24.12.2019, 18:20
Es ist nur eine kurze Geschichte. Frohe Weihnachten!
Disclaimer: Alle Ähnlichkeiten mit real existierenden Personen sind frei erfunden. So wie die Story.
Die verrückte Orange
Der Präsident war gerade von einer Veranstaltung zum Thema Weltklima zurückgekehrt, hatte sich an seinen privaten Schreibtisch gesetzt, seine Schuhe ausgezogen, die Füße trotz des Wissens, seine Berater damit in Weißglut zu versetzten, auf den Tisch gelegt und war nun dabei, in Ruhe zu gewittern, äh Verzeihung, ich meinte zu twittern.
Alle, die ihn dabei stören könnten, hatte er irgendwie beschäftigt, so dass er sich nun konzentriert mit den Fake News auseinandersetzen konnte, die ihm heute so als „unabwendbare Tatsachen“ aufgetischt worden waren.
Frei nach dem Motto „Glaube keiner Statistik, die du nicht selbst gefälscht hast“, schmetterte er alle Kritiker einfach ab. Keiner von diesen Vögeln hatte schließlich irgendeine echte Meinung vom Klima bilden können. Im Gegensatz zu ihm saßen die ja nur vor ihren Bildschirmen und moderten als Kellerkinder vor sich hin, während er tatsächlich an den Orten war, an denen angeblich so Klimawandelkatastrophen passieren sollten.
Da war er gerade auf einen besonders oft geteilten Post von einer schwedischen Schülerin gestoßen und versuchte nun, ihre Aussagen mit seinem Weltbild in Kontakt zu bringen. Mit dem Vorwurf, ihre Zukunft zu verbauen, konnte er sich einfach nicht anfreunden. Er baute doch schon alles Mögliche. Zum Beispiel Mauern.
Plötzlich war ein leises „Tschak!“ zu hören, nicht weit von ihm entfernt. Er ignorierte es. Bestimmt war nur ein mehr oder weniger unwichtiger Stapel Papiere vom Tisch gerutscht.
Die beiden Leibwächter vor seiner Tür nahmen nichts wahr von den Geschehnissen im Zimmer. Der leichte violett weiße Schein, der unter dem Türspalt durchschimmerte, fiel in der Festtagsbeleuchtung des Flures sowieso nicht auf; und das Geräusch der Interdimensionsportale ging in einem rein zufälligen Niesen von Commander Boone unter.
„Gesundheit!“ wünschte ihm der andere.
____________________________________________________________________
„Was- Wo bin ich?“ verdattert drehte sich der Präsident um die eigene Achse.
Um ihn herum waren etwa zweieinhalb Meter hohe Türme, an denen riesige blauweiße Fächer hingen, deren Leuchten gerade verblasste. Dahinter sah er fremdartig wirkende blau-violett marmorierte Wände, die seinem Sehsinn durch die Drehung übel mitspielten, woraufhin ihm schlecht wurde.
Ihm wurde bewusst, dass sein Schreibtischstuhl mit ihm gekommen war und er sich deswegen stetig um seine eigene Achse drehte. Er stellte die in Tennissocken steckenden Füße auf den Boden und hielt an.
Hinter ihm räusperte sich jemand
Schreckhaft drehte er sich um. Das hier war auf einer unbewussten Ebene beunruhigend.
Da stand ein adretter Asiate in der – äh- Tür? Loch in der Wand? Ehrlich mal, wo WAR er denn hier? Hatten diese Asiaten denn gar keine Zivilisation, dass sie nun schon Höhlenwände blau anmalten und meinten, er würde das nicht merken? Er besah sich die Umgebung mit kritischem Blick.
„Mister Präsident?“ sprach ihn der Bedienstete in kultiviertem Ton an- immerhin, dieser Mensch konnte ordentlich sprechen! Dem würde er seinen Unmut schon klar machen können „Mein Name ist Agent Sandoval. Wenn sie mir bitte folgen würden.“
_____________________________________________________________________________
Nachdem dieser unmögliche Mensch sich endlich bereitgefunden hatte, ihm zu folgen -Ronald hatte ihm erstmal klarmachen müssen, dass dieser keine Schuhe anhabe und diverse Kleidungsstücke unschicklich offen standen- nicht das das seine Auftraggeber gestört hätte, aber es hätte den Präsidenten in seiner Ehre und damit die Verhandlungen behindert- traten sie durch einen kurzen Verbindungsgang in den vorgesehenen Raum.
