16.12.2019, 15:46
Und weiter geht es mit dem Blick zum Ursprung. Viel Spass beim Lesen!
Die Zeitreisenden fanden sich auf einer vermüllten engen Gasse wieder, und es war spät am Abend und recht kalt.
"Ronald, ich musste Sie aus der Schleife nehmen", sagte Liam, "und kann Sie auch nicht wieder reinnehmen. Der andere erinnert sich auch, und zwar vage an das, was Sie erleben, nicht er."
"Vermutlich wegen des CVI", ergänzte Augur.
"An wie viele Durchgänge erinnern Sie sich?", fragte Ron.
"Vier", sagte Liam, "Am Ende des letzten Durchgangs habe ich übrigens Boone mit in die Schleife aufgenommen, wir sind mit ihm zum Frühstück bei ihm zuhause verabredet."
"Aha?", machte Augur, "Aber gut, bis dahin bin ich mit den Vorbereitungen schon fertig, ich habe ja jetzt schon Übung darin."
"Das glaube ich dir." Liam legte seine Hand in die Einbuchtung im Portal und der Hacker legte seine Hände gegen die in der Nacht hell erstrahlende Fläche im Portal und verschwand. Liam berührte die Fläche ebenfalls, als er sie wieder losließ, verblasste das Leuchten.
"Was ist gerade passiert?", fragte Ron.
"Ich habe Augur zu sich nach Hause gebracht. Er muss ein paar Dinge vorbereiten, damit wir ungesehen in der Kirche agieren können."
Er stutzte. "Wieso wollen wir das?", fragte er, "Liam, Sie haben mich aus der Schleife genommen, ich bin gerade völlig unwissend!"
"Ah, ja", sagte Liam, "Wir haben zugesagt, zu versuchen Ha'gel und Boone zu retten. Ha'gels Rettung wurde getestet und kann funktionieren. Was Boones Rettung angeht ... das machen wir später." Er wies auf das Portal und aktivierte es. "Nach euch."
Ava und Ron griffen in die weiße Fläche, Liam ebenso, und als das Leuchten verblasste, fanden sie sich in einem geräumigen Wohnzimmer wieder.
Boone saß auf dem Sofa, in der Hand ein Whiskeyglas. "Ich dachte, wir hätten uns zum Frühstück verabredet?", bemerkte er.
"Ich dachte, wenn hier ohnehin niemand ist außer Ihnen, dann können wir uns hier über Nacht einquartieren", gab Liam zurück, "Finden Sie es sehr schlimm?"
"Schlimm finde ich nur, dass Sie Augur nicht mitgebracht haben."
"Er muss noch etwas bei sich zuhause vorbereiten", erklärte er, "Sonst fallen unsere Aktivitäten in der Kirche unter der Kirche auf." Boone hob die Brauen. "Es ist schon schwierig genug, von Lili, Beckett, Ihnen und zunächst auch Ha'gel nicht gesehen zu werden, aber den Kameras können wir wirklich nicht allen ausweichen, also muss Augur sich da mit seinem Global dazwischenhängen."
"Er hat inzwischen Übung darin", sagte Ava.
"In einer Zeitschleife, ja", verstand Boone, "da kann ich mir das vorstellen." Er stellte sein Whiskeyglas auf den niedrigen Wohnzimmertisch und stand auf. "Wir wurden uns nicht vorgestellt", sagte er dann, "Ich bin William Boone."
Er bot ihr die Hand, Ava griff danach. "Ava Wilson", sagte sie, "Freiwillige mit Gummiattrappe."
"Sehr erfreut. Möchten Sie einen Whiskey?" Er wandte sich Liam zu. "Sie? Wie heißen Sie?"
"Liam, und ja, gerne."
"Gerne", sagte auch Ava.
Boone sah fragend zu Ron, der freundlich nickte.
In einer Vitrine ganz oben standen einige Whiskeyflaschen und Whiskeygläser, der Implantant nahm drei Gläser und eine Flasche heraus und schenkte jeweils zwei Fingerbreit hoch ein, dann stellte er die Flasche wieder oben in die Vitrine und schloss das Türchen.
"Es tut mir leid, dass ich Sie erschossen habe", sagte er dann zu Ron.
Erschossen?
"Muss es nicht", sagte dieser, "Ich erinnere mich daran nämlich nicht."
"Ich musste ihn aus der Schleife nehmen", erklärte Liam, "Bei Implantanten stehen die Erinnerungen aus früheren Durchgängen vage auch dem zur Verfügung, der eigentlich nicht in der Schleife ist. Die einzige Lösung war, ihn ganz rauszunehmen."
"Das war ein Durcheinander am Anfang", erzählte Ava, "Ein Ronald Sandoval, der uns nicht kennt, auf Jagd nach dem Zeitportal und den Zeitreisenden. Einmal bin ich glatt in einer Zelle auf dem Mutterschiff gelandet und womöglich hätte er sich noch eingebildet, mich foltern zu wollen!"
Ron wandte den Kopf und starrte sie an. "Was? Ernsthaft? Ich bitte um Entschuldigung!"
"Na, wenigstens warst du für einen Implantanten relativ leicht aus der Fassung zu bringen."
Er blinzelte. "Ah ..."
"Schon gut", sagte sie, "Commander Boone hat mich ja immerhin mal erschossen, ich bin da nicht nachtragend."
"Habe ich?", fragte Boone.
"Ich habe zuerst geschossen", sagte Ava, "Wie gesagt, es war ein Durcheinander." Sie griff nach einem Whiskeyglas und nippte daran. "Sagen Sie, Commander Boone", ergriff sie dann wieder das Wort, "ist das da ganz oben ein Schachbrett?"
Liam schlug Avas Läufer und freute sich wie ein Honigkuchenpferd. Er sah keine unmittelbare Gefahr mehr, sein König war so sicher, wie er vor Ava nur sein konnte.
"Acht Züge", sagte Boone.
Sehr sicher war es also nicht. Ava zog ihren Turm, ohne die Gelegenheit, Liams Dame zu schlagen, zu nutzen. Wollte sie ihm noch eine Chance geben oder war Liams König auch so dem Untergang geweiht?
Liam zog seine Dame aus dem Weg und deckte mit ihr sogar noch eines seiner Pferde zusätzlich.
"Sieben Züge", sagte Boone.
"Das bedeutet, Sie haben den bestmöglichen Zug gewählt", lobte Ava, "Hätten Sie beispielsweise lieber das Pferd gerettet, wären wir runter auf drei Züge." Selbiges Pferd schlug sie nun mit einem Bauern, der von diesem Feld aus nun den König bedrohte.
Der König konnte nicht weg, er war von allen Seiten eingeparkt, Liam musste also diesen Bauern schlagen. Mit der Dame oder dem Läufer?
Er wählte den Läufer.
"Vier Züge", sagte Boone.
Liam ließ seinen Kopf hängen. "Verdammt!"
Ava zog mit ihrer Dame, der Sinn dahinter erschloss sich ihm nicht. Er rückte mit dem Turm und parkte seinen König noch etwas besser ein.
"Ein Zug!"
"Wieso denn?", fragte er erschrocken.
Ava sprang mit einem Pferd und schlug genau diesen Turm, der auf einem Feld stand, das vorhin durch den Turm gedeckt war und es jetzt nicht mehr war, und noch dazu genau einen Rösselsprung vom König entfernt war.
Liams König war mattgesetzt.
"Ach Mist ..."
Ava schmunzelte. "Im Vergleich zum Narrenmatt damals haben Sie sich immens gesteigert", lobte sie ihn, "Dafür stecken Sie mich eben im Fu'flasha in die Tasche."
"Und Da'an steckt er auch in die Tasche im Fu'flasha!", kam von Ronald, der sich am Bücherregal bedient und die Nase in "Krieg und Frieden" versenkt hatte.
"Fu'flasha ist eben eigentlich ein altes Kimeraspiel", bemerkte Liam, "Naja, ein paar Zugregeln haben die Taelons weggelassen, das Spielfeld ist keine Kleinsche Flasche mehr und dann haben sie noch rituellen Krimskrams reingeworfen und verwenden Fu'flasha als letzten Weg zur Streitschlichtung." Er tippte sich mit dem Zeigefinger an die Stirn. "Ein Kinderspiel!", sagte er, "Das wäre, als ob man vor Gericht darum Halma spielen würde, wer ins Gefängnis geht ..."
"Erklärt einiges", kam von Ronald, "Wenn die Leute über Jahrmillionen lieber Halma üben, statt sich beispielsweise Grundenergieherstellung beizubringen, bevor es alle vergessen haben."
"Grundenergie?", fragte Boone.
"Taelonisches Essen. Rationiert seit ... weiß nicht. Jahrmillionen jedenfalls."
"Seit sechs Millionen Jahren", sagte Liam, "Dafür haben sie in der Zeit alles perfektioniert, was die Rückgewinnung von Grundenergie aus der Umgebung betrifft. Selbst die energetischen Überreste eines Taelons, der auf der Erde den Löffel abgibt, werden von den Kollektoren auf dem Mutterschiff angezogen und eingesammelt." Er seufzte. "Und dass die Taelons alle Kimera-Taelon-Hybriden, die sie in die Finger gekriegt haben, zur Gewinnung von nutzbarer Energie haben quasi ausbluten lassen, ist auch tragische Geschichte."
Boone spannte sich sichtbar an. "Planen die Taelons das auf der Erde? Mensch-Taelon-Hybriden zum Ausblutenlassen?"
"Ma'el wollte doch damals im Grasland eine Hybridisierung", bemerkte Ava, "Liam?"
