor allem in bergigen Regionen zu finden sind. Wie sie genau funktionieren, weiß ich leider nicht. Also bleibt die größte Gruppe an Sprachen, nämlich die gesprochenen.
  
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== Wie bilde ich Laute? ==
 
== Wie bilde ich Laute? ==
Nun aber genug der trockenen Theorie. Um eine Sprache zu erschaffen, sollte man auch ein Gefühl dafür bekommen, wie sich gewisse Laute aussprechen lassen und wie sie sich anhören. Auch wenn man eine Sprache entwickelt, die von Wesen gesprochen werden soll, deren Sprechapparat anders aufgebaut ist, als bei (irdischen) Menschen, ist es sinnvoll, ein Gefühl dafür zu bekommen, was mit unserer Anatomie wie gut geht.<br>
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{{fehlt|"Klicklaute und Ejektive", "Töne" (siehe auch [[Wie Sprachen Laute benutzen]]) und "Der Klang der Sprache"}}
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Nun aber genug der trockenen Theorie. Um eine Sprache zu erschaffen, sollte man auch ein Gefühl dafür bekommen, wie sich gewisse Laute aussprechen lassen und wie sie sich anhören. Auch wenn man eine Sprache entwickelt, die von Wesen gesprochen werden soll, deren Sprechapparat anders aufgebaut ist als bei (irdischen) Menschen, ist es sinnvoll, ein Gefühl dafür zu bekommen, was mit unserer Anatomie wie gut geht.
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Mache zu den Übungen auch Aufnahmen, wenn du die Technik dafür hast, damit du auch hören kannst, wie die Laute für andere klingen. Außerdem kannst so du üben, Unterschiede zu hören, die dein Gehirn sonst ausblenden würde.
 
Mache zu den Übungen auch Aufnahmen, wenn du die Technik dafür hast, damit du auch hören kannst, wie die Laute für andere klingen. Außerdem kannst so du üben, Unterschiede zu hören, die dein Gehirn sonst ausblenden würde.
  
 
=== Lunge ===
 
=== Lunge ===
Fangen wir mit der Lunge an. Wir können (ingressiv) einatmen und (egressiv) ausatmen (wäre auch schlecht, wenn nicht). Natürlich können wir auch Geräusche erzeugen, ohne zu atmen, aber das Atmen bietet uns die Möglichkeit deutlich mehr Laute zu erzeugen. Vokale wären sonst beispielsweise nicht möglich.
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Fangen wir mit der Lunge an. Wir können (ingressiv) einatmen und (egressiv) ausatmen (wäre auch schlecht, wenn nicht). Natürlich können wir auch Geräusche erzeugen, ohne zu atmen, aber das Atmen bietet uns die Möglichkeit, deutlich mehr Laute zu erzeugen. Vokale wären sonst beispielsweise nicht möglich.
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Und genau da fängst du nun an: Sag 'a' und atme dabei einmal aus (das ist die normale Aussprache) und einmal ein. Wenn du jetzt einen Text einmal normal, also egressiv spricht und einmal ingressiv, stellst du fest, dass es anstrengender ist, Laute ingressiv zu erzeugen. Deshalb gibt es solche Laute auch eher selten. Die meisten Sprachen, wie etwa Deutsch, verzichten sogar ganz darauf.
 
Und genau da fängst du nun an: Sag 'a' und atme dabei einmal aus (das ist die normale Aussprache) und einmal ein. Wenn du jetzt einen Text einmal normal, also egressiv spricht und einmal ingressiv, stellst du fest, dass es anstrengender ist, Laute ingressiv zu erzeugen. Deshalb gibt es solche Laute auch eher selten. Die meisten Sprachen, wie etwa Deutsch, verzichten sogar ganz darauf.
  
 
=== Orte ===
 
=== Orte ===
 
Eine gute Übung ist, wenn du einfach mal die Artikulationsorte durchgehst.
 
Eine gute Übung ist, wenn du einfach mal die Artikulationsorte durchgehst.
# Zuerst sprichst du z. B. ein 'e', während sich deine Lippen immer weiter zueinander hin bewegen, bis ein Rauschen entsteht. Mach dies auch einmal mit gerundeten Lippen. Merkst du den Unterschied? Wenn nicht, dann nimm es auf und hör, ob du die zwei Laute so unterscheiden kannst. Übe dies, bis du die zwei Laute voneinander unterscheiden kannst. Als nächstes kannst du dann die Lippen schließen, sodass keine Luft mehr durch den Mund strömen kann. Lässt du alles locker, wird die Luft über den Nasenraum entweichen, ein 'm' entsteht. Lässt du die Luft jedoch nicht durch die Nase, hört auch die Stimme auf, zu vibrieren, wenn keine Luft mehr in den Mundraum strömen kann. Öffnest du die Lippen aber frühzeitig, hast du ein stimmhaftes 'b' erzeugt. Das Ganze kannst du dann nochmal ohne Stimme wiederholen.<br>Damit dürftest du ein Gefühl für den Unterschied zwischen stimmhaften und stimmlosen Frikativen, Plosiven und Nasalen haben. Stimmlose Nasale kommen übrigens sehr selten vor. Spätestens wenn du deinen Nasal aufnimmst und anhörst, wird dir klar, warum.
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# Zuerst sprichst du z. B. ein 'e', während sich deine Lippen immer weiter zueinander hin bewegen, bis ein Rauschen entsteht. Mach dies auch einmal mit gerundeten Lippen, also mit einem 'ö'. Merkst du den Unterschied? Wenn nicht, dann nimm es auf und hör, ob du die zwei Laute so unterscheiden kannst. Übe dies, bis du die zwei Laute voneinander unterscheiden kannst. Als nächstes kannst du dann die Lippen schließen, sodass keine Luft mehr durch den Mund strömen kann. Lässt du alles locker, wird die Luft über den Nasenraum entweichen, ein 'm' entsteht. Lässt du die Luft jedoch nicht durch die Nase, hört auch die Stimme auf zu vibrieren, wenn keine Luft mehr in den Mundraum strömen kann. Öffnest du die Lippen aber frühzeitig, hast du ein stimmhaftes 'b' erzeugt. Das Ganze kannst du dann nochmal ohne Stimme wiederholen.<br>Damit dürftest du ein Gefühl für den Unterschied zwischen stimmhaften und stimmlosen Frikativen, Plosiven und Nasalen haben. Stimmlose Nasale kommen übrigens sehr selten vor. Spätestens wenn du deinen Nasal aufnimmst und anhörst, wird dir klar, warum.
# Als nächstes benutzt du deine Zungenspitze, die du zuerst an die Oberlippe legst und dort einen Frikativ bildest. Dann gehst du weiter zu den oberen Schneidezähnen. Die Zunge rutscht nun weiter über Zahndamm zum harten Gaumen. Dabei krümmt sich die Zunge. Wenn sie sich soweit gekrümmt hat, dass sie sozusagen zurückgeklappt ist, erzeugst du einen sogenannten retroflexen Laut. Mach dies ganz langsam, damit du alle Laute auch gut wahrnehmen kannst. Auch hier wieder die Übung einmal stimmhaft und einmal stimmlos wiederholen.<br>Wie du merkst, kann es eigentlich auch unendlich viele Laute zwischen den in der IPA-Tabelle aufgelisteten geben. Da unser Gehör jedoch nicht so präzise ist, nehmen wir nicht alle Nuancen wahr. Dazu kommt, dass unser Gehirn bestimmte Lautgruppen einfach zusammen zieht, sodass wir diese nicht auseinander halten können, selbst wenn unser Gehör dazu eigentlich in der Lage wäre.
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# Als nächstes benutzt du deine Zungenspitze, die du zuerst an die Oberlippe legst und dort einen Frikativ bildest. Dann gehst du weiter zu den oberen Schneidezähnen. Die Zunge rutscht nun weiter über Zahndamm zum harten Gaumen. Dabei krümmt sich die Zunge. Wenn sie sich soweit gekrümmt hat, dass sie sozusagen zurückgeklappt ist, erzeugst du einen sogenannten retroflexen Laut. Mach dies ganz langsam, damit du alle Laute auch gut wahrnehmen kannst. Auch hier wieder die Übung einmal stimmhaft und einmal stimmlos wiederholen.<br>Wie du merkst, kann es eigentlich auch unendlich viele Laute zwischen den in der IPA-Tabelle aufgelisteten geben. Da unser Gehör jedoch nicht so präzise ist, nehmen wir nicht alle Nuancen wahr. Dazu kommt, dass unser Gehirn bestimmte Lautgruppen einfach zusammen zieht, sodass wir diese nicht auseinander halten können, selbst wenn unser Gehör dazu eigentlich in der Lage wäre.
 
