Das Morphem

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:Die prototypische isolierende Sprache hat keine Affixe. Das bedeutet auf der anderen Seite, dass sie eine sehr starre Satzstruktur besitzt, da Affixe dafür sorgen, dass man die Zugehörigkeit der einzelnen Wörter zueinander erkennen kann. Da dieser Mechanismus weg fällt, muss der Bezug untereinander über die Satzstruktur laufen. Sprachen, die einen besonders starken isolierenden Charakter besitzen, sind Mandarin und Thai, aber auch Englisch tendiert zu einer isolierenden Struktur. Im Deutschen isolieren die Artikel in einigen Fällen den Kasus vom Substantiv. ''der/dem/den Berg''
 
:Die prototypische isolierende Sprache hat keine Affixe. Das bedeutet auf der anderen Seite, dass sie eine sehr starre Satzstruktur besitzt, da Affixe dafür sorgen, dass man die Zugehörigkeit der einzelnen Wörter zueinander erkennen kann. Da dieser Mechanismus weg fällt, muss der Bezug untereinander über die Satzstruktur laufen. Sprachen, die einen besonders starken isolierenden Charakter besitzen, sind Mandarin und Thai, aber auch Englisch tendiert zu einer isolierenden Struktur. Im Deutschen isolieren die Artikel in einigen Fällen den Kasus vom Substantiv. ''der/dem/den Berg''
 
;Agglutinierende Sprachen
 
;Agglutinierende Sprachen
:Das genaue Gegenteil zur isolierenden Sprache ist die agglutinierende Sprache. Typischerweise sollten hier alle grammatischen Bedeutungen in Affixen an die Stämme gehängt werden, und zwar jede Bedeutung separat. Jede Sprache ist zwischen der deutlichen Isolierung und der Agglutinierung hin und her gerissen, da beide Systeme ihre Vor- und Nachteile haben. Sprachen, die besonders intensiv agglutinieren, sind Finnisch und Türkisch. Im Deutschen sind die Verben in vielen Fällen agglutinierend organisiert. ''mach-t-e-n (Tempus-Person-Numerus)''
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:Das genaue Gegenteil zur isolierenden Sprache ist die agglutinierende Sprache. Typischerweise sollten hier alle grammatischen Bedeutungen in Affixen an die Stämme gehängt werden, und zwar jede Bedeutung separat. Jede Sprache ist zwischen der deutlichen Isolierung und der Agglutinierung hin und her gerissen, da beide Systeme ihre Vor- und Nachteile haben. Bei der idealen agglutinierenden Sprache spielt die Wortreihenfolge im Satz keine Rolle. Sprachen, die besonders intensiv agglutinieren, sind Finnisch und Türkisch. Im Deutschen sind die Verben in vielen Fällen agglutinierend organisiert. ''mach-t-e-n (Tempus-Person-Numerus)''
 
;Flektierende Sprachen
 
;Flektierende Sprachen
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:Die meisten Steine legen dem Lernenden die flektierenden Sprachen in den Weg. Hierbei handelt es sich um Sprachen, die sehr starken Gebrauch von Simulfixen machen. Die idealtypische flektierende Sprache verändert sich also lediglich im Wortstamm. Das hat eine deutliche Reduzierung der sichtbaren Affixe zur Folge. Besonders ausgeprägt ist der flektierende Charakter im Sanskrit und im Russisch. Im Deutschen findet sich der flektierende Charakter in Substantiven (''Vater/Väter'') und Verben (''brechen/brach/gebrochen'').
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:Oft werden die flektierenden Sprachen auch mit den fusionalen Sprachen gleich gesetzt. Fusionale Sprachen tragen mehr als eine grammatische Bedeutung in einem Affix. Damit sind sie ein Gegensatz zu den agglutinierenden Sprachen, die für jede grammatische Bedeutung ein separates Affix haben. Hier wären vor allem Latein und Deutsch zu nennen.
 
;Polysynthetische Sprachen
 
;Polysynthetische Sprachen
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:Einige Sprachen haben den Hang dazu, möglichst viel Information in ein Wort zu packen. Die polysynthetische Sprache schlechthin kennt nur ein Wort pro Satz, in dem alle grammatischen, aber auch lexikalischen Bedeutungen enthalten sind. Typisch ist auch die Polypersonalität. Die Poly... was? Die Polypersonalität bezeichnet den Umstand, dass mehr als eine Person am Verb gekennzeichnet ist. Das ist zum Beispiel in den athabaskischen Sprachen in Nordamerika der Fall, die auch insgesamt, mit den Eskimosprachen als Beispiele polysynthetischer Sprachen genannt werden. Auch in der deutschen Sprache finden wir Züge polysnthetischen Verhaltens. Zusätzliche lexikalische Bedeutungen wie in ''radfahren'' an das Verb zu hängen, oder die praktisch unbegrenzte Möglichkeit der Komposition wie in ''Donaudampfschifffahrt'' sind typisch für polysynthetische Sprachen.
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Ein anderer Ansatz, der die genannte Typisierung aber aufgreift, ist die Betrachtung von Parametern: die Morpheme pro Wort und der Fusionsgrad. Diese Parameter verleiten einen schnell dazu, zu glauben, man könne sie messen. Schön wär's. Aber für unsere Zwecke reicht die Betrachtung der Parameter und die daraus folgenden Schlüsse.<br/>
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Bei den Parametern haben wir wieder Idealtypen und unsere Sprachen sind irgendwo dazwischen. Das eine Ende der Morpheme pro Wort bilden die isolierenden Sprachen. Hier besteht ein Wort aus genau einem Morphem. Auf der anderen Seite haben wir die polysynthetischen Sprachen, die alle Morpheme in ein Wort packen. Der Fusionsgrad bildet die Opposition zwischen den agglutinierenden Sprachen und den fusionalen Sprachen. Die agglutinierenden Sprachen haben genau eine Bedeutung pro Morphem und die fusionalen Sprachen setzen quasi alles auf eine Karte und bringen möglichst viele Bedeutungen in nur einem Morphem unter.

Version vom 18. Juli 2013, 22:44 Uhr

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