"Ja, aber nicht deswegen. Körperliche Verdauung kann keine verbrauchte Grundenergie ergänzen. Ich bin mir auch sicher, dass nicht die Energie eines lebenden Taelons zur Hybridisierung genutzt würde, denn natürlich ist es ein Gräuel, sich mit primitiven, körperlichen Wesen zu vereinigen."
"Sich mit dem Kriegsgegner zu vereinigen natürlich auch. Oder?", kam von Ronald, "Was haben sie mit den Taelon-Elternteilen der Kimera-Taelon-Hybriden gemacht?"
"Für ein solches Verbrechen? Kannibalisiert natürlich." Liam seufzte. "Die Zahl der Dinge, die als Verbrechen angesehen wurden, wurde über die Jahrmillionen immer größer, weil das ermöglichte, die Vorräte aufzufüllen."
"Das ist, muss ich zugeben, um einiges gruseliger, als ich den Taelons zugetraut hätte", stellte Boone fest, "Jetzt müssen Sie mir nur noch erklären, wer die Kimera genau sind. Ha'gel ist also kein Taelon, soviel ist mir klar."
"Naja, Zo'or hatte ja eine recht passende Analogie parat. Kimera sind quasi die Neandertaler der Taelons, nur nicht ganz so ausgestorben, nur fast." Liam überlegte kurz. "Besser gesagt, die Kimera sind quasi Homo erectus der Taelons, immerhin sind sie auch ihre Vorfahren."
Ronald klappte das Buch zu und legte es auf den Wohnzimmertisch. "Liam, eine Frage: Wovon ernähren sich Kimera?"
"Kimera sind extrem vielseitige Omnivoren und ernähren sich von, ehrlich gesagt, so gut wie allem."
"Und die Taelons stammen alle von Kimera ab."
"Und sie haben sich ihrem verkopften Ideal nahegezüchtet und dabei alle Vielseitigkeit verloren." Liam seufzte. "Ein paar Kimera haben dann versucht, sich als Taelons auszugeben und doch wieder etwas Variantenreichtum reinzubringen ... kam nicht gut an, hatte genozidale Wut zur Folge."
"Chamäleon", sagte Boone, "Davon hat Da'an also erzählt."
"Richtig. Und natürlich wurden rückwirkend alle Mischlinge uminterpretiert ... immerhin würde kein Taelon sich freiwillig mit einem Kimera einlassen. Die taelonischen Mischlingseltern wurden post mortem begnadigt und vermutlich haben sie sich dabei im Grab umgedreht."
"Ist das den Taelons so klar wie Ihnen?", fragte Boone.
Liam sah ihn an. "Nein. Sie erinnern sich zwar, aber ideologisch sehen sie das natürlich ganz anders. Vermutlich ist ihnen nicht einmal klar, dass die damals gezeugten doch recht zahlreichen Hybriden das Aussterben der Taelons so verzögert haben, dass wir uns heute noch mit ihnen rumschlagen müssen."
"Und die Nachfahren der Hybriden sind nicht irgendwie ... vernünftiger oder so?", warf Ronald ein, "Sie erinnern sich doch an die guten Absichten der Kimera."
"Rausgezüchtet", sagte Liam nur, "Kann man auch mit dem Gedächtnis machen. Anti-Erinnerungs-Gentherapie für die Nachfahren der Feinde."
Er blinzelte verdutzt, als sein Global klingelte.
"Das heißt wohl, dass Augur fertig ist", stellte Ronald fest.
"Ja, ja", Liam stemmte sich hoch und balancierte kurz auf einem Bein, "Ich gehe ihn gleich holen." Er trat zum Zeitportal, das den Blick auf den Fernseher verstellte, und reckte eine Hand nach der Einbuchtung, die er allerdings zunächst verfehlte.
"Liam, Sie sind betrunken!", stellte Ronald entsetzt fest.
"Nur leicht beschwipst." Liam tastete sich zur Einbuchtung vor und aktivierte das Portal, dann griff er in die leuchtende Fläche und fand sich bei Augur zuhause wieder.
"Mann ... du hast eine Fahne!", begrüßte ihn der Hacker, "Waren die Seychellen etwa nicht mehr gut genug?"
"Boone hat den Whiskey ausgepackt."
"Und du säufst ihn leer ..."
"Er hat eingeschenkt und eingeschenkt ... ich hätte wohl, wie Ava, öfter Nein sagen sollen."
Augur rollte mit den Augen. "Implantanten werden nicht betrunken, du schon!", sagte er schulmeisterhaft, "Kriegst du uns unfallfrei dorthin zurück, wo du vorher warst?"
Liam verzog das Gesicht. "Ja ..." Er griff wieder in die Einbuchtung, diesmal recht zielsicher, und dann in die weiße Fläche. Augur begab sich ebenfalls durch das Portal.
Die Anspannung in William Boones Wohnzimmer war spürbar und ließ nur langsam nach.
Ronald baute sich vor Liam auf. "Whiskeyverbot!", knurrte er, "Und ab ins Bett, schlafen Sie Ihren Rausch aus! Sie waren eine halbe Stunde weg und nicht erreichbar!"
Liam fühlte sich, als wäre er soeben um einen guten halben Meter geschrumpft. "Ja", sagte er kleinlaut, dann drehte er sich um und schlurfte von dannen. Boone wies ihm den Weg ins Gästezimmer.
Ava schlug ihre Augen auf und setzte sich auf dem Sofa in Boones Wohnzimmer auf. Ein Nickerchen hatte auch ihr gut getan und das leicht beduselte Gefühl des langen Abends vertrieben. Augur hatte offenbar die ganze Zeit genutzt, um ausgiebig mit Boone zu reden.
Ron las "Krieg und Frieden", oder vielmehr, er war schon fast damit fertig.
Eine melodische Tonfolge erklang, Boone öffnete kurz sein Global und schloss es wieder. "Mein Wecker", sagte er, "Möchte jemand Fertigwaffeln mit Ahornsirup? Im letzten Durchgang hatte ich das jedenfalls zum Frühstück."
"Ich sage nicht nein", kam von Augur.
Boone lächelte. "Gut, dann decken Sie bitte den Tisch. Ich sollte noch kurz duschen."
Ava erhob sich und trat zu ihnen. "Lassen Sie nur, Augur, Sie waren die ganze Zeit wach", sagte sie, "Ich bin ausgeschlafen, ich richte das Frühstück her."
"Danke, Miss Wilson", sagte Boone, dann verließ er den Raum.
Ava trat durch den breiten hölzernen Torbogen in die Küche und riss kurzerhand alle Oberschränke auf. Teller, Kaffeetassen, Gläser, alles fand sich und sie brachte es zum Tisch. Danach inspizierte sie die beiden vollhohen Küchenschränke und fand die angekündigten Waffeln auf bester Augenhöhe, den Ahornsirup hingegen neben Karamellsauce und Honig im untersten Regal. In einer Schublade spürte sie dann noch Gabeln auf, damit war alles komplett.
Um den Kaffe kümmerte sich tatsächlich Augur, Ron füllte zwei Krüge Wasser, wo immer er die Krüge gefunden hatte.
In frischer Kleidung und mit noch feuchten Haaren kam Boone zurück, da klingelte es an der Türe.
Er blieb starr stehen. "Das ist im letzten Durchgang nicht geschehen", sagte er, "Ich sehe nach, wer das ist." Er eilte in den Vorraum und öffnete die Türe einen Spalt.
Ava spitzte ihre Ohren, ebenso sichtlich Ron und Augur, die jegliches Geräusch mit Besteck, Geschirr, Wasser oder gar der Kaffeemaschine nach Kräften vermieden.
"Agent Sandoval!", sagte Boone überrascht, "Stimmt etwas nicht? Weshalb haben Sie nicht angerufen?" Ron sprang verdutzt auf.
Einen langen Moment war es still, dann öffnete Boone die Türe ganz und, tatsächlich, Ronald Sandoval trat ein und kam sogleich in die Küche.
Ron runzelte die Stirn und musterte sein Ebenbild. "Ha'gel", sagte er dann.
Ha'gel grinste zufrieden. "Ich habe mich gefragt, wie lange es dauert, bis Sie mich erkennen", sagte er.
"Weshalb sind Sie hier?"
"Nun, wenn ich mich nicht verzählt habe, dann ist das jetzt der fünfte Durchgang. Die Testläufe sind vorbei."
Verdutzt setzte Ron sich wieder. "Sie waren die ganze Zeit da ... alle vier Durchgänge ..." Er blickte zum Zeitportal. "Noch ein Zeitportal? Noch ein Liam?" Jetzt musterte er wieder Ha'gel. "Ein Kokon mit mir drin?"
"Alles", bestätigte der Kimera.
Boone kam in die Küche. "Sie sind hier, um sich von mir erschießen zu lassen", sagte er, "Das muss ein sehr merkwürdiges Gefühl sein."
"Mir ist seit sehr langer Zeit klar, dass das mein Schicksal ist", sagte Ha'gel, "Ich habe lange genug gelebt, jetzt ist es an der Zeit, in der nächsten Ebene herumzuspuken." Er lächelte. "Ich habe, anders als die meisten anderen Sterbenden, eine sehr genaue Vorstellung davon, was danach kommt", erklärte er, "Schon bevor er begann, das Zeitportal routinemäßig zu verwenden, hatte Liam eine ... Erscheinung von mir, und davon hat er mir natürlich erzählt."
Boone musterte ihn. "Darf ich fragen, wie viel Zeit Sie durch diese Rettung gewonnen haben?"