# Nun legen wir die Zungenspitze an den unteren Schneidezähnen ab. Produzier so ein 's' (ja das geht wirklich). Schiebe dann den Unterkiefer etwas nach vorne. Dadurch klingt der neue Laut etwas anders. Lass nun die Engstelle weiter nach hinten wandern. Wieder ganz langsam, damit du die Laute auch gut wahrnehmen kannst. Dabei veränderst du sowohl die Artikulationsstelle, als auch den Artikulator. Anders wär es auch ziemlich schwierig, aber wenn du willst kannst du gerne versuchen den Artikulator beizubehalten. (Falls du den theoretischen Teil übersprungen hast und mit dem Begriff Artikulator nichts anfangen kannst: damit ist in diesem Fall die Stelle der Zunge gemeint, mit der du die Engstelle im Mund bildest.) Versuche bei der Übung soweit runter zu kommen, wie möglich, auch wenn es dir ganz hinten unangenehm erscheint. Einige Sprachen, wie Arabisch verwenden diese Laute tatsächlich.<br>Vergiss nicht, die Übung ebenfalls stimmhaft und stimmlos durchzugehen.
 
# Nun legen wir die Zungenspitze an den unteren Schneidezähnen ab. Produzier so ein 's' (ja das geht wirklich). Schiebe dann den Unterkiefer etwas nach vorne. Dadurch klingt der neue Laut etwas anders. Lass nun die Engstelle weiter nach hinten wandern. Wieder ganz langsam, damit du die Laute auch gut wahrnehmen kannst. Dabei veränderst du sowohl die Artikulationsstelle, als auch den Artikulator. Anders wär es auch ziemlich schwierig, aber wenn du willst kannst du gerne versuchen den Artikulator beizubehalten. (Falls du den theoretischen Teil übersprungen hast und mit dem Begriff Artikulator nichts anfangen kannst: damit ist in diesem Fall die Stelle der Zunge gemeint, mit der du die Engstelle im Mund bildest.) Versuche bei der Übung soweit runter zu kommen, wie möglich, auch wenn es dir ganz hinten unangenehm erscheint. Einige Sprachen, wie Arabisch verwenden diese Laute tatsächlich.<br>Vergiss nicht, die Übung ebenfalls stimmhaft und stimmlos durchzugehen.
 
# Die beiden vorangegangenen Übungen kannst du auch mit Plosiven und Nasalen und vielleicht auch ingressiv durchspielen. Damit hast du schon die meisten Konsonanten produziert, die es in den Sprachen der Erde gibt.
 
# Die beiden vorangegangenen Übungen kannst du auch mit Plosiven und Nasalen und vielleicht auch ingressiv durchspielen. Damit hast du schon die meisten Konsonanten produziert, die es in den Sprachen der Erde gibt.
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=== Liquide & Co. ===
 
=== Liquide & Co. ===
 
Eigentlich sind das gleich mehrere Gruppen von Lauten, die aber hin und wieder zusammengefasst werden. Unter den Liquiden werden in der Regel Laterale und r-Laute zusammengefasst, aber auch Approximanten werden manchmal darunter gefasst. Wir haben also unterschiedliche Lautgruppen, die anatomisch teilweise einfach gar nichts miteinander zu tun haben.
 
Eigentlich sind das gleich mehrere Gruppen von Lauten, die aber hin und wieder zusammengefasst werden. Unter den Liquiden werden in der Regel Laterale und r-Laute zusammengefasst, aber auch Approximanten werden manchmal darunter gefasst. Wir haben also unterschiedliche Lautgruppen, die anatomisch teilweise einfach gar nichts miteinander zu tun haben.
# Approximanten sind, wie weiter oben erwähnt Laute, die irgendwie zwischen Vokalen und Konsonanten liegen. Sprechen wir etwa ein 'u' und schließen dabei immer weiter die Lippen, haben wir irgendwo zwischen dem 'u' und dem Frikativ ein 'w' wie in englisch 'water'. Teilweise kann man auch sagen, dass Approximanten quasi konsonantische Vokale sind, denn wenn ein Vokal an eine Stelle rutscht, an der eigentlich ein Konsonant stehen müsste, entsteht dort fast schon automatisch ein Approximant. Wenn du beispielsweise das Wort "uas" siehst, gibt es (für deutsche Muttersprachler) zwei Möglichkeiten, es zu lesen. Die eine wäre, dass wir einen Glottalverschluss davor setzen und damit unser Problem beseitigen, oder wir sprechen es aus, als wäre es ein englisches 'w'. Überlege, wo so etwas in der deutschen Sprache passiert. (Auflösung: Häufig bei Pluralbildungen: Säue, Auen, Eier)<br>Andere Approximanten haben aber eher weniger mit Vokalen zu tun. Sprich das Wort 'awas' einmal schnell und locker aus. Bei den meisten werden sich Lippe und Zähne gar nicht so nahe kommen, als dass sie einen Frikativ bilden würden. Ersetze beim 'w' nun einfach mal durch die einzelnen Artikulationsstellen, wie du das auch schon in den Übungen zu den Orten gemacht hast. Außerdem kannst du die Zunge zurück ziehen (quasi verschlucken) um auch so Approximanten zu bilden.
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# Approximanten sind, wie weiter oben erwähnt, Laute, die irgendwie zwischen Vokalen und Konsonanten liegen. Sprechen wir etwa ein 'u' und schließen dabei immer weiter die Lippen, haben wir irgendwo zwischen dem 'u' und dem Frikativ ein 'w' wie in englisch "water". Teilweise kann man auch sagen, dass Approximanten quasi konsonantische Vokale sind, denn wenn ein Vokal an eine Stelle rutscht, an der eigentlich ein Konsonant stehen müsste, entsteht dort fast schon automatisch ein Approximant. Wenn du beispielsweise das Wort "uas" siehst, gibt es (für deutsche Muttersprachler) zwei Möglichkeiten, es zu lesen. Die eine wäre, dass wir einen Glottalverschluss davor setzen und damit unser Problem beseitigen, oder wir sprechen es aus, als wäre es ein englisches 'w'. Überlege, wo so etwas in der deutschen Sprache passiert. (Auflösung: Häufig bei Pluralbildungen: Säue, Auen, Eier)<br>Andere Approximanten haben aber eher weniger mit Vokalen zu tun. Sprich das Wort 'awas' einmal schnell und locker aus. Bei den meisten werden sich Lippe und Zähne gar nicht so nahe kommen, als dass sie einen Frikativ bilden würden. Ersetze beim 'w' nun einfach mal durch die einzelnen Artikulationsstellen, wie du das auch schon in den Übungen zu den Orten gemacht hast. Außerdem kannst du die Zunge zurück ziehen (quasi verschlucken) um auch so Approximanten zu bilden.
 
# Bei den Lateralen gelangt die Luft seitlich an der Zunge vorbei. Es gibt auch hier Approximanten, wie unser 'l', Frikative und Plosive, auch wenn die Plosive nicht in der IPA-Tabelle auftauchen. Als erste Teil-Übung für die Lateralen kannst du die Orte durchgehen, wie in der entsprechenden Übung oben.<br>Bei den Artikulationsorten, die in der zweiten Übung der Orte behandelt werden, kannst du noch zusätzlich den Zungenrücken weiter nach unten schieben. Wenn du ein im deutschen Sprachraum übliches 'l' aussprichst, liegt ein Teil der vorderen Zunge auf dem Zahndamm. Schiebst du nun den Zungenrücken nach unten, berührt schließlich nur noch die Zungenspitze den Zahndamm. Das kannst du dir so vorstellen, als stündest du auf den Fußballen und würdest dich nun auf die Zehen(spitzen) stellen.<br>Nun kannst du dir einen beliebigen Text nehmen und ihn so vorlesen, als wäre die Zungenspitze an einem Artikulationsort festgewachsen. Sprich die Wörter ruhig mehrmals aus, um dir klar zu werden, was du da eigentlich machst. Lies den Text jeweils mit der Zunge an verschiedenen Orten.
 
# Bei den Lateralen gelangt die Luft seitlich an der Zunge vorbei. Es gibt auch hier Approximanten, wie unser 'l', Frikative und Plosive, auch wenn die Plosive nicht in der IPA-Tabelle auftauchen. Als erste Teil-Übung für die Lateralen kannst du die Orte durchgehen, wie in der entsprechenden Übung oben.<br>Bei den Artikulationsorten, die in der zweiten Übung der Orte behandelt werden, kannst du noch zusätzlich den Zungenrücken weiter nach unten schieben. Wenn du ein im deutschen Sprachraum übliches 'l' aussprichst, liegt ein Teil der vorderen Zunge auf dem Zahndamm. Schiebst du nun den Zungenrücken nach unten, berührt schließlich nur noch die Zungenspitze den Zahndamm. Das kannst du dir so vorstellen, als stündest du auf den Fußballen und würdest dich nun auf die Zehen(spitzen) stellen.<br>Nun kannst du dir einen beliebigen Text nehmen und ihn so vorlesen, als wäre die Zungenspitze an einem Artikulationsort festgewachsen. Sprich die Wörter ruhig mehrmals aus, um dir klar zu werden, was du da eigentlich machst. Lies den Text jeweils mit der Zunge an verschiedenen Orten.
 