„Hier ist ja niemand!“ entfuhr es dem anderen wütend
„Gedulden sie sich bitte, Mister Präsident, Sie werden in Kürze eintreffen“
„Sie? Wer ist „Sie“? ich erwarte SOFORT eine Antwort! Glauben sie nicht, sie könnten mich einschüchtern, Mr. Aronal!“
„Sandoval. Die Außerirdische Rasse, die unseren Planeten seit circa 50 Jahren beobachtet“
„Das sind doch nur wieder Fake News! Wahrscheinlich haben sie mich unter Drogen gesetzt und versuchen jetzt, mir ihren Klimaschwindel durch Gehirnwäsche einzutrichtern!“
„Ich darf ihnen versichern, diese Wesen sind real. Und hier sind sie auch schon“ Elegant hinter den aufgebrachten Mann deutend.
Der Präsident drehte sich vor Wut eine Schnute ziehend um und wollte die Verantwortlichen, die man ihm jetzt präsentierte, zur Verantwortung für seine Entführung ziehen- das war doch eine Entführung, oder? Niemand wachte plötzlich ganz woanders auf… -als er sich des Wesens gewahr wurde, das ruhig darauf warteten, zur Kenntnis genommen zu werden.
Da stand ein hagerer, großer Mann im komischen Kostüm, inklusive 70er Jahre Plateau-Schuhen und Ganzkörperkondom. Der Kopf sah seltsam deformiert aus und als das Wesen zu sprechen begann, hatte der Präsident eher eine hohe Fistelstimme erwartet, wie er sie bei Transleuten im Fernsehen gesehen hatte. Überraschend tief sagte der sogenannte Außerirdische „Ich Grüße Sie, Mister Präsident“ Dabei bewegte er den Kopf sehr seltsam nach vorne beim Sprechen, ein bisschen wie ein Vogel. Gefangen von den Eindrücken, die sich ihm boten, sagte der Präsident erstmal nichts.
„Ich bin der Synodenführer Quo’on. Mein Volk sind die Taelons, dies ist unser Schiff“
„Auf welchem Ozean sind wir gerade?“
Der andere legte den Kopf schief und starrte ihn an. Er überlegte eine Weile und antwortete dann „Wir sind auf dem Ozean zwischen den Sternen, auf dem wir auch zur Erde gekommen sind“
Noch bevor der andere Quo’on grundlos vor den Kopf stoßen konnte, griff Agent Sandoval in das Gespräch ein, und bat „Mister Präsident, hören sie sich unser Anliegen erst einmal an. Anschließend können sie- …“
„Garnichts werde ich mir anhören, Sie haben mich entführt, und dann erzählen Sie mir so einen quatsch? „Zwischen den STERNEN, Ha! Was fällt Ihnen ein! Ich bin der PRÄSIDENT! Und jetzt lassen sie mich hier sofort raus!“
Bei den letzten Worten war der Mann in den für ihn etwas zu kleinen Ersatzschuhen von Agent Sandoval aus dem Raum geflüchtet. Irgendwie hatte Quo’on ihn erschüttert. Etwas war nicht richtig, dass merkte er instinktiv.
„Verfahren wir wie besprochen?“ fragte Ronald den Taelon
„Er kann nicht entkommen, der einzige für Ihn und Sie durchlässige Raum ist der zu den Transportkammern. Auch diesen werde ich schließen lassen, damit er sich nicht verletzt.“ Der Synodenführer legte den Kopf schief. Seine Haut begann von innen her zu leuchten, wurde durchsichtig und verschwand dann ganz, den wahren Körper des Taelons freigebend. Agent Sandoval kannte seine Instruktionen, in seiner Zeit beim FBI war er schließlich mit den Techniken der Gehirnwäsche gut vertraut gewesen. Auch seine 20 Jahre des Kälteschlafes hatten nichts am Wesen der Menschen ändern können, das spürte er an diesem Exemplar. Er fragte sich, wie es seiner Frau wohl ging, wo er doch völlig überraschend verschwunden war.