"Nein." Ha'gel griff nach einer Waffel und der Flasche Ahornsirup, aus der er dann großzügig von der süßen Flüssigkeit darauf verteilte. "Ich beantworte Ihnen aber eine andere Frage, die Sie sich sonst erst heute Abend stellen würden. Ja, auch Sie werden gerettet, und es tut mir sehr leid, dass ich sie so schwer werde verletzen müssen."
"Wie?", platzte Ron dazwischen.
"Nicht in aktueller Besetzung, so viel kann ich sagen."
Er runzelte die Stirn. "Es wird schwer, auf dem Mutterschiff jemanden zu retten", sagte er, "außer ... man hätte jemanden bei der Hand, der sich dort uneingeschränkt bewegen kann." Er sah zu Ava und Augur.
"Melody", verstand Ava.
"Sie kann das Mutterschiff so gut täuschen wie ich die Kameras in der Kirche!", kam von Augur.
Ha'gel schmunzelte und biss in seine Waffel.
Boone trat langsam an den Tisch und setzte sich nachdenklich. "Mein Schicksal", sagte er dann leise, "Ich wäre befreiter in den heutigen Tag gegangen, wäre mir nicht angekündigt worden, was gut hätte mein Tod sein können."
"Was nicht Ihr Tod sein wird!", widersprach Ha'gel.
"Das glaube ich Ihnen." Boone legte nun ebenfalls eine Waffel auf seinen Teller und nahm den Ahornsirup entgegen. "Der Widerstand hat offenbar nicht wenige neue Mitglieder", sagte er dann, "Augur, hast du etwa eine Ebenbürtige gefunden?"
"Nein. Sie ist ein Taelon."
Boone ließ die Waffel fallen. "Ein Taelon? Im Widerstand?"
"Es ist kompliziert. Sie ist Ma'el im Menschenkörper." Augur spähte nach dem Ahornsirup, gab sich aber damit zufrieden, ihn im Moment nicht zu erhalten. "Offenbar eröffnet das Leben in einem Menschenkörper für einen Taelon ganz neue Perspektiven. Nicht dass Liam ihr trauen würde, aber bisher waren die ihretwegen vorbereiteten Zeitschleifen nie nötig."
"Ma'el ..."
"Genau der, ja."
Der Implantant schüttelte den Kopf. "Ma'el lag in einem Sarg und hat sich verflüchtigt!"
"Nur die Hauptenergiebahnen!" Unisono gesprochen von Ron, Ava, Augur und Ha'gel.
"Oh, jetzt gleich!", fuhr der Kimera aufgeregt fort, "Moment!" Er rutschte mit seinem Stuhl so, dass er direkt neben Ron saß, und übernahm dessen exakte Körperhaltung.
Einen Moment später trat Liam ein und griff sich an den Kopf. "Leute, ich bin betrunkener als ich dachte ...", erschrak er, "Oder ist hier Ronald zweimal?"
"Nur einmal", sagte Ava wie beiläufig und nahm einen Bissen von ihrer mit Karamellsauce begossenen Waffel.
Er blinzelte und rieb sich die Augen. "Es sind immer noch zwei! Und warum grinsen die beide so blöd?"
"Hallo, Liam", sagte Ha'gel jetzt, "Du bist nicht mehr betrunken."
Liam griff fahrig nach einer Stuhllehne, zog den Stuhl zu sich und ließ sich darauf fallen. "Ha'gel ...", verstand er, "Du hast die Schleife mitgemacht."
"Ja."
Er seufzte ausgiebig, schnappte sich eine Waffel und verspeiste sie.
Augur genoss den erneuten Urlaub auf den Seychellen.
Sie waren nun zu sechst auf dieser sonst unbewohnten Insel, zu siebt, wenn man den Kokon zählte, in dem sich ein Ronald Sandoval befand. Zwei Zeitportale standen da, zwei Liams schütteten gemeinsam Sandhaufen um Sandhaufen auf und schnitzten Zinnen hinein.
Ein Ronald Sandoval tobte mit Ava durchs Meer, und Augur lag mit einer von der Palme geschossenen Kokosnuss da und ließ sich von der hiesigen Nachmittagssonne braten.
Ha'gel saß etwas abseits und beobachtete nur.
Vielleicht überlegte er ja auch, ob er seinen Übergang in die nächste Ebene doch noch verschieben konnte. Augur könnte das verstehen. Andererseits hatte Ha'gel sich vermutlich schon recht gründlich darauf eingestellt, dass er bald erschossen würde.
Und der Kimera mochte die nächste Ebene als nach dem Tod ansehen, für Augur war der Fall klar: Solange man nicht ganz weg war, war man nicht tot. Basta. Entsprechend vertrat der Hacker für sich auch die Ansicht, dass Ha'gel eben nicht sterben würde.
Unangenehm wäre der Übergang aber wahrscheinlich, aber da konnte man auch nichts machen.
Und unangenehm waren andere Dinge ja auch.
Augur brach ein Stück Fruchtfleisch aus dem Kokosnussbruchstück und aß es auf. Köstlich! Kein Vergleich zu dem, was er im Supermarkt oder sogar im Reformladen zu kaufen bekam.
Ob auch Kaffee im Anbauland so viel besser war? Vielleicht sollte Augur mal eine Reise dorthin anregen ...
Er räkelte sich und sah wieder zu den beiden Liams, die inzwischen die Türme mit Wällen verbanden. Um wie viel war wohl der eine älter als der andere? Sie sahen gleich alt aus, aber würde Liam überhaupt altern wie ein Mensch? Kimera wurden ja immerhin potentiell Millionen Jahre alt!
Stammte der Ronald Sandoval im Kokon aus derselben Zeit wie Liam und Ha'gel? Oder hatten sie ihn in ihrer Vergangenheit eingesammelt? Dass er diesen Part übernehmen musste, musste ihm ja spätestens seit dem Waffelfrühstück klar sein.
Wenn er aus derselben Zeit stammte, konnte diese nicht zu weit in der Zukunft sein, sonst sähe Ha'gels Gestalt älter aus.
Augur seufzte ausgiebig, brach ein Stück aus der Kokosnuss und aß es genüsslich.
Doch, er konnte sich an die Teilnahme an den Zeitreisen definitiv gewöhnen.
Man hatte mitunter viel Zeit für Urlaub, und der kam bei Augur doch sonst immer zu kurz, so sehr, wie ihn alle ständig verpflichten zu versuchten.
Gut, Nachteile hatten die Zeitreisen auch, aber das galt für das normale Leben eines Widerstandskämpfers oder auch nur eines gewöhnlichen Menschen auf einer von Taelons beherrschten Welt ebenso. Augur war in dieser Zeitschleife immerhin nie gestorben und nicht einmal nennenswert verletzt worden, damit war es ihm deutlich besser ergangen als seinen drei Mitreisenden.
Sein Global piepste, er griff danach und ließ es aufschnappen. Sein Fernsteuerungsmodul war aktiviert worden, Boone hatte wie versprochen den ihm noch vor dem Frühstück überreichten Stick am Computersystem unter der Kirche kurz angesteckt. Alternativ hätte Augur das, wie im letzten Durchgang, selber tun müssen, unter dem Vorwand, seine Handschuhe im Widerstandshauptquartier vergessen zu haben.
Ein mit Zertifikat versehenes Startprogramm wurde von allen Warnsystemen durchgelassen und öffnete jetzt ein Tor für Augurs Global.
Augur musste nicht vor dem Kirchentor stehend über das Jesus-W-LAN arbeiten, sondern konnte das bequem vom Sandstrand auf den Seychellen aus tun. Die goldene Hacker-Idylle! Mit Kokosnuss! Er warf sich ein Stück in den Mund und begann fröhlich grinsend seine bereits in einigen Durchgängen geübte Kamera-Routine.
Standbild übertragen, 360°-Abbild erstellen, Modifikationsregeln einrichten, alles kein Problem. Dann noch das Startprogramm aus dem Speicher löschen und den Start selbst aus dem Systemlogbuch tilgen. Und das alles so gemütlich und stressfrei wie selten.
Als Augur damit fertig war, hatte die Nacht begonnen.
Der Bau der Sandburg war beendet, Liam und Liam schwammen irgendwo draußen durchs Meer. Dafür waren Ronald und Ava nun an Land, lagen auf Ronalds Mantel im Sand und unterhielten sich leise, aber hörbar. Ha'gel war nicht unmittelbar aufzufinden, aber vermutlich doch nicht allzu weit weg.
Augur legte sein Global neben sich und setzte sich im Schneidersitz hin. Er überlegte durchaus, ob er sich zu den beiden Liams gesellen sollte. Vielleicht fände er dann auch heraus, wie viel älter der ältere war. Aber zunächst blieb er im Sand sitzen, er war immerhin im Urlaub und durfte auch etwas faul sein. Die Schießerei wäre ohnehin erst in etlichen Stunden, es war genug Zeit, um dem Nichtstun zu frönen und dennoch vielleicht auch noch die ein oder andere Information zu erhalten.
Ein Caipirinha wäre allerdings noch ein offener Wusch, aber auf dieser Insel war außer den Zeitreisenden und den Portalen tatsächlich nichts, sie war völlig unbewohnt und womöglich sogar unberührt. Es gab hier keine Siedlungen und nicht einmal eine Schifffahrtslinie führte auch nur nahe vorbei.
Ein Glück, dass Augur ein satellitenkommunikationsfähiges Global hatte, denn ohne dieses wäre er vom nächsten Funkmast um mehrere hundert Kilometer zu weit weg, und das, obwohl sowohl die modernen Funkmasten als auch die modernen Globals dank taelonischer Funktechnologie weitaus weiter senden konnten als das klassische Handynetz von vor der Ankunft der Taelons.