# Für Taps, Flaps und Vibranten ist es wichtig, dass du schon ein gewisses Gefühl für den Mundraum entwickelt hast, was du jetzt auch haben solltest, wenn du die Übungen oben alle gemacht hast. Die drei Lautgruppen zeichnen sich durch kurze Anschläge eines Artikulators an einem Artikulationsort aus. Im Gegensatz zu den Vibranten, bei denen mehrere Anschläge schnell aufeinander folgen, gibt es bei Taps und Flaps nur einen Anschlag. Der Unterschied zwischen Taps und Flaps wiederum besteht darin, in welche Richtung sich der Artikulator dabei bewegt. Bei einem Tap bewegt er sich von außen nach innen und bei einem Flap genau umgekehrt, also von innen nach außen.
 
# Für Taps, Flaps und Vibranten ist es wichtig, dass du schon ein gewisses Gefühl für den Mundraum entwickelt hast, was du jetzt auch haben solltest, wenn du die Übungen oben alle gemacht hast. Die drei Lautgruppen zeichnen sich durch kurze Anschläge eines Artikulators an einem Artikulationsort aus. Im Gegensatz zu den Vibranten, bei denen mehrere Anschläge schnell aufeinander folgen, gibt es bei Taps und Flaps nur einen Anschlag. Der Unterschied zwischen Taps und Flaps wiederum besteht darin, in welche Richtung sich der Artikulator dabei bewegt. Bei einem Tap bewegt er sich von außen nach innen und bei einem Flap genau umgekehrt, also von innen nach außen.
 
##Zuerst machen wir ein paar Lockerungsübungen: Fang damit an, ganz schnell 'lala' ein paar mal zu wiederholen. Bieg die Zunge dann nach hinten und streck sie wieder aus. Versuch dabei immer schneller zu werden. Als nächstes schlägst du die Zunge dann beim ein und ausklappen gegen die Oberlippe. Hört sich eigenartig an, und die Gesichter der Leute sind ganz lustig, wenn du das in der Straßenbahn machst. Die letzte Lockerungsübung geht seitwärts. Dafür legst du die Zungenspitze zunächst an die Seite deiner Lippen (ob rechts oder links ist egal) und schlägst dann ganz schnell zur anderen Seite rüber. Wiederhole das ein mehrmals ohne Pause dazwischen.
 
##Zuerst machen wir ein paar Lockerungsübungen: Fang damit an, ganz schnell 'lala' ein paar mal zu wiederholen. Bieg die Zunge dann nach hinten und streck sie wieder aus. Versuch dabei immer schneller zu werden. Als nächstes schlägst du die Zunge dann beim ein und ausklappen gegen die Oberlippe. Hört sich eigenartig an, und die Gesichter der Leute sind ganz lustig, wenn du das in der Straßenbahn machst. Die letzte Lockerungsübung geht seitwärts. Dafür legst du die Zungenspitze zunächst an die Seite deiner Lippen (ob rechts oder links ist egal) und schlägst dann ganz schnell zur anderen Seite rüber. Wiederhole das ein mehrmals ohne Pause dazwischen.
##Der häufigste Tap ist der, der am Zahndamm gebildet wird und einem sehr kurz gesprochenen 'd' ähnelt. Um diesen zu üben kannst du das Wort "gdaas" ganz schnell mehrfach wiederholen. Irgendwann dürfte es klingen, als würdest du "Gras" sagen, nur eben mit einem Tap, anstelle des 'r'. Für den Flap an gleicher Stelle sprichst du das 'g' mit einer nach hinten gebogenen Zunge aus (retroflex) und versuchst wieder das Wörtchen "gdaas" ganz schnell und oft zu wiederholen. Übe diese beiden Laute am besten solange bis du sie wirklich kannst, bevor du dich an die nächste Teilübung begibst.
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##Der häufigste Tap ist der, der am Zahndamm gebildet wird und einem sehr kurz gesprochenen 'd' ähnelt. Um diesen zu üben, kannst du das Wort "gdaas" ganz schnell mehrfach wiederholen. Irgendwann dürfte es klingen, als würdest du "Gras" sagen, nur eben mit einem Tap, anstelle des 'r'. Für den Flap an gleicher Stelle sprichst du das 'g' mit einer nach hinten gebogenen Zunge aus (retroflex) und versuchst wieder das Wörtchen "gdaas" ganz schnell und oft zu wiederholen. Übe diese beiden Laute am besten solange bis du sie wirklich kannst, bevor du dich an die nächste Teilübung begibst.
 
##Änder das 'd' in "gdaas" nun ab, sodass du das Ganze an den Zähnen und an der Oberlippe durchspielst (natürlich nacheinander). Diese Übung ist schwerer als die vorherige, also nicht gleich aufgeben, wenn es nicht auf anhieb klappt und du deine Zunge verhedderst.
 
##Änder das 'd' in "gdaas" nun ab, sodass du das Ganze an den Zähnen und an der Oberlippe durchspielst (natürlich nacheinander). Diese Übung ist schwerer als die vorherige, also nicht gleich aufgeben, wenn es nicht auf anhieb klappt und du deine Zunge verhedderst.
 
# Besonders schwer zu erlernen sind die Vibranten, von denen zwei besonders häufig auftauchen, das Zäpfchen-r und das Zungenspitzen-r (am Zahndamm). Vorweg solltest du wissen, dass es Wochen oder sogar Monate dauern kann, bis du diese Laute tatsächlich produzieren kannst. Auch bei Muttersprachlern sind es die mit Abstand letzten Laute, die das Kind aussprechen kann (abgesehen von Klicks).<br>[... hier kommt noch was ...]
 
# Besonders schwer zu erlernen sind die Vibranten, von denen zwei besonders häufig auftauchen, das Zäpfchen-r und das Zungenspitzen-r (am Zahndamm). Vorweg solltest du wissen, dass es Wochen oder sogar Monate dauern kann, bis du diese Laute tatsächlich produzieren kannst. Auch bei Muttersprachlern sind es die mit Abstand letzten Laute, die das Kind aussprechen kann (abgesehen von Klicks).<br>[... hier kommt noch was ...]
  
 
=== Plosive ===
 
=== Plosive ===
Plosive sind besonders vielseitige Laute, die sehr variantenreich sein können. Während sich Deutsche auf die Unterscheidung zwischen nicht aspiriert und aspiriert beschränken, gibt es andere Sprachen, die da deutlich feinere Unterschiede machen oder andere Aspekte beachten. Koreanisch beispielsweise unterscheidet zwischen stimmhaft, stimmlos unaspiriert und stimmlos aspiriert und der Spanier kennt überhaupt keine Aspiration (ja ich weiß, je nach Regiolekt stimmt das nicht unbedingt), sondern lediglich den Unterschied zwischen stimmhaft und stimmlos. Aber zu den möglichen Unterschieden der Plosive später mehr.<br>
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Plosive sind besonders vielseitige Laute, die sehr variantenreich sein können. Während sich Deutsche auf die Unterscheidung zwischen nicht aspiriert und aspiriert beschränken, gibt es andere Sprachen, die da deutlich feinere Unterschiede machen oder andere Aspekte beachten. Koreanisch beispielsweise unterscheidet zwischen stimmhaft, stimmlos unaspiriert und stimmlos aspiriert, und Spanisch kennt überhaupt keine Aspiration (ja ich weiß, je nach Regiolekt stimmt das nicht unbedingt), sondern lediglich den Unterschied zwischen stimmhaft und stimmlos. Aber zu den möglichen Unterschieden der Plosive später mehr.
Der Plosiv ist zunächst einmal nur ein Schließen und Öffnen des Vokaltraktes, während des Sprechens. Wenn die Stimmlippen vibrieren, wir also etwas stimmhaft aussprechen und dann den Vokaltrakt verschließen, hört die Stimme automatisch auf, weil es keinen Luftstrom mehr gibt, der die Stimmlippen zum Vibrieren bringen kann. Probier es aus. Welchen Artikulationsort du dafür wählst, ist erstmal egal, aber achte darauf, dass auch keine Luft durch die Nase entweichen kann, sonst produzierst du ein Nasal.<br>
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Die Stimme ist nicht sofort weg und wenn du direkt weiter sprichst, hörst du den Plosiv, den du gebildet hast (z. B. ein 'd' oder 'b'). Du hast damit einen stimmhaften Plosiv produziert. Lässt du aber die Stimme weg, dürftest du nur einen ganz schwachen, kaum hörbaren Laut wahrnehmen. Dieser Laut ist die eigentliche Plosion. Ziemlich leise, wie du festgestellt hast. Dass wir die Plosive trotzdem wahrnehmen können, liegt zum einen an der Stimme. Stimmhafte Plosive sind deutlich besser zu hören. Zum anderen aber an dem nachfolgenden Vokal, der sich an den Plosiv anpasst (vereinfacht gesprochen). Aber es gibt noch eine weiter Möglichkeit, einen Plosiv hörbar zu machen: die Aspiration. Dabei handelt es sich um eine Reibung, die knapp hinter dem Plosiv entsteht, wenn dieser geöffnet wird. Sprich ein paar stimmlose Plosive aus (z. B. 'k') und achte darauf. Nimm zum Vergleich auch stimmhafte Plosive und sprich sie auch mit diesem Reibegeräusch aus. Damit du wirklich einen stimmhaften Plosiv bildest, sprich einen Vokal (z. B. 'a') davor aus.
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Der Plosiv ist zunächst einmal nur ein Schließen und Öffnen des Vokaltrakts während des Sprechens. Wenn die Stimmlippen vibrieren, wir also etwas stimmhaft aussprechen und dann den Vokaltrakt verschließen, hört die Stimme automatisch auf, weil es keinen Luftstrom mehr gibt, der die Stimmlippen zum Vibrieren bringen kann. Probier es aus. Welchen Artikulationsort du dafür wählst, ist erstmal egal, aber achte darauf, dass auch keine Luft durch die Nase entweichen kann, sonst produzierst du ein Nasal.
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Die Stimme ist nicht sofort weg, und wenn du direkt weitersprichst, hörst du den Plosiv, den du gebildet hast (z. B. ein 'd' oder 'b'). Du hast damit einen stimmhaften Plosiv produziert. Lässt du aber die Stimme weg, dürftest du nur einen ganz schwachen, kaum hörbaren Laut wahrnehmen. Dieser Laut ist die eigentliche Plosion. Ziemlich leise, wie du festgestellt hast. Dass wir die Plosive trotzdem wahrnehmen können, liegt zum einen an der Stimme. Stimmhafte Plosive sind deutlich besser zu hören. Zum anderen aber an dem nachfolgenden Vokal, der sich an den Plosiv anpasst (vereinfacht gesprochen). Aber es gibt noch eine weitere Möglichkeit, einen Plosiv hörbar zu machen: die '''Aspiration'''. Dabei handelt es sich um eine Reibung, die knapp hinter dem Plosiv entsteht, wenn dieser geöffnet wird. Sprich ein paar stimmlose Plosive aus (z. B. 'k') und achte darauf. Nimm zum Vergleich auch stimmhafte Plosive und sprich sie auch mit diesem Reibegeräusch aus. Damit du wirklich einen stimmhaften Plosiv bildest, sprich einen Vokal (z. B. 'a') davor aus.
  