Als er langsam und ruhig dem Präsidenten folgte, um Ihn zur Rede zu stellen und gegebenenfalls die Situation zu erklären, war der Synodenführer hinter ihm durch eine Wand getreten und außer Sicht.
Er fand die verrückte Orange, wie er den Kerl insgeheim getauft hatte, erst nach einer geraumen Weile. Aufrecht auf seinem Stuhl sitzend, die Beine gerade auf den Boden gestellt, die Arme verschränkt und mit wie zu einem Kuss gespitzte Lippen, dazu eng zusammengekniffenen Augen und gerunzelter Stirn, saß dieser vor einem Panoramafenster mit Blick auf den Jupiter. Der Große Rote Fleck war gerade auf der anderen Seite des riesigen Planeten und trotz der Geschwindigkeit des Mutterschiffes würde der Präsident dieses Schauspiel während seines Aufenthaltes auch nicht mehr zu sehen bekommen, anders als ein gewisses ehemaliges Mitglied des Geheimdienstes, das das russische Pendant der Orange war, der Brom Bär. Agent Sandoval lächelte über diesen kleinen Spaß, der Ihm noch geblieben war. Als nächstes war die schlaue Kartoffel an der Reihe und dann… mal schauen.
„Eins muss man euch Asiaten lassen, eure 3D Technik ist ganz passabel. Aus welchem Land kommen sie genau?“
„Aus dem Amerika von 1999. Damals wurde ich von den Taelons auf diese Reise eingeladen und darf sie nun in diesem wunderbaren Umfeld begleiten“
„Jaja, klar.“ Die Orange schnaubte und kehrte zu einem geschäftsmäßigen Tonfall zurück „Also, was wollen Sie? Geld? Macht, Zugeständnisse? Wann lassen sie mich frei?“
„Wir lassen Sie frei, wenn Sie uns glauben. Und wir wollen, dass Sie unser Anliegen verstehen und sich selbst eine Meinung daraufhin bilden“
„Meine Meinung besteht bereits. Ich werde mich zu nichts zwingen lassen!“
___________________________________________________________________________
Die drei Taelons, die die beiden Menschen durch die für sie durchsichtigen Membranen beobachteten, waren ein wenig enttäuscht nach dem bisherigen Verhalten des Präsidenten. Sie hatten sich nach seinen Vorgängern – die teilweise zähe und schlaue Verhandlungspartner waren, eher auf eine mittelschwere Überzeugungsarbeit eingestellt, doch wie sollte man mit jemandem reden, der sich derart kindisch benahm?
Warum machten es Menschen einem so schwer, sie auf den rechten Weg zu führen? Diese eine Mal wollten sie doch wirklich nur das Beste!
Einer der Beobachtenden wandte sich an den neben ihm stehenden Synodenführer „Quo’on, ich bitte dich, lass mich mit ihm reden. In meiner Kaste der Diplomaten habe ich bisher nur herausragende Leistungen erzielt; ich bin sicher, ich finde einen Zugang zu dieser Person“
Als Quo’on nicht antwortete, mischte sich ein anderer Taelon ein: „Das kommt nicht in Frage. Sobald er dich sieht, wird er dich, genau wie zuerst Agent Sandoval, für eine Frau halten. Und da er, im Gegensatz zu Agent Sandoval, keinerlei Manieren hat, wird er dich dann nicht ernst nehmen. Du musst dich sowieso um das Kind kümmern!“
Quo’on unterbrach die sich noch nur Neckenden mit einer Geste seines Armes, bevor das Ritual des sich Zerstreitens in eine kritische Phase übergehen konnte „Wir werden dem Menschen einige Tage mit Agent Sandoval geben. Dann werden wir weitersehen. Eventuell ist das hier zu viel für seine Auffassungsgabe“
Damit machte er sich auf dem Weg zu seinem Quartier, weg von seinen Begleitern. Für die folgenden Observationen war er nicht wichtig, er war lediglich das Gesicht der Taelons, das diese den Regierenden der Erde präsentieren sollten. Er war froh, etwas Zeit allein verbringen zu können; auch wenn er die vormals rege Aktivität des Gemeinwesens vorgezogen hätte.