Er fragte sich aber schon, ob irgendwem auffallen würde, dass hier im Niemandsland ein Global funkte, anonym und ohne zurückverfolgbare Finanzdaten.
Ausgerechnet die Finanzsituation hatte Augur bereits im vorigen Durchgang klargemacht, dass die Schleife Erfolg haben würde. Er konnte sich erinnern, einmal versehentlich ein Satellitenfunkpaket zu viel gebucht zu haben, und der Anbieter hatte eine Stornierung verweigert.
Augur hatte sich tierisch geärgert, immerhin hatte dieses Paket ihn 32 Dollar gekostet!
Nun, tatsächlich war es kein Versehen gewesen. Er hatte das Paket sehr absichtlich gebucht, um von den Seychellen aus seine Kamera-Routine durchzuführen, nur hatte er das bisher eben nicht gewusst.
Nach einiger Zeit begann die Faulheit, von ihm abzufallen. Schließlich erhob er sich und schlenderte auf das im Licht des aufgehenden Mondes glitzernde Meer zu.
Es war nicht kalt, aber doch deutlich kühler als tagsüber. Augur ging bis zur Hüfte hinein, dann ließ er sich nach vorne fallen und tauchte unter.
Es lohnte nicht, lange im Wasser zu bleiben. Alle außer ihm waren an Land. Auch Ha'gel saß nun in der Nähe der Portale im Sand. Der Anblick der Zeitreisenden wirkte auf Augur allerdings weniger wie Urlaub, sondern mehr wie Langeweile.
Er watete aus dem Wasser und stapfte durch den Sand.
Ha'gel malte mit seinem Zeigefinger Symbole in den Sand, stellte Augur fest. Der Hacker setzte sich kurzerhand zu ihm und fragte: "Was schreiben Sie denn da?"
"Ist es glaubwürdig, wenn ich sage, das ist mein Testament?"
"Nein."
"Dachte ich mir. Ich schreibe die Geschichte von Pa'am, der 120 Lichtjahre reiste, um Qi'ya, also dem Tod, zu entkommen, der ihn auf dem Handelsplatz seiner Heimat gegrüßt hatte." Ha'gel sah zu Augur. "Ob 120 Lichtjahre oder ein Zeitportal, am Ende sterben wir alle."
"Überlegen Sie es sich anders?"
"Das nicht, nein. Allerdings ist es auch nicht so, dass ich es mir ausgesucht hätte ..."
Augur runzelte die Stirn. "Nicht? Was ist passiert?"
Ha'gel zog seinen Finger aus dem Sand zurück. "Ich bin krank", sagte er, "Wenn ich länger warte, bin ich nicht mehr in der Lage, meinen Part in der Schießerei zu spielen. Meine Fassade, Ronalds Gestalt, wäre so instabil, dass ich keinesfalls so menschlich aussehen könnte wie es jetzt noch der Fall ist."
"Oh", machte Augur. Er sah zu den beiden Liams. "Weiß er das?"
"Nein. Ich bin für beide zukünftig."
Für beide? Augur kratzte sich am Kopf. "Wie weit sind die beiden auseinander?"
"Ein Tag in etwa. Sie werden mich in Ihrer nahen Zukunft noch einmal zu Gesicht bekommen, Augur, bevor ich diese letzte Reise antrete." Ha'gel wischte mit der flachen Hand über die Symbole im Sand. "Ich möchte Ihnen danken, Augur", sagte er dann, "Sie haben Liam gut aufgezogen. Für alle Belange, die ein Kleinkind betreffen, waren Sie sein Vater."
"Sehr lange war er das ja nicht."
"Nicht körperlich, nein. Aber Sie sehen doch die großartige Sandburg! Da kommt das emotionale Alter hervor." Er lächelte. "Inzwischen hat er ja auch Ronald, das ist gut, aber lange hatte er im Grunde nur Sie."
"Hm", machte Augur. So gerechtfertigt fand er das Lob eigentlich nicht. Meistens hatte er Liam doch nur vor irgendetwas zur Beschäftigung geparkt, um seine Ruhe zu haben und am Computer arbeiten zu können. "Naja", sagte er dann aber, "wenn Sie meinen ..." Einem Sterbenden ein Lob zurückzuweisen, das gehörte sich irgendwie nicht.
"Vergessen Sie das nicht", sagte Ha'gel, "Sie haben ein Händchen für Kindererziehung."
Daran zweifelte Augur dann doch.
Ron starrte in den Himmel und schirmte seine Augen zu den Seiten mit den Händen ab. Wenn er auf diese Art das Mondlicht loswurde, sah er die Sterne in aller Pracht. In Washington hatte er dazu zu dieser Zeit im Jahr, gleich ob in diesem Jahr oder in dem, aus dem er kam, keine Chance, denn der Staub, der Rauch und all die Lichter störten die Sichtverhältnisse massiv. Und im Sommer war es sogar noch schlimmer.
Ja, er könnte die Sterne auch einfach aus dem All ansehen, aber das spielte ihre Bedeutung für die Menschen herunter. Die Sterne hatten seit frühesten Zeiten die Menschen fasziniert. Schon im Grasland waren die Sterne der Kalender der Menschen gewesen und vermutlich hatten die Menschen in den Sternen auch Übernatürliches gesehen.
Wahrscheinlich hatte Ma'el durchaus auch erklärt, dass er von dort oben kam.
Es stimmte ja. Nur hatten die Menschen die Sterne dann wohl als Heimstatt der Götter verstanden, und Ma'el natürlich als Gott.
"Was siehst du?", fragte Ava.
"Das Kreuz des Südens."
"Ja, sehe ich auch. Cassiopeia ist übrigens dort." Sie wies grob nach oben, dass Ron die gemeinte Richtung nicht erkennen konnte, aber er fand das genannte Sternbild auch so. "Sollten wir mal ohne Vollmond machen", bemerkte sie, "dann sieht man mehr."
"Gerne." Er sah zu ihr, der Vollmond spiegelte sich in ihren dunklen Augen. "Vielleicht sogar noch weiter im Süden, Feuerland oder so", schlug er vor, "und als Kontrastprogramm dann auch mal aus Island."
Sie schmunzelte. "Land des Feuers und Land des Eises", sagte sie, "Sprachlicher Kontrast also inkludiert."
"Oh, ja, stimmt."
"Aber gerne", sagte sie, "Ich habe mich noch nicht so sehr mit dem Sternhimmel beschäftigt, da kannst du mir sicher reichlich beibringen. Ich kriege nur die sichtbarsten Sternbilder zusammen, sofern man sie von den Seychellen aus sieht."
"Das ist auch nicht schlecht." Er lächelte. "Aber hast du nicht inzwischen auch den großen Bären zu finden gelernt? Man sieht ihn oft genug aus Washington."
"Nie gesucht", sagte sie, "Du weißt doch, ich bin in Washington viel zu beschäftigt mit Taelon-, Widerstands- und Zeitreisebelangen."
"Bittest du gerade deinen Vorgesetzten um Urlaub?", fragte er.
"Das würde ich nicht wagen! Mein Vorgesetzter ist ja allgemein als unsympathischer Snob bekannt!"
Er musste leise lachen. "Gut zu wissen, dass mein Ruf nicht gelitten hat."
Sie wandte den Kopf zu ihm. "Es wäre nicht ratsam, an der Maske zu meißeln, nicht wahr?"
"Ganz und gar nicht, nein. Ich muss der ..., ja, der skrupellose Taelonscherge bleiben, der jede Leiche wegräumt." Er folgte mit seinem Blick einem schnell wandernden Stern und zeigte mit seinem Zeigefinger in die entsprechende Richtung. "Sieh mal, die Raumstation!"
"Wo?"
"Da! Sie bewegt sich ganz schnell!"
"Ich sehe sie nicht!"
Er seufzte. "Jetzt ist sie, leider, auch schon wieder außer Sicht", sagte er, "Allemal, Liam hat ja auch seinen Ruf als skrupelloser Taelonscherge und das ist für den Widerstand natürlich sehr nützlich."
"Habe ich einen Ruf?", fragte Ava.
"Ich bin mir nicht sicher, ob du dafür bekannt genug bist", überlegte er, "Immerhin bist du nur eine einfache Freiwillige und nicht einmal militärisch oder geheimdienstlich ausgebildet."
"Vermutlich ist es für Freiwillige auch keine gute Überlebensstrategie, aufzufallen", sagte sie, "So verschwimmt das Scheitern zwischen den Freiwilligen und wir wirken nur immer wieder als Gesamtheit völlig inkompetent, aber wenn ..., sagen wir mal, R'am oder Ma'or mich namentlich kennen, könnten sie irgendetwas völlig Banales an mir auslassen."
"Das könnte auch so passieren. Wenn sie schlecht gelaunt sind, lassen sie es auch mal an dem aus, der gerade zufällig da ist. Egal, ob der damit überhaupt irgendetwas zu tun hat."
"Na, das ist ja wohl Berufsrisiko", konstatierte sie schulterzuckend.
"Ja, das stimmt allerdings. Wenn man eine sichere und vor allem nicht lebensgefährliche Arbeitsstätte will, sollte man keine zwielichtigen Aliens als Arbeitgeber aussuchen."
"Aber immerhin ist es spannend", sagte sie, "Viel spannender als zu putzen."
Ron schmunzelte. "Das allerdings."
"Wobei ich letztens tatsächlich mal putzen musste!", bemerkte sie, "Agent Lassiter hat in der Botschaft seine Cola verschüttet und nicht das Bedürfnis gesehen, sich wie ein anständiger Mensch zu verhalten."