 
=== Vokaltrapez ===
 
=== Vokaltrapez ===
Nun gehen wir das Vokaltrapez durch. Du kannst es dir in der IPA-Tabelle ansehen. Einen Link dazu gibt es oben im Theorieteil "Artikulation". Es wird unterschieden zwischen vorne, zentral und hinten, zwischen geschlossen, mittig und offen, sowie zwischen gerundet und ungerundet. Wobei es bei den ersten beiden Unterscheidungen noch Zwischenstufen gibt. Gerundet oder ungerundet bezieht sich auf die Lippen. Bei o oder u beispielsweise werden die Lippen gerundet, während etwa bei einem i oder e ohne Lippenrundung gesprochen werden.
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Nun gehen wir das Vokaltrapez durch. Du kannst es dir in der IPA-Tabelle ansehen. Einen Link dazu gibt es oben im Theorieteil "Artikulation". Es wird unterschieden zwischen vorne, zentral und hinten, zwischen geschlossen, mittig und offen, sowie zwischen gerundet und ungerundet. Wobei es bei den ersten beiden Unterscheidungen noch Zwischenstufen gibt. Gerundet oder ungerundet bezieht sich auf die Lippen. Bei [o] oder [u] beispielsweise werden die Lippen gerundet, während etwa [i] oder [e] ohne Lippenrundung gesprochen werden.
# Aber fangen wir an, geschlossene und offene Vokale durchzugehen. [i] ist ein geschlossener Vokal, [e] ein halbgeschlossener und [ɛ] (= ä) ein halboffener. Das a ist offen. Wir können vom i zum ä kommen, indem wir lediglich den Mund (bzw. den Kiefer) immer weiter öffnen. Zum a kommen wir nicht wirklich, da unser deutsches a nicht dem a in der IPA entspricht, aber dazu gleich mehr.
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# Aber fangen wir an, geschlossene und offene Vokale durchzugehen. [i] ist ein geschlossener Vokal, [e] ein halbgeschlossener und [ɛ] (= 'ä') ein halboffener. Das [a] ist offen. Wir können vom [i] zum [ɛ] kommen, indem wir lediglich den Mund (bzw. den Kiefer) immer weiter öffnen. Zum [a] kommen wir nicht wirklich, da unser deutsches 'a' nicht ganz dem [a] in der IPA entspricht, aber dazu gleich mehr.
# Jetzt machen wir das ganze mit [y], [ø] und [œ]. Das entspricht unseren Buchstaben ü und ö. Auch hier können wir ohne Abstufung durch gehen. Der einzige Unterschied, den wir dabei gemacht haben, ist die Lippen dabei zu runden.
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# Jetzt machen wir das ganze mit [y], [ø] und [œ]. Das entspricht unseren Buchstaben 'ü' und 'ö'. Auch hier können wir ohne Abstufung durchgehen. Der einzige Unterschied, den wir dabei gemacht haben, ist die Lippen dabei zu runden.
# Das gleiche können wir auch mit [u], [o] und [ɔ] machen. Auch hier haben wir die Lippen gerundet. Sprich nun das u ganz normal und lass dann die Lippenrundung weg. Für Deutsche sind diese Laute ungewohnt, da sie in der deutschen Sprache nicht vorkommen.
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# Das gleiche können wir auch mit [u], [o] und [ɔ] machen. Auch hier haben wir die Lippen gerundet. Sprich nun das [u] ganz normal und lass dann die Lippenrundung weg. Für Deutsche sind diese Laute ungewohnt, da sie in der deutschen Sprache nicht vorkommen.
 
# Wir haben nun zum einen vordere und zum anderen hintere Laute gesprochen. Den Unterschied kannst du dir vielleicht am besten bei den Lauten [y] und [u] vor Augen führen. Auch hier kannst du ohne Abstufung vom einen zum anderen Laut gelangen. Dabei bewegt sich lediglich der Zungenrücken. Ob ein Laut vorne oder hinten ist, hängt also davon ab, wo der Zungenrücken ist.
 
# Wir haben nun zum einen vordere und zum anderen hintere Laute gesprochen. Den Unterschied kannst du dir vielleicht am besten bei den Lauten [y] und [u] vor Augen führen. Auch hier kannst du ohne Abstufung vom einen zum anderen Laut gelangen. Dabei bewegt sich lediglich der Zungenrücken. Ob ein Laut vorne oder hinten ist, hängt also davon ab, wo der Zungenrücken ist.
 
# Wiederhole das auch mit ungerundeten Lippen und öffne dann schrittweise deinen Mund.
 
# Wiederhole das auch mit ungerundeten Lippen und öffne dann schrittweise deinen Mund.
# Und jetzt die Preisfrage: Das deutsche a fehlt in der IPA-Tabelle. Wo müsste es zu finden sein? Vergleiche das a mit anderen Lauten. Versuche auch das [a] und das [ɑ] aus dem Trapez zu bilden.
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# Und jetzt die Preisfrage: Das deutsche 'a' fehlt in der IPA-Tabelle. Wo müsste es zu finden sein? Vergleiche das 'a' mit anderen Lauten. Versuche auch das [a] und das [ɑ] aus dem Trapez zu bilden.
  
 
=== Klicklaute und Ejektive ===
 
=== Klicklaute und Ejektive ===
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== Besondere Laute im Porträt ==
 
== Besondere Laute im Porträt ==
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{{fehlt|"Knarrstimme, Hauchstimme & Co.", weitere Unterscheidungen bei Plosiven (Länge, Implosive, Pränasalierung), Ejektive, Klicks, Laterale, r-Laute, Rachenlaute "Ein Laut, mehrere Orte", Beispiele zu Glottalverschluss, Öffnung/Formantabbiegungen und Aspiration/Präaspiration und ein Bild zur VOT }}
 