Es waren nur wenige Taelons an Bord aktiv, einige Ingenieure und natürlich der unabdingbare Heiler für das bevorstehende freudige Ereignis.
Insgeheim fasste er sich stöhnend an die Stirn. Sicher, Kinder zu bekommen war das wichtigste in diesen Tagen, und wenn es mit so wenig medizinischer Hilfe zustande kam, wie bei den beiden, war es ein Wink des Schicksals.
Aber zwei Gefühlsüberfüllte Taelons kurz nach der Bindung als Mitarbeitende an einem Projekt neben sich zu wissen, gelegentlich zwischen ihnen zu stehen und regelrecht geröstet zu werden in ihrem beständigen Strom an ausgetauschten Gedanken und Fantasien … das war Folter.
Sein Glück war nur, das ihn sowohl der Tragende als auch der Zeugende als Koryphäe anerkannten und auf ihn hörten, wenn er um Zurückhaltung bat.
Sie hatten schließlich nicht in Stasis gehen können, wie die meisten anderen Taelons an Bord und an Bord der großen Stasis Lager auf einem Planeten namens Proxima Centauri b, auf den die Menschen, so sie es den schafften ihre Raumfahrt weiterzuentwickeln, bald stoßen würden. Wobei „bald“ alles innerhalb der 10.000 Jahre Lebenserwartung der Stasistanks war, die aus lebendem Gewebe mit geringer Intelligenz bestanden. Nicht „bald“ wie in „bald erhältlich“ in der pausenlos von dem Planeten Erde ausgehenden Werbevideos.
So würde denn der letzte lebend geborene Taelon allein auf dem Mutterschiff aufwachsen, nur unter Aufsicht seiner „Eltern“ und des ehemaligen Synodenführers, eventuell mit einem der jüngeren Techniker als Spielgefährten. Sobald er erwachsen war, konnte er in Stasis gehen, hier auf einem der Monde des Jupiters oder auf dem Mutterschiff in einem automatischen Orbit, wartend auf die Menschen, die seine Art entdecken sollten.
Die Stasis konnte zwar den Keimbahnen gefährlich werden, aber dieses Kind war höchstwahrscheinlich sowieso steril. Wohlweislich waren seine Eltern nie in Stasis gewesen, im Gegensatz zu vielen anderen, die nach einer langen Reise auf ihren Schiffen am Zielort feststellen mussten, dass sie diesen nicht in eine blühende Kolonie verwandeln konnten.
Als man die fatale Nebenwirkung entdeckt hatte war der Schaden am Volk der Taelons bereits nicht wieder gutzumachen gewesen, denn nachdem der Feind die Heimatwelt zerstört hatte, waren sie stark dezimiert.
Alle noch fruchtbaren Taelons waren dem Ruf Ma’els gefolgt, zu einem Planeten, den dieser als Paradies bezeichnete. Dann waren immer wieder kleine Unglücke passiert, Kinder wurden tot geboren, Eltern verstarben an dem Energieverlust bei der extrem zehrenden Geburt, ihre von Ihren Auren als Nährmedium abhängigen Kinder alleine lassend. Es war eine furchtbare Zeit und Quo’on sah nicht unbedingt hoffnungsvoll auf die Zukunft seiner beiden Begleiter.
Doch… Es war auch ein ganz kleines Stück Glück. Ein ganz bisschen Zufriedenheit und vielleicht auch Liebe zurückgekehrt in die kleine Gemeinschaft. Gelegentlich gab er sich den Träumen hin, sich als junger Heranwachsender mit seinen Eltern auf ihrem Außenposten zu sein und zu beobachten, wie sein Geschwisterchen geboren wurde. Wie lange war das doch her.
Und jetzt stand er hier, drei Generationen alt, ein biblisches Alter selbst für einen Taelon. Er stand hier als Verwalter ihres Unterganges und konnte nur noch versuchen, die Menschen an einer Zerstörung Ihres eigenen kleinen Planeten zu hindern. Auf die vage Hoffnung hin, sie mögen sein Volk irgendwann von dem Planeten in der Nachbarschaft finden und heilen.