"Agent Lassiter?", war Ron verdutzt, "Der ist doch normalerweise schon anständig, hatte ich zumindest immer den Eindruck."
"Vielleicht gegenüber dir! Einem skrupellosen Taelonschergen gegenüber kuscht man eben lieber, wenn man nicht das Schmerzentrum angebohrt bekommen will, nicht wahr? Im schlimmsten Fall wird man nämlich noch als Leiche weggeräumt!"
"Dann musst du dir wohl doch einen Ruf erarbeiten, Ava, damit Lassiter auch vor dir kuscht."
Kurz lachte sie leise, dann legte sie sich die Arme unter den Kopf und starrte wieder in den Himmel. "Ich glaube, ich mache mir lieber nicht so viele Gedanken um meinen Ruf", sagte sie, "Lust auf eine Partie Schach?"
"Ohne Schachbrett?", fragte er, "Hast du Schach auf dem Global?"
"Habe ich zwar, aber ich dachte mehr an Schach im Kopf."
"Das kannst du auch?"
"Nicht so gut wie auf einem Brett", sagte sie, "Damit dürften wir möglicherweise in etwa gleichauf sein. Also, magst du?"
Er nickte knapp. "Einverstanden. Also dann, e2 auf e4!"
Liam hatte genug vom Sandburgenbau, schon seit einer ganzen Weile. Er war auch noch eine Weile durchs Meer geschwommen und dabei vom anderen Liam begleitet worden.
Der andere war ziemlich wortkarg und schien sehr genau zu wissen, was er jeweils gerade dachte. Was er jetzt tat, musste ihm wohl sehr gut im Gedächtnis bleiben.
Was der andere Liam dachte, erschloss sich nicht direkt. Es war auch nicht ersichtlich, wie weit aus der Zukunft er kam. Allerdings musste Liam das auch nicht wissen, er würde es ja garantiert früher oder später erfahren.
Früher oder später mussten Liam und Liam auch wieder an Land. Noch bevor hier die Sonne aufginge, wären in der Kirche die Schießerei und Ha'gels Tod.
Es fühlte sich, selbst nach all der Planung und dem Testlauf, so merkwürdig an, zugleich Ha'gel zu retten und ihn in den Tod gehen zu sehen. Es wäre so viel besser, gäbe es einen Weg, ihn unmittelbar während des Skrilltreffers so herauszuzaubern, dass es wie sein Tod aussähe, es aber nicht wäre.
Aber so ging es eben nicht, auch, weil Liam ja auch Ha'gels Erscheinung gesehen hatte. Ha'gel musste an diesem Tag in der Kirche sterben.
Ein leichter silberner Schimmer am Horizont im Osten war das Signal zum Aufbruch. Liam und Liam kamen aus dem Wasser und trockneten sich mit vom älteren Liam mitgebrachten Handtüchern ab.
Und dann stellte sich heraus, dass er, der jüngere Liam, Ha'gel den Austausch ermöglichen sollte. Wäre es nicht klüger, würde der ältere das machen? Der sich selbst bereits dabei beobachtet hätte und genau wüsste, wie es ginge?
Aber natürlich wusste der ältere, was passieren würde. Er wusste, dass es der jüngere tun würde.
Liam fügte sich und legte eine Hand in die Einbuchtung im Portal. Ha'gel stand bereit, in den Händen ein Global, auf das Augur irgendetwas draufgespielt hatte.
Augur saß daneben und starrte auf sein Global, das eine Übertragung der Kameras aus der Kirche zeigte. Er hatte eine Hand mit gestrecktem Zeigefinger erhoben.
Liam aktivierte das Portal.
"Jetzt!", sagte Augur und senkte seine Hand.
Liam und Ha'gel begaben sich durch das Portal. Ha'gel robbte sofort zwischen zwei Kirchenbänke und schlüpfte unten hinein, das Global legte er offen sichtbar auf den Boden. Liam griff wieder in die weiße Fläche des Portals und fand sich zurück auf der Insel wieder.
"Das waren fast zehn Sekunden!", schnauzte Augur ihn an, "Fast hätte Boone dich noch gesehen!"
"Und wenn schon! Er weiß es ja", sagte Liam nur.
Der Hacker sah wieder auf das Global und verfolgte die Geschehnisse in der Kirche. Liam atmete tief durch. Er fragte sich, wie Ha'gel es empfand, sein jüngeres Ich bei der Schießerei zu beobachten.
Er fragte sich auch, was Boone empfand, der ja wusste, was geschehen würde, und trotzdem genau dasselbe tat wie im vorigen Durchgang der Schleife.
"Liam", sagte Augur und hob wieder seinen Finger, der Kimera legte eine Hand in die Einbuchtung, und als der Finger des Hackers nach unten sauste, griff er ins Portal.
Er war in der Kirche und wie eine Art energetischer Hauch streifte die sich auflösende Energie eines Kimera seinen Körper.
Eine Hand griff nach seiner, wie er es schon im letzten Durchgang erlebt hatte, und er zog den Besitzer mit durch das Portal zurück auf den Sandstrand.
Der jüngere Ha'gel brachte das Global mit sich, der kleine Bildschirm zeigte noch immer die Aufforderung, rauszukriechen, an.
Einige Meter entfernt brach der Kokon, Ronald reichte seinem älteren und vor allem nackten Ich seinen Mantel. Liam sah zum jüngeren Ha'gel. "Gib Ronald Sandovals Gestalt auf. Er muss aufwachen, sonst werden die Taelons wissen, dass du lebst."
Ha'gel wirkte zwar recht verwirrt und überrascht, aber er gehorchte. Außer dem Global in seinen Händen war schnell nichts mehr von Ronald an ihm, es hockte dann ein filigranes, hellgrün-blaues Energiewesen im Sand einer Insel der Seychellen.
Es hatte alles geklappt. Der Austausch war gelungen, der ältere Ha'gel war gestorben.
Liams Hände zitterten und er ließ sich in den Sand sinken. Er wusste, was gerade passiert war, aber seine Gefühle verstand er nicht. Er fühlte Trauer und Wut, nicht Erleichterung, obwohl neben ihm sein geretteter Vater stand.
Er hatte genug von all dem! Er wollte seine Ruhe, er wollte in sein Bett, er wollte schlafen, er wollte mit dem Zeitportal so bald nicht wieder zu tun haben.
Und Tee. Er wollte eine riesige Tasse richtig heißen Tee und damit in sein Bett.
Naja, vielleicht noch ein bisschen etwas von einer Kokosnuss.
Ha'gel sah sich verwirrt um.
"Ronald, bitte erklären Sie ihm das alles", bat Liam, "Ich gehe und schieße mir eine Kokosnuss." Damit stand er auf und schlug sich in die hiesige Botanik.
"Wir sind Zeitreisende", sagte der nackte Ron im Mantel, während er sich die Kokonbrösel aus den Haaren strich, "Sie wurden von einer älteren Version Ihrer selbst ersetzt, er ist statt Ihnen in der Kirche gestorben."
"Weshalb ist er nicht ausgewichen? Er wusste, wohin der Implantant schießt!"
"Die Zeit lässt sich nicht ändern", kam von Liam, dem älteren Liam, der nicht auf der Suche nach Kokosnüssen war, "Was gesehen wurde, ist geschehen. Was nicht gesehen wurde ... nun, es ist auch geschehen, aber niemand wusste bisher, dass da Zeitreisende involviert waren."
"Übrigens ist es auch nicht so, als hätte Boone Sie erschießen wollen", brachte Ron, der jüngere, ein, "Er wusste, leider, worauf die ganze Schießerei hinausläuft, aber ändern konnte er es auch nicht."
"Er ist auch Zeitreisender?", fragte Ha'gel.
"Er hat diesen Tag bereits einmal erlebt. Er hat auch bereits mit Ihnen gesprochen."
"Beim Frühstück", bestätigte Liam, "Ich weiß, das ist recht konfus für Zeitreiseanfänger." Er trat näher. "Du bist hier sicher. Du wirst aber auch diese Leute in ihre Zeit ein Jahr in der Zukunft begleiten. Nur Ronald", er wies auf den Ron, der nur den Mantel trug, "und ich stammen aus noch einer anderen Zeit noch weiter in der Zukunft."
Er wandte sich um und stapfte von dannen, zum zweiten Zeitportal.
"Ich muss weg", sagte der ältere Ron und folgte ihm. Liam aktivierte das Portal und sie gingen beide hindurch.
Ron starrte ihnen nach. "Aber ... mein Mantel!"
Jetzt hörte er Gelächter und wandte sich um. Sowohl Ava als auch Augur lachten Tränen, sie hielten sich aneinander fest, so sehr lachten sie. War es wirklich so witzig, dass er jetzt zum zweiten Mal einen solchen Mantel verloren hatte?
Zugegeben allerdings, diesen Mantel würde er sich früher oder später zurückholen. Fragte sich nur, wann.
Ha'gel hatte den Kopf schiefgelegt, aber Mimik konnte Ron aus dem fassadenlosen Gesicht des Kimera keine lesen. Vielleicht lachte er ja auch und Ron könnte ihm das nicht einmal verdenken.
Liam kam zurück und er brachte zwei Kokosnüsse mit, er klemmte sich beide unter den linken Arm und griff mit der rechten Hand in die Einbuchtung. Er aktivierte das Portal und ging sofort hindurch.
Ron runzelte die Stirn. "Es geht ihm nicht gut", stellte er fest.
"Blitzmerker", sagte Augur und eilte ins Portal.
"Er wird wieder", sagte Ava und griff nach Rons Hand, "Komm." Sie zog ihn zum Portal und hindurch.