=== Schwa [ə] ===
 
=== Schwa [ə] ===
 
Verbreitung: 100%
 
Verbreitung: 100%
  
Der einzige Laut, der einen eigenen Namen bekommen hat, ist das Schwa. Und das hat seinen Grund. Das Schwa kommt in jeder (menschlichen) Sprache dieser Welt vor und zeigt doch immer wieder seine ganz besonderen Eigenarten. Es handelt sich dabei sozusagen um die Grundstellung des Sprechens. Ein Vokal der in keiner Hinsicht extrem ist, es sei denn, extrem unauffällig und extrem anpassungsfähig. Und genau da fängt der Spaß an. Das Schwa kennt eine Unzahl an Varianten, was vor allem daher kommt, dass dieser Laut besonders anpassungfähig ist und sich den umgebenden Lauten quasi unterwirft. Sieht man sich im Vokaltrapez die Mitte an, sieht man dort das Schwa und vier weitere Zeichen, die sich darum befinden. Es ist eine fast schon lächerlich kleine Auswahl, mit der nur ein Bruchteil der Varianten des Schwa dargestellt werden können. Ein Dialektforscher kann so schnell an die Grenzen des IPA gelangen, weil er sich einen Ast abbrechen muss, um mit diakritischen Zeichen das gehörte Schwa darzustellen.
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Der einzige Laut, der einen eigenen Namen bekommen hat, ist das Schwa. Und das hat seinen Grund. Das Schwa kommt in jeder (menschlichen) Sprache dieser Welt vor und zeigt doch immer wieder seine ganz besonderen Eigenarten. Es handelt sich dabei sozusagen um die Grundstellung des Sprechens. Ein Vokal der in keiner Hinsicht extrem ist, es sei denn extrem unauffällig und extrem anpassungsfähig. Und genau da fängt der Spaß an. Das Schwa kennt eine Unzahl an Varianten, was vor allem daher kommt, dass dieser Laut besonders anpassungfähig ist und sich den umgebenden Lauten quasi unterwirft. Sieht man sich im Vokaltrapez die Mitte an, sieht man dort das Schwa und vier weitere Zeichen, die sich darum befinden. Es ist eine fast schon lächerlich kleine Auswahl, mit der nur ein Bruchteil der Varianten des Schwa dargestellt werden können. Ein Dialektforscher kann so schnell an die Grenzen des IPA gelangen, weil er sich einen Ast abbrechen muss, um mit diakritischen Zeichen das gehörte Schwa darzustellen.
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Man könnte das Schwa auch als Nicht-Laut bezeichnen, denn in den meisten Sprachen ist es grundsätzlich unbetont. Manche Sprachen haben sogar noch zu dem üblichen Schwa-Laut zusätzliche Nicht-Laute, wie das deutsche Lehrer-Schwa [ɐ], das, wie der Name schon sagt, beispielsweise am Ende des Wortes "Lehrer" gesprochen wird. Es taucht an vielen Stellen auf, wo wir orthographisch ein "(e)r" stehen haben.
 
Man könnte das Schwa auch als Nicht-Laut bezeichnen, denn in den meisten Sprachen ist es grundsätzlich unbetont. Manche Sprachen haben sogar noch zu dem üblichen Schwa-Laut zusätzliche Nicht-Laute, wie das deutsche Lehrer-Schwa [ɐ], das, wie der Name schon sagt, beispielsweise am Ende des Wortes "Lehrer" gesprochen wird. Es taucht an vielen Stellen auf, wo wir orthographisch ein "(e)r" stehen haben.
  
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====Nasale====
 
====Nasale====
In den meisten Sprachen, finden sich Nasalkonsonanten, wie [n] oder [m]. Was zunächst auffällt, auch wenn man sich die IPA-Tabelle ansieht, ist, dass es scheinbar nur stimmhafte Nasale gibt. Das kann man sich auch denken, wenn man mal versucht, einen stimmlosen Nasal zu bilden. Aber es gibt dennoch Ausnahmen. Gar nicht so selten wie man glauben mag, kommen stimmlose Nasale als Allophone von Phonemen vor. Was ist das denn schon wieder? Was es damit genau auf sich hat, erfährst du im Kapitel "Wie Sprachen Laute benutzen". Soviel sei aber an dieser Stelle verraten: Sie werden meistens nicht als eigener Laut erkannt, weil sie nur als Teil (Allophon) einer sprachlichen Lauteinheit (den Phonemen) vorkommen. Stimmt nicht ganz. Birmanesisch ist eines der wenigen Sprachen, in denen stimmlose Nasalkonsonanten auch direkt benutzt werden.
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In den meisten Sprachen, finden sich Nasalkonsonanten wie [n] oder [m]. Was zunächst auffällt, auch wenn man sich die IPA-Tabelle ansieht, ist, dass es scheinbar nur stimmhafte Nasale gibt. Das kann man sich auch denken, wenn man mal versucht, einen stimmlosen Nasal zu bilden. Aber es gibt dennoch Ausnahmen. Gar nicht so selten wie man glauben mag, kommen stimmlose Nasale als Allophone von Phonemen vor. Was ist das denn schon wieder? Was es damit genau auf sich hat, erfährst du im Kapitel "[[Wie Sprachen Laute benutzen]]". Soviel sei aber an dieser Stelle verraten: Sie werden meistens nicht als eigener Laut erkannt, weil sie nur als Teil (Allophon) einer sprachlichen Lauteinheit (Phonem) vorkommen. Das stimmt aber nicht ganz: Birmanisch ist eine der wenigen Sprachen, in denen stimmlose Nasalkonsonanten auch direkt benutzt werden.
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Die oben bereits erwähnten Laute [n] und [m] sind die häufigsten Nasale. Man kann davon ausgehen, dass wenn eine Sprache Nasale enthält, dann auch diese beiden Laute enthalten sind. Immerhin gehören diese Laute zu den ersten, die ein Säugling von sich geben kann. Gibt es denn Sprachen, in denen keine Nasale vorkommen? Ja, ein Beispiel für so eine Sprache ist das Pirahã.
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Ein besonderes Phänomen zeigt sich bei dem labiodentalen Nasal [ɱ], also dem Nasal, der mit Unterlippe und Zähnen gebildet wird. Ähnlich wie bei den stimmlosen Nasalen tritt er relativ häufig auf, aber eben für den Sprecher nicht bewusst, sondern nur, weil die umgebenden Laute das "so wollen", zum Beispiel bei "Senf", bei dem das [f], selbst ein labiodentaler Laut, das "n" zu einem [ɱ] macht. Dagegen gibt es nur wenige Sprachen, in denen der labiodentale Nasal als eigenständige Lauteinheit wahrgenommen wird.
  
Die oben bereits erwähnten Laute [n] und [m] sind die häufigsten Nasale. Man kann davon ausgehen, dass wenn eine Sprache Nasale enthält, dann auch diese beiden Laute enthalten sind. Immerhin gehören diese Laute zu den ersten, die ein Säugling von sich geben kann. Gibt es denn Sprachen, in denen keine Nasale vorkommen? Ja, ein Beispiel für so eine Sprache ist das Pirahã.<br />
 
Ein besonderes Phänomen zeigt sich bei dem labiodentalen Nasal [ɱ], also dem Nasal, der mit Unterlippe und Zähnen gebildet wird. Ähnlich wie bei den stimmlosen Nasalen tritt er relativ häufig auf, aber eben für den Sprecher nicht bewusst, sondern nur, weil die umgebenden Laute das "so wollen", zum Beispiel bei "Senf", bei dem das [f], selbst ein labiodentaler Laut, das "n" zu einem [ɱ] macht. Dagegen gibt es nur wenige Sprachen, in denen der labiodentale Nasal als eigenständige Lauteinheit wahrgenommen wird.<br />
 
 
Etwas seltener als [n] und [m], aber doch noch einigermaßen häufig ist der velare Nasal [ŋ], der beispielsweise im Wort "eng" auftaucht. In den germanischen und den romanischen Sprachen kommt er nicht am Wortanfang vor, aber das muss so nicht sein. Vor allem bei afrikanischen Sprachen kommt das [ŋ] recht oft vor.
 
Etwas seltener als [n] und [m], aber doch noch einigermaßen häufig ist der velare Nasal [ŋ], der beispielsweise im Wort "eng" auftaucht. In den germanischen und den romanischen Sprachen kommt er nicht am Wortanfang vor, aber das muss so nicht sein. Vor allem bei afrikanischen Sprachen kommt das [ŋ] recht oft vor.
Noch etwas seltener sind der dentale Nasal [n̪], der mit der Zunge an den Zähnen gebildet wird und der palatale Nasal [ɲ] mit der Zunge am Palatum (siehe oben). Es folgen das retroflexe [ɳ] und das uvulare [ɴ]. (Auch die beiden Begriffe sind weiter oben beschrieben.)
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Noch etwas seltener sind der dentale Nasal [n̪], der mit der Zunge an den Zähnen gebildet wird, und der palatale Nasal [ɲ] (das spanische "ñ") mit der Zunge am Palatum (siehe oben). Es folgen das retroflexe [ɳ] und das uvulare [ɴ]. (Auch die beiden Begriffe sind weiter oben beschrieben.)
  