Disclaimer: Alle Ähnlichkeiten mit real existierenden Personen sind frei erfunden. So wie die Story.
Die verrückte Orange
Der Präsident war gerade von einer Veranstaltung zum Thema Weltklima zurückgekehrt, hatte sich an seinen privaten Schreibtisch gesetzt, seine Schuhe ausgezogen, die Füße trotz des Wissens, seine Berater damit in Weißglut zu versetzten, auf den Tisch gelegt und war nun dabei, in Ruhe zu gewittern, äh Verzeihung, ich meinte zu twittern.
Alle, die ihn dabei stören könnten, hatte er irgendwie beschäftigt, so dass er sich nun konzentriert mit den Fake News auseinandersetzen konnte, die ihm heute so als „unabwendbare Tatsachen“ aufgetischt worden waren.
Frei nach dem Motto „Glaube keiner Statistik, die du nicht selbst gefälscht hast“, schmetterte er alle Kritiker einfach ab. Keiner von diesen Vögeln hatte schließlich irgendeine echte Meinung vom Klima bilden können. Im Gegensatz zu ihm saßen die ja nur vor ihren Bildschirmen und moderten als Kellerkinder vor sich hin, während er tatsächlich an den Orten war, an denen angeblich so Klimawandelkatastrophen passieren sollten.
Da war er gerade auf einen besonders oft geteilten Post von einer schwedischen Schülerin gestoßen und versuchte nun, ihre Aussagen mit seinem Weltbild in Kontakt zu bringen. Mit dem Vorwurf, ihre Zukunft zu verbauen, konnte er sich einfach nicht anfreunden. Er baute doch schon alles Mögliche. Zum Beispiel Mauern.
Plötzlich war ein leises „Tschak!“ zu hören, nicht weit von ihm entfernt. Er ignorierte es. Bestimmt war nur ein mehr oder weniger unwichtiger Stapel Papiere vom Tisch gerutscht.
Die beiden Leibwächter vor seiner Tür nahmen nichts wahr von den Geschehnissen im Zimmer. Der leichte violett weiße Schein, der unter dem Türspalt durchschimmerte, fiel in der Festtagsbeleuchtung des Flures sowieso nicht auf; und das Geräusch der Interdimensionsportale ging in einem rein zufälligen Niesen von Commander Boone unter.
„Gesundheit!“ wünschte ihm der andere.
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„Was- Wo bin ich?“ verdattert drehte sich der Präsident um die eigene Achse.
Um ihn herum waren etwa zweieinhalb Meter hohe Türme, an denen riesige blauweiße Fächer hingen, deren Leuchten gerade verblasste. Dahinter sah er fremdartig wirkende blau-violett marmorierte Wände, die seinem Sehsinn durch die Drehung übel mitspielten, woraufhin ihm schlecht wurde.
Ihm wurde bewusst, dass sein Schreibtischstuhl mit ihm gekommen war und er sich deswegen stetig um seine eigene Achse drehte. Er stellte die in Tennissocken steckenden Füße auf den Boden und hielt an.
Hinter ihm räusperte sich jemand
Schreckhaft drehte er sich um. Das hier war auf einer unbewussten Ebene beunruhigend.
Da stand ein adretter Asiate in der – äh- Tür? Loch in der Wand? Ehrlich mal, wo WAR er denn hier? Hatten diese Asiaten denn gar keine Zivilisation, dass sie nun schon Höhlenwände blau anmalten und meinten, er würde das nicht merken? Er besah sich die Umgebung mit kritischem Blick.
„Mister Präsident?“ sprach ihn der Bedienstete in kultiviertem Ton an- immerhin, dieser Mensch konnte ordentlich sprechen! Dem würde er seinen Unmut schon klar machen können „Mein Name ist Agent Sandoval. Wenn sie mir bitte folgen würden.“
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Nachdem dieser unmögliche Mensch sich endlich bereitgefunden hatte, ihm zu folgen -Ronald hatte ihm erstmal klarmachen müssen, dass dieser keine Schuhe anhabe und diverse Kleidungsstücke unschicklich offen standen- nicht das das seine Auftraggeber gestört hätte, aber es hätte den Präsidenten in seiner Ehre und damit die Verhandlungen behindert- traten sie durch einen kurzen Verbindungsgang in den vorgesehenen Raum.