Die Zeitreisenden fanden sich auf einer vermüllten engen Gasse wieder, und es war spät am Abend und recht kalt.
"Ronald, ich musste Sie aus der Schleife nehmen", sagte Liam, "und kann Sie auch nicht wieder reinnehmen. Der andere erinnert sich auch, und zwar vage an das, was Sie erleben, nicht er."
"Vermutlich wegen des CVI", ergänzte Augur.
"An wie viele Durchgänge erinnern Sie sich?", fragte Ron.
"Vier", sagte Liam, "Am Ende des letzten Durchgangs habe ich übrigens Boone mit in die Schleife aufgenommen, wir sind mit ihm zum Frühstück bei ihm zuhause verabredet."
"Aha?", machte Augur, "Aber gut, bis dahin bin ich mit den Vorbereitungen schon fertig, ich habe ja jetzt schon Übung darin."
"Das glaube ich dir." Liam legte seine Hand in die Einbuchtung im Portal und der Hacker legte seine Hände gegen die in der Nacht hell erstrahlende Fläche im Portal und verschwand. Liam berührte die Fläche ebenfalls, als er sie wieder losließ, verblasste das Leuchten.
"Was ist gerade passiert?", fragte Ron.
"Ich habe Augur zu sich nach Hause gebracht. Er muss ein paar Dinge vorbereiten, damit wir ungesehen in der Kirche agieren können."
Er stutzte. "Wieso wollen wir das?", fragte er, "Liam, Sie haben mich aus der Schleife genommen, ich bin gerade völlig unwissend!"
"Ah, ja", sagte Liam, "Wir haben zugesagt, zu versuchen Ha'gel und Boone zu retten. Ha'gels Rettung wurde getestet und kann funktionieren. Was Boones Rettung angeht ... das machen wir später." Er wies auf das Portal und aktivierte es. "Nach euch."
Ava und Ron griffen in die weiße Fläche, Liam ebenso, und als das Leuchten verblasste, fanden sie sich in einem geräumigen Wohnzimmer wieder.
Boone saß auf dem Sofa, in der Hand ein Whiskeyglas. "Ich dachte, wir hätten uns zum Frühstück verabredet?", bemerkte er.
"Ich dachte, wenn hier ohnehin niemand ist außer Ihnen, dann können wir uns hier über Nacht einquartieren", gab Liam zurück, "Finden Sie es sehr schlimm?"
"Schlimm finde ich nur, dass Sie Augur nicht mitgebracht haben."
"Er muss noch etwas bei sich zuhause vorbereiten", erklärte er, "Sonst fallen unsere Aktivitäten in der Kirche unter der Kirche auf." Boone hob die Brauen. "Es ist schon schwierig genug, von Lili, Beckett, Ihnen und zunächst auch Ha'gel nicht gesehen zu werden, aber den Kameras können wir wirklich nicht allen ausweichen, also muss Augur sich da mit seinem Global dazwischenhängen."
"Er hat inzwischen Übung darin", sagte Ava.
"In einer Zeitschleife, ja", verstand Boone, "da kann ich mir das vorstellen." Er stellte sein Whiskeyglas auf den niedrigen Wohnzimmertisch und stand auf. "Wir wurden uns nicht vorgestellt", sagte er dann, "Ich bin William Boone."
Er bot ihr die Hand, Ava griff danach. "Ava Wilson", sagte sie, "Freiwillige mit Gummiattrappe."
"Sehr erfreut. Möchten Sie einen Whiskey?" Er wandte sich Liam zu. "Sie? Wie heißen Sie?"
"Liam, und ja, gerne."
"Gerne", sagte auch Ava.
Boone sah fragend zu Ron, der freundlich nickte.
In einer Vitrine ganz oben standen einige Whiskeyflaschen und Whiskeygläser, der Implantant nahm drei Gläser und eine Flasche heraus und schenkte jeweils zwei Fingerbreit hoch ein, dann stellte er die Flasche wieder oben in die Vitrine und schloss das Türchen.
"Es tut mir leid, dass ich Sie erschossen habe", sagte er dann zu Ron.
Erschossen?
"Muss es nicht", sagte dieser, "Ich erinnere mich daran nämlich nicht."
"Ich musste ihn aus der Schleife nehmen", erklärte Liam, "Bei Implantanten stehen die Erinnerungen aus früheren Durchgängen vage auch dem zur Verfügung, der eigentlich nicht in der Schleife ist. Die einzige Lösung war, ihn ganz rauszunehmen."
"Das war ein Durcheinander am Anfang", erzählte Ava, "Ein Ronald Sandoval, der uns nicht kennt, auf Jagd nach dem Zeitportal und den Zeitreisenden. Einmal bin ich glatt in einer Zelle auf dem Mutterschiff gelandet und womöglich hätte er sich noch eingebildet, mich foltern zu wollen!"
Ron wandte den Kopf und starrte sie an. "Was? Ernsthaft? Ich bitte um Entschuldigung!"
"Na, wenigstens warst du für einen Implantanten relativ leicht aus der Fassung zu bringen."
Er blinzelte. "Ah ..."
"Schon gut", sagte sie, "Commander Boone hat mich ja immerhin mal erschossen, ich bin da nicht nachtragend."
"Habe ich?", fragte Boone.
"Ich habe zuerst geschossen", sagte Ava, "Wie gesagt, es war ein Durcheinander." Sie griff nach einem Whiskeyglas und nippte daran. "Sagen Sie, Commander Boone", ergriff sie dann wieder das Wort, "ist das da ganz oben ein Schachbrett?"
Liam schlug Avas Läufer und freute sich wie ein Honigkuchenpferd. Er sah keine unmittelbare Gefahr mehr, sein König war so sicher, wie er vor Ava nur sein konnte.
"Acht Züge", sagte Boone.
Sehr sicher war es also nicht. Ava zog ihren Turm, ohne die Gelegenheit, Liams Dame zu schlagen, zu nutzen. Wollte sie ihm noch eine Chance geben oder war Liams König auch so dem Untergang geweiht?
Liam zog seine Dame aus dem Weg und deckte mit ihr sogar noch eines seiner Pferde zusätzlich.
"Sieben Züge", sagte Boone.
"Das bedeutet, Sie haben den bestmöglichen Zug gewählt", lobte Ava, "Hätten Sie beispielsweise lieber das Pferd gerettet, wären wir runter auf drei Züge." Selbiges Pferd schlug sie nun mit einem Bauern, der von diesem Feld aus nun den König bedrohte.
Der König konnte nicht weg, er war von allen Seiten eingeparkt, Liam musste also diesen Bauern schlagen. Mit der Dame oder dem Läufer?
Er wählte den Läufer.
"Vier Züge", sagte Boone.
Liam ließ seinen Kopf hängen. "Verdammt!"
Ava zog mit ihrer Dame, der Sinn dahinter erschloss sich ihm nicht. Er rückte mit dem Turm und parkte seinen König noch etwas besser ein.
"Ein Zug!"
"Wieso denn?", fragte er erschrocken.
Ava sprang mit einem Pferd und schlug genau diesen Turm, der auf einem Feld stand, das vorhin durch den Turm gedeckt war und es jetzt nicht mehr war, und noch dazu genau einen Rösselsprung vom König entfernt war.
Liams König war mattgesetzt.
"Ach Mist ..."
Ava schmunzelte. "Im Vergleich zum Narrenmatt damals haben Sie sich immens gesteigert", lobte sie ihn, "Dafür stecken Sie mich eben im Fu'flasha in die Tasche."
"Und Da'an steckt er auch in die Tasche im Fu'flasha!", kam von Ronald, der sich am Bücherregal bedient und die Nase in "Krieg und Frieden" versenkt hatte.
"Fu'flasha ist eben eigentlich ein altes Kimeraspiel", bemerkte Liam, "Naja, ein paar Zugregeln haben die Taelons weggelassen, das Spielfeld ist keine Kleinsche Flasche mehr und dann haben sie noch rituellen Krimskrams reingeworfen und verwenden Fu'flasha als letzten Weg zur Streitschlichtung." Er tippte sich mit dem Zeigefinger an die Stirn. "Ein Kinderspiel!", sagte er, "Das wäre, als ob man vor Gericht darum Halma spielen würde, wer ins Gefängnis geht ..."
"Erklärt einiges", kam von Ronald, "Wenn die Leute über Jahrmillionen lieber Halma üben, statt sich beispielsweise Grundenergieherstellung beizubringen, bevor es alle vergessen haben."
"Grundenergie?", fragte Boone.
"Taelonisches Essen. Rationiert seit ... weiß nicht. Jahrmillionen jedenfalls."
"Seit sechs Millionen Jahren", sagte Liam, "Dafür haben sie in der Zeit alles perfektioniert, was die Rückgewinnung von Grundenergie aus der Umgebung betrifft. Selbst die energetischen Überreste eines Taelons, der auf der Erde den Löffel abgibt, werden von den Kollektoren auf dem Mutterschiff angezogen und eingesammelt." Er seufzte. "Und dass die Taelons alle Kimera-Taelon-Hybriden, die sie in die Finger gekriegt haben, zur Gewinnung von nutzbarer Energie haben quasi ausbluten lassen, ist auch tragische Geschichte."
Boone spannte sich sichtbar an. "Planen die Taelons das auf der Erde? Mensch-Taelon-Hybriden zum Ausblutenlassen?"
"Ma'el wollte doch damals im Grasland eine Hybridisierung", bemerkte Ava, "Liam?"
"Ja, aber nicht deswegen. Körperliche Verdauung kann keine verbrauchte Grundenergie ergänzen. Ich bin mir auch sicher, dass nicht die Energie eines lebenden Taelons zur Hybridisierung genutzt würde, denn natürlich ist es ein Gräuel, sich mit primitiven, körperlichen Wesen zu vereinigen."