 
====Nasalvokale====
 
====Nasalvokale====
Im Unterschied zu den Nasalkonsonanten, bei denen der Mundraum komplett geschlossen ist, bleibt der Mund bei Nasalvokalen offen. Klar, sonst wären es keine Vokal. Wir erinnern uns, ein Vokal ist ein Laut, bei dem die Luft ungehindert durch den Vokaltrakt strömt. Nasalvokale haben also die Besonderheit, dass die Luft sowohl durch den Mund, als auch durch die Nase entweichen kann. Solche Laute kommen wesentlich seltener vor, als Nasalkonsonanten, sind aber dennoch in vielen Sprachen und Dialekten zu finden, wobei nur wenige Sprachen diese auch tatsächlich als eigenständige Lauteinheiten wahrnehmen, wie Französisch. Einige Sprachen haben auch Nasalvokale, die zwar als Lauteinheit wahrgenommen werden, diese aber nicht unbedingt Nasal aussprechen. Je nach Umgebung fällt zum Beispiel im Polnischen der nasale Teil des Lautes einfach weg oder wird zum hinterher geschobenen Nasalkonsonanten.
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Im Unterschied zu den Nasalkonsonanten, bei denen der Mundraum komplett geschlossen ist, bleibt der Mund bei Nasalvokalen offen. Klar, sonst wären es keine Vokale. Wir erinnern uns, ein Vokal ist ein Laut, bei dem die Luft ungehindert durch den Vokaltrakt strömt. Nasalvokale haben also die Besonderheit, dass die Luft sowohl durch den Mund als auch durch die Nase entweichen kann. Solche Laute kommen wesentlich seltener vor, als Nasalkonsonanten, sind aber dennoch in vielen Sprachen und Dialekten zu finden, wobei nur wenige Sprachen diese auch tatsächlich als eigenständige Lauteinheiten verwenden; das bekannteste Beispiel ist sicher Französisch. Einige Sprachen haben auch Nasalvokale, die zwar als Lauteinheit wahrgenommen werden, diese aber nicht unbedingt Nasal aussprechen. Je nach Umgebung fällt zum Beispiel im Polnischen der nasale Teil des Lautes einfach weg oder wird zum hinterher geschobenen Nasalkonsonanten.
  
 
====Nasalierungen====
 
====Nasalierungen====
Wie oben bereits beschrieben, sind Nasalierungen keine eigenständigen Laute, sollten hier an der Stelle aber trotzdem erwähnt werden. Einige Sprachen können eine stärkere oder schwächere Nasalierung bei bestimmten Lauten in bestimmten Umgebungen ausbilden. Dies geschieht vor allem dann, wenn sich ein Nasal oder ein Nasalkonsonant direkt vor oder nach dem nasalierten Laut befindet. Andere Sprachen haben einen nasalen Grundton, also generell einen leicht gesenkten Gaumen, wodurch Luft auch immer durch den Nasenraum strömen kann. Das muss nicht auffällig sein, sorgt aber mit für einen sprachtypischen "Akzent", wie es bei Englisch der Fall ist.
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Wie oben bereits beschrieben, sind Nasalierungen keine eigenständigen Laute, sollten hier an der Stelle aber trotzdem erwähnt werden. Einige Sprachen können eine stärkere oder schwächere Nasalierung bei bestimmten Lauten in bestimmten Umgebungen ausbilden. Dies geschieht vor allem dann, wenn sich ein Nasal oder ein Nasalkonsonant direkt vor oder nach dem nasalierten Laut befindet. Andere Sprachen haben einen nasalen Grundton, also generell einen leicht gesenkten Gaumen, wodurch Luft auch immer durch den Nasenraum strömen kann. Das muss nicht auffällig sein, sorgt aber mit für einen sprachtypischen "Akzent", wie es beim Englischen der Fall ist.
  
 
=== Plosive ===
 
=== Plosive ===
Eine besondere Rolle unter den Konsonanten spielen die Plosive. Hier ist es nicht damit getan, dass wir den Artikulationsort nennen und dazu sagen, ob der Laut stimmhaft oder stimmlos ist. Entscheidend ist hier nämlich, der zeitliche Rahmen und noch einige weitere Eigenschaften, die hier näher betrachtet werden sollen.
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Eine besondere Rolle unter den Konsonanten spielen die Plosive. Hier ist es nicht damit getan, dass wir den Artikulationsort nennen und dazu sagen, ob der Laut stimmhaft oder stimmlos ist. Entscheidend ist hier nämlich der zeitliche Rahmen und noch einige weitere Eigenschaften, die hier näher betrachtet werden sollen.
  
 
====Stimmhaftigkeit====
 
====Stimmhaftigkeit====
 
![Bild zur VOT]!
 
![Bild zur VOT]!
Zunächst einmal erscheint es recht einfach, die Plosive in stimmhaft und stimmlos zu unterteilen, stoßen aber schnell auf Probleme, wenn wir Spanisch lernen und wir beispielsweise ein "b" aussprechen sollen. Der Spanier versteht unter Umständen ein "p", es kann zu Missverständnissen kommen. Oder wir nehmen einen Koreaner und der spricht drei Wörter, die für uns nahezu gleich klingen, aber für ihn sind es drei verschiedene Plosive.<br />
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Zunächst einmal erscheint es recht einfach, die Plosive in stimmhaft und stimmlos zu unterteilen. Wir stoßen aber schnell auf Probleme, wenn wir Spanisch lernen und wir beispielsweise ein "b" aussprechen sollen. Der Spanier versteht unter Umständen ein "p", es kann zu Missverständnissen kommen. Oder wir nehmen einen Koreaner und der spricht drei Wörter, die für uns nahezu gleich klingen, aber für ihn sind es drei verschiedene Plosive.
Woran liegt das? Das Stichwort heißt Stimmeinsatzzeit. (Der Phonetiker spricht hier von der VOT (Voice Onset Time).) Damit ist der Zeitpunkt gemeint, an dem die Stimme einsetzt. Sie kann nämlich vor der Plosion (vollstimmhaft), gleichzeitig mit der Plosion (halbstimmhaft) und nach der Plosion (stimmlos) einsetzen. Damit haben wir schon drei verschiedene Zustände, aber es hört noch nicht auf, denn auch die Zeit spielt eine Rolle, also wieviele Millisekunden es dauert, bis die Stimme einsetzt. Die koreanische Sprache kennt keine echten stimmhaften Plosive (übrigens ähnlich wie die deutsche Sprache, auch wenn es hier ein paar Ausnahmen gibt), aber es ist entscheidend, wie lange die Pause bis zum Stimmeinsatz ist. Der Plosiv mit der kürzeren Pause wird vom Koreaner als stimmhaft wahrgenommen, der mit der längeren Pause als stimmlos, obwohl akustisch gesehen beide Laute stimmlos sind.<br /> Sollten dir in diesem Zusammenhang die Worte ''fortis'' und ''lenis'' in den Sinn kommen, so ist das genau richtig. Diese Unterscheidung wurde "erfunden" um genau das beschriebene Phänomen im Deutschen zu benennen. ''Fortis''-Laute sind dabei die Plosive, die auch tatsächlich als stimmlos wahrgenommen werden, während ''Lenis''-Laute, uns glauben machen, sie wären stimmhaft.
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Woran liegt das? Das Stichwort heißt '''Stimmeinsatzzeit'''. (Der Phonetiker spricht hier von der VOT (Voice Onset Time).) Damit ist der Zeitpunkt gemeint, an dem die Stimme einsetzt. Sie kann nämlich vor der Plosion (vollstimmhaft), gleichzeitig mit der Plosion (halbstimmhaft) und nach der Plosion (stimmlos) einsetzen. Damit haben wir schon drei verschiedene Zustände, aber es hört noch nicht auf, denn auch die Zeit spielt eine Rolle, also wieviele Millisekunden es dauert, bis die Stimme einsetzt. Die koreanische Sprache kennt keine echten stimmhaften Plosive (übrigens ähnlich wie die deutsche Sprache, auch wenn es hier ein paar Ausnahmen gibt), aber es ist entscheidend, wie lange die Pause bis zum Stimmeinsatz ist. Der Plosiv mit der kürzeren Pause wird vom Koreaner als stimmhaft wahrgenommen, der mit der längeren Pause als stimmlos, obwohl akustisch gesehen beide Laute stimmlos sind.
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Sollten dir in diesem Zusammenhang die Worte ''fortis'' und ''lenis'' in den Sinn kommen, so ist das genau richtig. Diese Unterscheidung wurde "erfunden", um genau das beschriebene Phänomen im Deutschen zu benennen. ''Fortis''-Laute sind dabei die Plosive, die auch tatsächlich als stimmlos wahrgenommen werden, während ''Lenis''-Laute, uns glauben machen, sie wären stimmhaft.
  