„Hier ist ja niemand!“ entfuhr es dem anderen wütend
„Gedulden sie sich bitte, Mister Präsident, Sie werden in Kürze eintreffen“
„Sie? Wer ist „Sie“? ich erwarte SOFORT eine Antwort! Glauben sie nicht, sie könnten mich einschüchtern, Mr. Aronal!“
„Sandoval. Die Außerirdische Rasse, die unseren Planeten seit circa 50 Jahren beobachtet“
„Das sind doch nur wieder Fake News! Wahrscheinlich haben sie mich unter Drogen gesetzt und versuchen jetzt, mir ihren Klimaschwindel durch Gehirnwäsche einzutrichtern!“
„Ich darf ihnen versichern, diese Wesen sind real. Und hier sind sie auch schon“ Elegant hinter den aufgebrachten Mann deutend.
Der Präsident drehte sich vor Wut eine Schnute ziehend um und wollte die Verantwortlichen, die man ihm jetzt präsentierte, zur Verantwortung für seine Entführung ziehen- das war doch eine Entführung, oder? Niemand wachte plötzlich ganz woanders auf… -als er sich des Wesens gewahr wurde, das ruhig darauf warteten, zur Kenntnis genommen zu werden.
Da stand ein hagerer, großer Mann im komischen Kostüm, inklusive 70er Jahre Plateau-Schuhen und Ganzkörperkondom. Der Kopf sah seltsam deformiert aus und als das Wesen zu sprechen begann, hatte der Präsident eher eine hohe Fistelstimme erwartet, wie er sie bei Transleuten im Fernsehen gesehen hatte. Überraschend tief sagte der sogenannte Außerirdische „Ich Grüße Sie, Mister Präsident“ Dabei bewegte er den Kopf sehr seltsam nach vorne beim Sprechen, ein bisschen wie ein Vogel. Gefangen von den Eindrücken, die sich ihm boten, sagte der Präsident erstmal nichts.
„Ich bin der Synodenführer Quo’on. Mein Volk sind die Taelons, dies ist unser Schiff“
„Auf welchem Ozean sind wir gerade?“
Der andere legte den Kopf schief und starrte ihn an. Er überlegte eine Weile und antwortete dann „Wir sind auf dem Ozean zwischen den Sternen, auf dem wir auch zur Erde gekommen sind“
Noch bevor der andere Quo’on grundlos vor den Kopf stoßen konnte, griff Agent Sandoval in das Gespräch ein, und bat „Mister Präsident, hören sie sich unser Anliegen erst einmal an. Anschließend können sie- …“
„Garnichts werde ich mir anhören, Sie haben mich entführt, und dann erzählen Sie mir so einen quatsch? „Zwischen den STERNEN, Ha! Was fällt Ihnen ein! Ich bin der PRÄSIDENT! Und jetzt lassen sie mich hier sofort raus!“
Bei den letzten Worten war der Mann in den für ihn etwas zu kleinen Ersatzschuhen von Agent Sandoval aus dem Raum geflüchtet. Irgendwie hatte Quo’on ihn erschüttert. Etwas war nicht richtig, dass merkte er instinktiv.
„Verfahren wir wie besprochen?“ fragte Ronald den Taelon
„Er kann nicht entkommen, der einzige für Ihn und Sie durchlässige Raum ist der zu den Transportkammern. Auch diesen werde ich schließen lassen, damit er sich nicht verletzt.“ Der Synodenführer legte den Kopf schief. Seine Haut begann von innen her zu leuchten, wurde durchsichtig und verschwand dann ganz, den wahren Körper des Taelons freigebend. Agent Sandoval kannte seine Instruktionen, in seiner Zeit beim FBI war er schließlich mit den Techniken der Gehirnwäsche gut vertraut gewesen. Auch seine 20 Jahre des Kälteschlafes hatten nichts am Wesen der Menschen ändern können, das spürte er an diesem Exemplar. Er fragte sich, wie es seiner Frau wohl ging, wo er doch völlig überraschend verschwunden war.