"Sich mit dem Kriegsgegner zu vereinigen natürlich auch. Oder?", kam von Ronald, "Was haben sie mit den Taelon-Elternteilen der Kimera-Taelon-Hybriden gemacht?"
"Für ein solches Verbrechen? Kannibalisiert natürlich." Liam seufzte. "Die Zahl der Dinge, die als Verbrechen angesehen wurden, wurde über die Jahrmillionen immer größer, weil das ermöglichte, die Vorräte aufzufüllen."
"Das ist, muss ich zugeben, um einiges gruseliger, als ich den Taelons zugetraut hätte", stellte Boone fest, "Jetzt müssen Sie mir nur noch erklären, wer die Kimera genau sind. Ha'gel ist also kein Taelon, soviel ist mir klar."
"Naja, Zo'or hatte ja eine recht passende Analogie parat. Kimera sind quasi die Neandertaler der Taelons, nur nicht ganz so ausgestorben, nur fast." Liam überlegte kurz. "Besser gesagt, die Kimera sind quasi Homo erectus der Taelons, immerhin sind sie auch ihre Vorfahren."
Ronald klappte das Buch zu und legte es auf den Wohnzimmertisch. "Liam, eine Frage: Wovon ernähren sich Kimera?"
"Kimera sind extrem vielseitige Omnivoren und ernähren sich von, ehrlich gesagt, so gut wie allem."
"Und die Taelons stammen alle von Kimera ab."
"Und sie haben sich ihrem verkopften Ideal nahegezüchtet und dabei alle Vielseitigkeit verloren." Liam seufzte. "Ein paar Kimera haben dann versucht, sich als Taelons auszugeben und doch wieder etwas Variantenreichtum reinzubringen ... kam nicht gut an, hatte genozidale Wut zur Folge."
"Chamäleon", sagte Boone, "Davon hat Da'an also erzählt."
"Richtig. Und natürlich wurden rückwirkend alle Mischlinge uminterpretiert ... immerhin würde kein Taelon sich freiwillig mit einem Kimera einlassen. Die taelonischen Mischlingseltern wurden post mortem begnadigt und vermutlich haben sie sich dabei im Grab umgedreht."
"Ist das den Taelons so klar wie Ihnen?", fragte Boone.
Liam sah ihn an. "Nein. Sie erinnern sich zwar, aber ideologisch sehen sie das natürlich ganz anders. Vermutlich ist ihnen nicht einmal klar, dass die damals gezeugten doch recht zahlreichen Hybriden das Aussterben der Taelons so verzögert haben, dass wir uns heute noch mit ihnen rumschlagen müssen."
"Und die Nachfahren der Hybriden sind nicht irgendwie ... vernünftiger oder so?", warf Ronald ein, "Sie erinnern sich doch an die guten Absichten der Kimera."
"Rausgezüchtet", sagte Liam nur, "Kann man auch mit dem Gedächtnis machen. Anti-Erinnerungs-Gentherapie für die Nachfahren der Feinde."
Er blinzelte verdutzt, als sein Global klingelte.
"Das heißt wohl, dass Augur fertig ist", stellte Ronald fest.
"Ja, ja", Liam stemmte sich hoch und balancierte kurz auf einem Bein, "Ich gehe ihn gleich holen." Er trat zum Zeitportal, das den Blick auf den Fernseher verstellte, und reckte eine Hand nach der Einbuchtung, die er allerdings zunächst verfehlte.
"Liam, Sie sind betrunken!", stellte Ronald entsetzt fest.
"Nur leicht beschwipst." Liam tastete sich zur Einbuchtung vor und aktivierte das Portal, dann griff er in die leuchtende Fläche und fand sich bei Augur zuhause wieder.
"Mann ... du hast eine Fahne!", begrüßte ihn der Hacker, "Waren die Seychellen etwa nicht mehr gut genug?"
"Boone hat den Whiskey ausgepackt."
"Und du säufst ihn leer ..."
"Er hat eingeschenkt und eingeschenkt ... ich hätte wohl, wie Ava, öfter Nein sagen sollen."
Augur rollte mit den Augen. "Implantanten werden nicht betrunken, du schon!", sagte er schulmeisterhaft, "Kriegst du uns unfallfrei dorthin zurück, wo du vorher warst?"
Liam verzog das Gesicht. "Ja ..." Er griff wieder in die Einbuchtung, diesmal recht zielsicher, und dann in die weiße Fläche. Augur begab sich ebenfalls durch das Portal.
Die Anspannung in William Boones Wohnzimmer war spürbar und ließ nur langsam nach.
Ronald baute sich vor Liam auf. "Whiskeyverbot!", knurrte er, "Und ab ins Bett, schlafen Sie Ihren Rausch aus! Sie waren eine halbe Stunde weg und nicht erreichbar!"
Liam fühlte sich, als wäre er soeben um einen guten halben Meter geschrumpft. "Ja", sagte er kleinlaut, dann drehte er sich um und schlurfte von dannen. Boone wies ihm den Weg ins Gästezimmer.
Ava schlug ihre Augen auf und setzte sich auf dem Sofa in Boones Wohnzimmer auf. Ein Nickerchen hatte auch ihr gut getan und das leicht beduselte Gefühl des langen Abends vertrieben. Augur hatte offenbar die ganze Zeit genutzt, um ausgiebig mit Boone zu reden.
Ron las "Krieg und Frieden", oder vielmehr, er war schon fast damit fertig.
Eine melodische Tonfolge erklang, Boone öffnete kurz sein Global und schloss es wieder. "Mein Wecker", sagte er, "Möchte jemand Fertigwaffeln mit Ahornsirup? Im letzten Durchgang hatte ich das jedenfalls zum Frühstück."
"Ich sage nicht nein", kam von Augur.
Boone lächelte. "Gut, dann decken Sie bitte den Tisch. Ich sollte noch kurz duschen."
Ava erhob sich und trat zu ihnen. "Lassen Sie nur, Augur, Sie waren die ganze Zeit wach", sagte sie, "Ich bin ausgeschlafen, ich richte das Frühstück her."
"Danke, Miss Wilson", sagte Boone, dann verließ er den Raum.
Ava trat durch den breiten hölzernen Torbogen in die Küche und riss kurzerhand alle Oberschränke auf. Teller, Kaffeetassen, Gläser, alles fand sich und sie brachte es zum Tisch. Danach inspizierte sie die beiden vollhohen Küchenschränke und fand die angekündigten Waffeln auf bester Augenhöhe, den Ahornsirup hingegen neben Karamellsauce und Honig im untersten Regal. In einer Schublade spürte sie dann noch Gabeln auf, damit war alles komplett.
Um den Kaffe kümmerte sich tatsächlich Augur, Ron füllte zwei Krüge Wasser, wo immer er die Krüge gefunden hatte.
In frischer Kleidung und mit noch feuchten Haaren kam Boone zurück, da klingelte es an der Türe.
Er blieb starr stehen. "Das ist im letzten Durchgang nicht geschehen", sagte er, "Ich sehe nach, wer das ist." Er eilte in den Vorraum und öffnete die Türe einen Spalt.
Ava spitzte ihre Ohren, ebenso sichtlich Ron und Augur, die jegliches Geräusch mit Besteck, Geschirr, Wasser oder gar der Kaffeemaschine nach Kräften vermieden.
"Agent Sandoval!", sagte Boone überrascht, "Stimmt etwas nicht? Weshalb haben Sie nicht angerufen?" Ron sprang verdutzt auf.
Einen langen Moment war es still, dann öffnete Boone die Türe ganz und, tatsächlich, Ronald Sandoval trat ein und kam sogleich in die Küche.
Ron runzelte die Stirn und musterte sein Ebenbild. "Ha'gel", sagte er dann.
Ha'gel grinste zufrieden. "Ich habe mich gefragt, wie lange es dauert, bis Sie mich erkennen", sagte er.
"Weshalb sind Sie hier?"
"Nun, wenn ich mich nicht verzählt habe, dann ist das jetzt der fünfte Durchgang. Die Testläufe sind vorbei."
Verdutzt setzte Ron sich wieder. "Sie waren die ganze Zeit da ... alle vier Durchgänge ..." Er blickte zum Zeitportal. "Noch ein Zeitportal? Noch ein Liam?" Jetzt musterte er wieder Ha'gel. "Ein Kokon mit mir drin?"
"Alles", bestätigte der Kimera.
Boone kam in die Küche. "Sie sind hier, um sich von mir erschießen zu lassen", sagte er, "Das muss ein sehr merkwürdiges Gefühl sein."
"Mir ist seit sehr langer Zeit klar, dass das mein Schicksal ist", sagte Ha'gel, "Ich habe lange genug gelebt, jetzt ist es an der Zeit, in der nächsten Ebene herumzuspuken." Er lächelte. "Ich habe, anders als die meisten anderen Sterbenden, eine sehr genaue Vorstellung davon, was danach kommt", erklärte er, "Schon bevor er begann, das Zeitportal routinemäßig zu verwenden, hatte Liam eine ... Erscheinung von mir, und davon hat er mir natürlich erzählt."
Boone musterte ihn. "Darf ich fragen, wie viel Zeit Sie durch diese Rettung gewonnen haben?"
"Nein." Ha'gel griff nach einer Waffel und der Flasche Ahornsirup, aus der er dann großzügig von der süßen Flüssigkeit darauf verteilte. "Ich beantworte Ihnen aber eine andere Frage, die Sie sich sonst erst heute Abend stellen würden. Ja, auch Sie werden gerettet, und es tut mir sehr leid, dass ich sie so schwer werde verletzen müssen."