 
====Aspiration und Präaspiration====
 
====Aspiration und Präaspiration====
Zusätzlich zur Stimmeinsatzzeit kann nach der Plosion ein Rauschen zu hören sein. Dieses entsteht, wenn die sich die Stimmlippen langsam öffnen, während bereits Luft herausströmt. Am häufigsten ist dieses Rauschen, das als Aspiration bekannt ist, bei stimmlosen Lauten. Aspiration bei stimmhaften Plosiven kommt dagegen nur sehr selten zum Einsatz. (Ein Beispiel für eine Sprache, die sogar viel Gebrauch von stimmhafter Aspiration macht, ist Indisch.) Das liegt daran, dass die Stimmlippen quasi durchgehend schwingen und es deshalb deutlich schwerer ist, dann gleichzeitig das Aspirationsrauschen zu erzeugen, außerdem ist die stimmhafte Aspiration nicht so prägnant, wie die stimmlose.<br/>Wie lang die Aspiration ist, ist sprach-, umgebungs- und lautspezifisch. Eine Sprache mit besonders langer Aspiration ist das Thai.
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Zusätzlich zur Stimmeinsatzzeit kann nach der Plosion ein Rauschen zu hören sein. Dieses entsteht, wenn sich die Stimmlippen langsam öffnen, während bereits Luft herausströmt. Am häufigsten ist dieses Rauschen, das als '''Aspiration''' bekannt ist, bei stimmlosen Lauten. Auch im Deutschen sind die stimmlosen Plosive "p", "t" und "k" meistens aspiriert, ganz besonders in betonten Silben.
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Aspiration bei stimmhaften Plosiven kommt dagegen nur sehr selten zum Einsatz. (Ein Beispiel für eine Sprache, die sogar viel Gebrauch von stimmhafter Aspiration macht, ist das in Indien gesprochene Hindi.) Das liegt daran, dass die Stimmlippen quasi durchgehend schwingen und es deshalb deutlich schwerer ist, dann gleichzeitig das Aspirationsrauschen zu erzeugen, außerdem ist die stimmhafte Aspiration nicht so prägnant wie die stimmlose.
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Wie lang die Aspiration dauert, ist sprach-, umgebungs- und lautspezifisch. Eine Sprache mit besonders langer Aspiration ist das Thai.
  
In einigen wenigen Sprachen kommt auch noch ein anderes, als Präaspiration bekanntes Phänomen vor, das allerdings nicht ganz so eindeutig ist, wie die Aspiration. Es handelt sich um ein Rauschen vor dem Laut das auch wissenschaftlich noch wenig erforscht und wahrscheinlich in keiner irdischen Sprache bedeutungsunterscheidend ist. Das Rauschen wird meistens wie bei der Aspiration an den Stimmlippen realisiert, kann aber je nach Sprache mehr oder weniger stark durch die vorhergehenden Lauten abgeändert werden und sogar an den Lippen erzeugt werden.   
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In einigen wenigen Sprachen kommt auch noch ein anderes, als Präaspiration bekanntes Phänomen vor, das allerdings nicht ganz so eindeutig ist wie die Aspiration. Es handelt sich um ein Rauschen vor dem Laut, das auch wissenschaftlich noch wenig erforscht und wahrscheinlich in keiner irdischen Sprache bedeutungsunterscheidend ist. Das Rauschen wird meistens wie bei der Aspiration an den Stimmlippen realisiert, kann aber je nach Sprache mehr oder weniger stark durch die vorhergehenden Laute abgeändert werden und sogar an den Lippen erzeugt werden.   
 
<br/>-> Beispiele!<br/>
 
<br/>-> Beispiele!<br/>
 
*Aspiration (Danish, Thai)
 
*Aspiration (Danish, Thai)
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*slack voice: Stimmlippen vibrieren, aber schwach; leicht erhöhter Luftstrom
 
*slack voice: Stimmlippen vibrieren, aber schwach; leicht erhöhter Luftstrom
 
*stiff voice: Stimmlippen vibrieren, aber angespannt; leicht erniedrigter Luftstrom; kann mit Knarrstimme verwechselt werden
 
*stiff voice: Stimmlippen vibrieren, aber angespannt; leicht erniedrigter Luftstrom; kann mit Knarrstimme verwechselt werden
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====Öffnung und Formantabbiegungen====
 
====Öffnung und Formantabbiegungen====
Formanten sind, wie weiter oben bereits erklärt, lautere Frequenzbereiche, die vor allem für Vokale charakteristisch sind. Die Öffnung eines Plosivs macht ein leises Knackgeräusch, das in einer lauten Umgebung leicht untergeht. Trotzdem hören wir den Laut problemlos heraus. Und das liegt an den Formantabbiegungen. Bei einem Vokal haben wir in der Regel Formanten, die über den gesamten Laut gleich sind. Zumindest in der Theorie. In der Praxis aber werden diese Formanten an die Umgebung angepasst, weshalb zum Beispiel ein Diphtong steigende oder fallende Formanten haben kann. Öffnet sich ein Plosiv, verändert sich auch das Ansatzrohr, bis es die Stellung des Vokals erreicht hat, der dem Plosiv folgt. Und genau das hören wir und können es auch messen. Vor allem interessant ist, dass jeder Plosiv seine eigenen theoretischen Formanten hat, die zwar im Laut selbst nicht zu hören sind, aber dem Vokal einen typischen Klang gibt, sodass wir den Plosiv im Vokal nachklingen hören und ihn deshalb eigentlich nicht wirklich hören müssen.
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Formanten sind, wie weiter oben bereits erklärt, lautere Frequenzbereiche, die vor allem für Vokale charakteristisch sind. Die Öffnung eines Plosivs macht ein leises Knackgeräusch, das in einer lauten Umgebung leicht untergeht. Trotzdem hören wir den Laut problemlos heraus. Und das liegt an den Formantabbiegungen. Bei einem Vokal haben wir in der Regel Formanten, die über den gesamten Laut gleich sind. Zumindest in der Theorie. In der Praxis aber werden diese Formanten an die Umgebung angepasst, weshalb zum Beispiel ein Diphthong steigende oder fallende Formanten haben kann. Öffnet sich ein Plosiv, verändert sich auch das Ansatzrohr, bis es die Stellung des Vokals erreicht hat, der dem Plosiv folgt. Und genau das hören wir und können es auch messen. Vor allem ist interessant, dass jeder Plosiv seine eigenen theoretischen Formanten hat, die zwar im Laut selbst nicht zu hören sind, aber dem Vokal einen typischen Klang gibt, sodass wir den Plosiv im Vokal nachklingen hören und ihn deshalb eigentlich nicht wirklich hören müssen.
 
*(nasal, lateral, nicht hörbar)
 
*(nasal, lateral, nicht hörbar)
 
*nasale Öffnung (Yeletnye, Arrernte)
 
*nasale Öffnung (Yeletnye, Arrernte)
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====Glottalverschluss [ʔ]====
 
====Glottalverschluss [ʔ]====
Fast jede Sprache hat ihn, aber kaum einer weiß es. Der Glottalverschluss gehört zu den häufigsten und dennoch zu den unbekanntesten Lauten, da er nur selten auch bedeutungsunterscheidend ist. Die deutsche Sprache benutzt diesen Laut sogar sehr häufig, weshalb manche Engländer empfinden, als würden die Deutschen beim Sprechen husten. Hier kommt der Glottalverschluss allerdings nur im Silbenanfang vor, so wie in den meisten anderen Sprachen auch. Ein paar wenige Sprachen benutzen diesen Plosiv auch im Silbenende, was auf uns wirkt, als würden die Sprecher rückwärts sprechen.<br/>
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Fast jede Sprache hat ihn, aber kaum einer weiß es. Der Glottalverschluss gehört zu den häufigsten und dennoch zu den unbekanntesten Lauten, da er nur relativ selten auch bedeutungsunterscheidend ist. Die deutsche Sprache benutzt diesen Laut sogar sehr häufig, weshalb manche Engländer empfinden, als würden die Deutschen beim Sprechen husten. Bei uns kommt der Glottalverschluss allerdings nur im Silbenanfang vor, so wie in den meisten anderen Sprachen auch. Einige Sprachen benutzen diesen Plosiv aber auch im Silbenende, was auf uns wirkt, als würden die Sprecher rückwärts sprechen.
Gebildet wird der Glottalverschluss an der Glottis, also den Stimmlippen, weshalb es auch keine (voll-)stimmhafte Variante gibt. Gerade als Sprachenbastler sollte man sich dieses Lautes bewusst sein, dass er in unterschiedlichen Sprachen durchaus unterschiedlich gebraucht wird und dass es meist unbewusst geschieht. Deshalb ist der Glottalverschluss auch oft mitschuldig am "fremdländischen Akzent" nichtmuttersprachlicher Sprecher.
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Gebildet wird der Glottalverschluss an der Glottis, also den Stimmlippen, weshalb es auch keine (voll-)stimmhafte Variante gibt. Gerade als Sprachenbastler sollte man sich dieses Lautes bewusst sein, dass er in unterschiedlichen Sprachen durchaus unterschiedlich gebraucht wird und dass es oft unbewusst geschieht. Deshalb ist der Glottalverschluss auch oft mitschuldig am "fremdländischen Akzent" nichtmuttersprachlicher Sprecher.
  