Als er langsam und ruhig dem Präsidenten folgte, um Ihn zur Rede zu stellen und gegebenenfalls die Situation zu erklären, war der Synodenführer hinter ihm durch eine Wand getreten und außer Sicht.
Er fand die verrückte Orange, wie er den Kerl insgeheim getauft hatte, erst nach einer geraumen Weile. Aufrecht auf seinem Stuhl sitzend, die Beine gerade auf den Boden gestellt, die Arme verschränkt und mit wie zu einem Kuss gespitzte Lippen, dazu eng zusammengekniffenen Augen und gerunzelter Stirn, saß dieser vor einem Panoramafenster mit Blick auf den Jupiter. Der Große Rote Fleck war gerade auf der anderen Seite des riesigen Planeten und trotz der Geschwindigkeit des Mutterschiffes würde der Präsident dieses Schauspiel während seines Aufenthaltes auch nicht mehr zu sehen bekommen, anders als ein gewisses ehemaliges Mitglied des Geheimdienstes, das das russische Pendant der Orange war, der Brom Bär. Agent Sandoval lächelte über diesen kleinen Spaß, der Ihm noch geblieben war. Als nächstes war die schlaue Kartoffel an der Reihe und dann… mal schauen.
„Eins muss man euch Asiaten lassen, eure 3D Technik ist ganz passabel. Aus welchem Land kommen sie genau?“
„Aus dem Amerika von 1999. Damals wurde ich von den Taelons auf diese Reise eingeladen und darf sie nun in diesem wunderbaren Umfeld begleiten“
„Jaja, klar.“ Die Orange schnaubte und kehrte zu einem geschäftsmäßigen Tonfall zurück „Also, was wollen Sie? Geld? Macht, Zugeständnisse? Wann lassen sie mich frei?“
„Wir lassen Sie frei, wenn Sie uns glauben. Und wir wollen, dass Sie unser Anliegen verstehen und sich selbst eine Meinung daraufhin bilden“
„Meine Meinung besteht bereits. Ich werde mich zu nichts zwingen lassen!“
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Die drei Taelons, die die beiden Menschen durch die für sie durchsichtigen Membranen beobachteten, waren ein wenig enttäuscht nach dem bisherigen Verhalten des Präsidenten. Sie hatten sich nach seinen Vorgängern – die teilweise zähe und schlaue Verhandlungspartner waren, eher auf eine mittelschwere Überzeugungsarbeit eingestellt, doch wie sollte man mit jemandem reden, der sich derart kindisch benahm?
Warum machten es Menschen einem so schwer, sie auf den rechten Weg zu führen? Diese eine Mal wollten sie doch wirklich nur das Beste!
Einer der Beobachtenden wandte sich an den neben ihm stehenden Synodenführer „Quo’on, ich bitte dich, lass mich mit ihm reden. In meiner Kaste der Diplomaten habe ich bisher nur herausragende Leistungen erzielt; ich bin sicher, ich finde einen Zugang zu dieser Person“
Als Quo’on nicht antwortete, mischte sich ein anderer Taelon ein: „Das kommt nicht in Frage. Sobald er dich sieht, wird er dich, genau wie zuerst Agent Sandoval, für eine Frau halten. Und da er, im Gegensatz zu Agent Sandoval, keinerlei Manieren hat, wird er dich dann nicht ernst nehmen. Du musst dich sowieso um das Kind kümmern!“
Quo’on unterbrach die sich noch nur Neckenden mit einer Geste seines Armes, bevor das Ritual des sich Zerstreitens in eine kritische Phase übergehen konnte „Wir werden dem Menschen einige Tage mit Agent Sandoval geben. Dann werden wir weitersehen. Eventuell ist das hier zu viel für seine Auffassungsgabe“
Damit machte er sich auf dem Weg zu seinem Quartier, weg von seinen Begleitern. Für die folgenden Observationen war er nicht wichtig, er war lediglich das Gesicht der Taelons, das diese den Regierenden der Erde präsentieren sollten. Er war froh, etwas Zeit allein verbringen zu können; auch wenn er die vormals rege Aktivität des Gemeinwesens vorgezogen hätte.
Es waren nur wenige Taelons an Bord aktiv, einige Ingenieure und natürlich der unabdingbare Heiler für das bevorstehende freudige Ereignis.
Insgeheim fasste er sich stöhnend an die Stirn. Sicher, Kinder zu bekommen war das wichtigste in diesen Tagen, und wenn es mit so wenig medizinischer Hilfe zustande kam, wie bei den beiden, war es ein Wink des Schicksals.
Aber zwei Gefühlsüberfüllte Taelons kurz nach der Bindung als Mitarbeitende an einem Projekt neben sich zu wissen, gelegentlich zwischen ihnen zu stehen und regelrecht geröstet zu werden in ihrem beständigen Strom an ausgetauschten Gedanken und Fantasien … das war Folter.
Sein Glück war nur, das ihn sowohl der Tragende als auch der Zeugende als Koryphäe anerkannten und auf ihn hörten, wenn er um Zurückhaltung bat.
Sie hatten schließlich nicht in Stasis gehen können, wie die meisten anderen Taelons an Bord und an Bord der großen Stasis Lager auf einem Planeten namens Proxima Centauri b, auf den die Menschen, so sie es den schafften ihre Raumfahrt weiterzuentwickeln, bald stoßen würden. Wobei „bald“ alles innerhalb der 10.000 Jahre Lebenserwartung der Stasistanks war, die aus lebendem Gewebe mit geringer Intelligenz bestanden. Nicht „bald“ wie in „bald erhältlich“ in der pausenlos von dem Planeten Erde ausgehenden Werbevideos.
So würde denn der letzte lebend geborene Taelon allein auf dem Mutterschiff aufwachsen, nur unter Aufsicht seiner „Eltern“ und des ehemaligen Synodenführers, eventuell mit einem der jüngeren Techniker als Spielgefährten. Sobald er erwachsen war, konnte er in Stasis gehen, hier auf einem der Monde des Jupiters oder auf dem Mutterschiff in einem automatischen Orbit, wartend auf die Menschen, die seine Art entdecken sollten.
Die Stasis konnte zwar den Keimbahnen gefährlich werden, aber dieses Kind war höchstwahrscheinlich sowieso steril. Wohlweislich waren seine Eltern nie in Stasis gewesen, im Gegensatz zu vielen anderen, die nach einer langen Reise auf ihren Schiffen am Zielort feststellen mussten, dass sie diesen nicht in eine blühende Kolonie verwandeln konnten.
Als man die fatale Nebenwirkung entdeckt hatte war der Schaden am Volk der Taelons bereits nicht wieder gutzumachen gewesen, denn nachdem der Feind die Heimatwelt zerstört hatte, waren sie stark dezimiert.
Alle noch fruchtbaren Taelons waren dem Ruf Ma’els gefolgt, zu einem Planeten, den dieser als Paradies bezeichnete. Dann waren immer wieder kleine Unglücke passiert, Kinder wurden tot geboren, Eltern verstarben an dem Energieverlust bei der extrem zehrenden Geburt, ihre von Ihren Auren als Nährmedium abhängigen Kinder alleine lassend. Es war eine furchtbare Zeit und Quo’on sah nicht unbedingt hoffnungsvoll auf die Zukunft seiner beiden Begleiter.
Doch… Es war auch ein ganz kleines Stück Glück. Ein ganz bisschen Zufriedenheit und vielleicht auch Liebe zurückgekehrt in die kleine Gemeinschaft. Gelegentlich gab er sich den Träumen hin, sich als junger Heranwachsender mit seinen Eltern auf ihrem Außenposten zu sein und zu beobachten, wie sein Geschwisterchen geboren wurde. Wie lange war das doch her.
Und jetzt stand er hier, drei Generationen alt, ein biblisches Alter selbst für einen Taelon. Er stand hier als Verwalter ihres Unterganges und konnte nur noch versuchen, die Menschen an einer Zerstörung Ihres eigenen kleinen Planeten zu hindern. Auf die vage Hoffnung hin, sie mögen sein Volk irgendwann von dem Planeten in der Nachbarschaft finden und heilen.