 
====Affrikaten====
 
====Affrikaten====
Sicherlich nicht selten, aber auch nicht allzu häufig sind die Affrikaten zu finden. Dabei handelt es sich um Lautkombinationen aus einem Plosiv und einem folgenden Frikativ. Der Frikativ wird entweder am selben oder am benachbarten Ort gebildet, wie der Plosiv. Das Besondere an den Affrikaten und der Grund, weshalb sie einen eigenen Namen haben, ist, dass sie sich wie ein Laut verhalten. In den Sprachen, wo Affrikaten vorkommen, sind sie ähnlich lang, wie die entsprechenden isolierten Frikative. Prominente Beispiele für Sprachen mit Affrikaten sind Deutsch und Navajo. Die standard-deutschen Affrikaten sind [pf] (Pferd) [ts] (Zahl), [] (Kutsche) und [dʒ] Dschungel.<br/>
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Sicherlich nicht selten, aber auch nicht allzu häufig sind die Affrikaten zu finden. Dabei handelt es sich um Lautkombinationen aus einem Plosiv und einem folgenden Frikativ. Der Frikativ wird entweder am selben oder am benachbarten Ort gebildet wie der Plosiv. Das Besondere an den Affrikaten und der Grund, weshalb sie einen eigenen Namen haben, ist der, dass sie sich wie ein einziger Laut verhalten. In den Sprachen, wo Affrikaten vorkommen, sind sie ähnlich lang, wie die entsprechenden isolierten Frikative. Prominente Beispiele für Sprachen mit Affrikaten sind Deutsch und Navajo. Die standard-deutschen Affrikaten sind [p͡f] wie in "<u>Pf</u>erd", [t͡s] wie in "<u>Z</u>ahl", [t͡ʃ] wie in "Ku<u>tsch</u>e" und [dʒ] wie in "<u>Dsch</u>ungel".
Das /x/ ist keine Affrikate, sondern erscheint uns nur als ein Laut, weil wir einen Buchstaben dafür haben. Tatsächlich ist es aber eine Kombination zweier separater Laute, nämlich [k] und [s].
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Das 'x' ist keine Affrikate, sondern erscheint uns nur als ein Laut, weil wir einen eigenen Buchstaben dafür haben. Tatsächlich ist es aber eine Kombination zweier separater Laute, nämlich [k] und [s].
  
 
====Weitere Unterscheidungen bei Plosiven====
 
====Weitere Unterscheidungen bei Plosiven====
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*Doppelplosive
 
*Doppelplosive
 
=== besonders seltene Laute ===
 
=== besonders seltene Laute ===
*'''Der gerundete stimmlose palato-alveolare Frikativ [ʃ̹]'''<br/>Vor allem im Westen Deutschlands wird ein Laut realisiert, der sonst nur zustande kommt, wenn ein Laut von seinem (gerundeten) Nachbarlaut "gefärbt" wurde. Das führt in manchen Regionen sogar zu einer Lautunterscheidung z. B. zwischen [kʰœɐ̯ʃə] (Kirche) und [kʰœɹʃ̹ə] (Kirsche).
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*'''Der gerundete stimmlose palato-alveolare Frikativ [ʃ̹] oder [ʃʷ]'''<br/>Vor allem im Westen Deutschlands wird ein Laut realisiert, der sonst nur zustande kommt, wenn ein Laut von seinem (gerundeten) Nachbarlaut "gefärbt" wurde. Das führt in manchen Regionen sogar zu einer Lautunterscheidung z.B. zwischen [kʰœɐ̯ʃə] ("Kirche") und [kʰœɐ̯ʃ̹ə] ("Kirsche").<br/>Die Lippenrundung spielt übrigens eine wichtige Rolle bei der Entstehung des Klischees, dass echte Kölner angeblich nicht zwischen 'sch' und 'ch' unterscheiden können. Tatsächlich unterscheidet der kölsche Dialekt einfach weniger den Artikulationsort als vielmehr die Lippenrundung: 'sch' [ʃ̹] gegenüber 'ch' [ʃ]. Für Leute aus anderen Gegenden klingt das dann beides wie 'sch', weil das "weiche" 'ch' auf Hochdeutsch als palataler Frikativ [ç] gesprochen wird.  
 
*'''Der stimmlose velo-palatale Frikativ [ɧ]'''<br/>Im Schwedischen wird ein Laut gesprochen, bei dem sich selbst einheimische Phonetiker nicht sicher sind, wie er genau realisiert wird bzw. ob es ihn wirklich gibt. Ein Bedeutungsunterschied existiert auf jeden Fall, aber die tatsächliche Aussprache variiert regional extrem, sodass der Laut irgendwo zwischen [ʃ͡x], [fˠʷ], [ɕˠ], [ʂʷ] und [χ] einzuordnen ist.
 
*'''Der stimmlose velo-palatale Frikativ [ɧ]'''<br/>Im Schwedischen wird ein Laut gesprochen, bei dem sich selbst einheimische Phonetiker nicht sicher sind, wie er genau realisiert wird bzw. ob es ihn wirklich gibt. Ein Bedeutungsunterschied existiert auf jeden Fall, aber die tatsächliche Aussprache variiert regional extrem, sodass der Laut irgendwo zwischen [ʃ͡x], [fˠʷ], [ɕˠ], [ʂʷ] und [χ] einzuordnen ist.
 
*'''Der stimmlose retroflexe laterale Frikativ [ɬ̢] oder [ɬ˞]'''<br/>Dieser Laut kommt in der in Südindien gesprochenen drawidischen Sprache Toda vor.
 
*'''Der stimmlose retroflexe laterale Frikativ [ɬ̢] oder [ɬ˞]'''<br/>Dieser Laut kommt in der in Südindien gesprochenen drawidischen Sprache Toda vor.
*'''Der (nicht-affrizierte) retroflexe Ejektiv [ʈ’]'''<br/>Obwohl der Laut sehr markant klingt und sehr einfach zu sprechen ist (wenn man einmal weiß, wie Ejektive funktionieren), kommt er nur in den beiden athabaskischen Sprachen Gwich’in (Kanada/Alaska) und Tolowa (Nordkalifornien) vor. Wahrscheinlich ist er deshalb so selten, weil Sprachen mit retroflexen Konsonanten und Sprachen mit Ejektiven zufälligerweise meistens nicht in der gleichen Weltgegend zu Hause sind.
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*'''Der (nicht-affrizierte) retroflexe Ejektiv [ʈ’]'''<br/>Obwohl der Laut sehr markant klingt (ein bisschen wie das Öffnen einer Bierflasche) und sehr einfach zu sprechen ist (wenn man einmal weiß, wie Ejektive funktionieren), kommt er nur in den beiden athabaskischen Sprachen Gwich’in (Kanada/Alaska) und Tolowa (Nordkalifornien) vor. Wahrscheinlich ist er deshalb so selten, weil Sprachen mit retroflexen Konsonanten und Sprachen mit Ejektiven zufälligerweise meistens nicht in der gleichen Weltgegend zu Hause sind.
 
*'''Der apikal-alveolare uvulare Approximant'''<br/>In einigen amerikanischen Varianten des Englischen kommt das sogenannte "bunched r" vor. Es ist ein Laut, bei dem das IPA an seine Grenzen stößt: Die Zungenspitze neigt sich zum Zahndamm, während die Zungenwurzel zum Zäpfchen rutscht. Außer im Amerikanisch-Englisch ist der Laut auch in den kaukasischen Sprachen Tsachurisch und Udisch als Vokal zu finden.
 
*'''Der apikal-alveolare uvulare Approximant'''<br/>In einigen amerikanischen Varianten des Englischen kommt das sogenannte "bunched r" vor. Es ist ein Laut, bei dem das IPA an seine Grenzen stößt: Die Zungenspitze neigt sich zum Zahndamm, während die Zungenwurzel zum Zäpfchen rutscht. Außer im Amerikanisch-Englisch ist der Laut auch in den kaukasischen Sprachen Tsachurisch und Udisch als Vokal zu finden.
*'''Der laminale Vibrant [r̝]/[r̝̊]'''<br/> Aus einem gleichzeitig mit einem [ʒ] (stimmhaft) oder [ʃ] (stimmlos) gesprochenem [r] besteht das tschechische <ř>.
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*'''Der laminale Vibrant [r̝]/[r̝̊]'''<br/> Aus einem gleichzeitig mit einem [ʒ] (stimmhaft) oder [ʃ] (stimmlos) gesprochenen [r] besteht das tschechische <ř>.
 
*'''Der labiodentale und der bilabiale Flap [v̆]'''<br/>Diese beiden Laute sind in den meisten Fällen austauschbar und kommen hauptsächlich in Sprachen der Zentralafrikanischen Republik vor. Daneben könnte der labiodentale Flap auch in der austronesischen Sprache Sika vorkommen, was aber noch ungeklärt ist.
 
*'''Der labiodentale und der bilabiale Flap [v̆]'''<br/>Diese beiden Laute sind in den meisten Fällen austauschbar und kommen hauptsächlich in Sprachen der Zentralafrikanischen Republik vor. Daneben könnte der labiodentale Flap auch in der austronesischen Sprache Sika vorkommen, was aber noch ungeklärt ist.

Aktuelle Version vom 25. Juli 2013, 14:29 Uhr

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