"Wie?", platzte Ron dazwischen.
"Nicht in aktueller Besetzung, so viel kann ich sagen."
Er runzelte die Stirn. "Es wird schwer, auf dem Mutterschiff jemanden zu retten", sagte er, "außer ... man hätte jemanden bei der Hand, der sich dort uneingeschränkt bewegen kann." Er sah zu Ava und Augur.
"Melody", verstand Ava.
"Sie kann das Mutterschiff so gut täuschen wie ich die Kameras in der Kirche!", kam von Augur.
Ha'gel schmunzelte und biss in seine Waffel.
Boone trat langsam an den Tisch und setzte sich nachdenklich. "Mein Schicksal", sagte er dann leise, "Ich wäre befreiter in den heutigen Tag gegangen, wäre mir nicht angekündigt worden, was gut hätte mein Tod sein können."
"Was nicht Ihr Tod sein wird!", widersprach Ha'gel.
"Das glaube ich Ihnen." Boone legte nun ebenfalls eine Waffel auf seinen Teller und nahm den Ahornsirup entgegen. "Der Widerstand hat offenbar nicht wenige neue Mitglieder", sagte er dann, "Augur, hast du etwa eine Ebenbürtige gefunden?"
"Nein. Sie ist ein Taelon."
Boone ließ die Waffel fallen. "Ein Taelon? Im Widerstand?"
"Es ist kompliziert. Sie ist Ma'el im Menschenkörper." Augur spähte nach dem Ahornsirup, gab sich aber damit zufrieden, ihn im Moment nicht zu erhalten. "Offenbar eröffnet das Leben in einem Menschenkörper für einen Taelon ganz neue Perspektiven. Nicht dass Liam ihr trauen würde, aber bisher waren die ihretwegen vorbereiteten Zeitschleifen nie nötig."
"Ma'el ..."
"Genau der, ja."
Der Implantant schüttelte den Kopf. "Ma'el lag in einem Sarg und hat sich verflüchtigt!"
"Nur die Hauptenergiebahnen!" Unisono gesprochen von Ron, Ava, Augur und Ha'gel.
"Oh, jetzt gleich!", fuhr der Kimera aufgeregt fort, "Moment!" Er rutschte mit seinem Stuhl so, dass er direkt neben Ron saß, und übernahm dessen exakte Körperhaltung.
Einen Moment später trat Liam ein und griff sich an den Kopf. "Leute, ich bin betrunkener als ich dachte ...", erschrak er, "Oder ist hier Ronald zweimal?"
"Nur einmal", sagte Ava wie beiläufig und nahm einen Bissen von ihrer mit Karamellsauce begossenen Waffel.
Er blinzelte und rieb sich die Augen. "Es sind immer noch zwei! Und warum grinsen die beide so blöd?"
"Hallo, Liam", sagte Ha'gel jetzt, "Du bist nicht mehr betrunken."
Liam griff fahrig nach einer Stuhllehne, zog den Stuhl zu sich und ließ sich darauf fallen. "Ha'gel ...", verstand er, "Du hast die Schleife mitgemacht."
"Ja."
Er seufzte ausgiebig, schnappte sich eine Waffel und verspeiste sie.
Augur genoss den erneuten Urlaub auf den Seychellen.
Sie waren nun zu sechst auf dieser sonst unbewohnten Insel, zu siebt, wenn man den Kokon zählte, in dem sich ein Ronald Sandoval befand. Zwei Zeitportale standen da, zwei Liams schütteten gemeinsam Sandhaufen um Sandhaufen auf und schnitzten Zinnen hinein.
Ein Ronald Sandoval tobte mit Ava durchs Meer, und Augur lag mit einer von der Palme geschossenen Kokosnuss da und ließ sich von der hiesigen Nachmittagssonne braten.
Ha'gel saß etwas abseits und beobachtete nur.
Vielleicht überlegte er ja auch, ob er seinen Übergang in die nächste Ebene doch noch verschieben konnte. Augur könnte das verstehen. Andererseits hatte Ha'gel sich vermutlich schon recht gründlich darauf eingestellt, dass er bald erschossen würde.
Und der Kimera mochte die nächste Ebene als nach dem Tod ansehen, für Augur war der Fall klar: Solange man nicht ganz weg war, war man nicht tot. Basta. Entsprechend vertrat der Hacker für sich auch die Ansicht, dass Ha'gel eben nicht sterben würde.
Unangenehm wäre der Übergang aber wahrscheinlich, aber da konnte man auch nichts machen.
Und unangenehm waren andere Dinge ja auch.
Augur brach ein Stück Fruchtfleisch aus dem Kokosnussbruchstück und aß es auf. Köstlich! Kein Vergleich zu dem, was er im Supermarkt oder sogar im Reformladen zu kaufen bekam.
Ob auch Kaffee im Anbauland so viel besser war? Vielleicht sollte Augur mal eine Reise dorthin anregen ...
Er räkelte sich und sah wieder zu den beiden Liams, die inzwischen die Türme mit Wällen verbanden. Um wie viel war wohl der eine älter als der andere? Sie sahen gleich alt aus, aber würde Liam überhaupt altern wie ein Mensch? Kimera wurden ja immerhin potentiell Millionen Jahre alt!
Stammte der Ronald Sandoval im Kokon aus derselben Zeit wie Liam und Ha'gel? Oder hatten sie ihn in ihrer Vergangenheit eingesammelt? Dass er diesen Part übernehmen musste, musste ihm ja spätestens seit dem Waffelfrühstück klar sein.
Wenn er aus derselben Zeit stammte, konnte diese nicht zu weit in der Zukunft sein, sonst sähe Ha'gels Gestalt älter aus.
Augur seufzte ausgiebig, brach ein Stück aus der Kokosnuss und aß es genüsslich.
Doch, er konnte sich an die Teilnahme an den Zeitreisen definitiv gewöhnen.
Man hatte mitunter viel Zeit für Urlaub, und der kam bei Augur doch sonst immer zu kurz, so sehr, wie ihn alle ständig verpflichten zu versuchten.
Gut, Nachteile hatten die Zeitreisen auch, aber das galt für das normale Leben eines Widerstandskämpfers oder auch nur eines gewöhnlichen Menschen auf einer von Taelons beherrschten Welt ebenso. Augur war in dieser Zeitschleife immerhin nie gestorben und nicht einmal nennenswert verletzt worden, damit war es ihm deutlich besser ergangen als seinen drei Mitreisenden.
Sein Global piepste, er griff danach und ließ es aufschnappen. Sein Fernsteuerungsmodul war aktiviert worden, Boone hatte wie versprochen den ihm noch vor dem Frühstück überreichten Stick am Computersystem unter der Kirche kurz angesteckt. Alternativ hätte Augur das, wie im letzten Durchgang, selber tun müssen, unter dem Vorwand, seine Handschuhe im Widerstandshauptquartier vergessen zu haben.
Ein mit Zertifikat versehenes Startprogramm wurde von allen Warnsystemen durchgelassen und öffnete jetzt ein Tor für Augurs Global.
Augur musste nicht vor dem Kirchentor stehend über das Jesus-W-LAN arbeiten, sondern konnte das bequem vom Sandstrand auf den Seychellen aus tun. Die goldene Hacker-Idylle! Mit Kokosnuss! Er warf sich ein Stück in den Mund und begann fröhlich grinsend seine bereits in einigen Durchgängen geübte Kamera-Routine.
Standbild übertragen, 360°-Abbild erstellen, Modifikationsregeln einrichten, alles kein Problem. Dann noch das Startprogramm aus dem Speicher löschen und den Start selbst aus dem Systemlogbuch tilgen. Und das alles so gemütlich und stressfrei wie selten.
Als Augur damit fertig war, hatte die Nacht begonnen.
Der Bau der Sandburg war beendet, Liam und Liam schwammen irgendwo draußen durchs Meer. Dafür waren Ronald und Ava nun an Land, lagen auf Ronalds Mantel im Sand und unterhielten sich leise, aber hörbar. Ha'gel war nicht unmittelbar aufzufinden, aber vermutlich doch nicht allzu weit weg.
Augur legte sein Global neben sich und setzte sich im Schneidersitz hin. Er überlegte durchaus, ob er sich zu den beiden Liams gesellen sollte. Vielleicht fände er dann auch heraus, wie viel älter der ältere war. Aber zunächst blieb er im Sand sitzen, er war immerhin im Urlaub und durfte auch etwas faul sein. Die Schießerei wäre ohnehin erst in etlichen Stunden, es war genug Zeit, um dem Nichtstun zu frönen und dennoch vielleicht auch noch die ein oder andere Information zu erhalten.
Ein Caipirinha wäre allerdings noch ein offener Wusch, aber auf dieser Insel war außer den Zeitreisenden und den Portalen tatsächlich nichts, sie war völlig unbewohnt und womöglich sogar unberührt. Es gab hier keine Siedlungen und nicht einmal eine Schifffahrtslinie führte auch nur nahe vorbei.
Ein Glück, dass Augur ein satellitenkommunikationsfähiges Global hatte, denn ohne dieses wäre er vom nächsten Funkmast um mehrere hundert Kilometer zu weit weg, und das, obwohl sowohl die modernen Funkmasten als auch die modernen Globals dank taelonischer Funktechnologie weitaus weiter senden konnten als das klassische Handynetz von vor der Ankunft der Taelons.
Er fragte sich aber schon, ob irgendwem auffallen würde, dass hier im Niemandsland ein Global funkte, anonym und ohne zurückverfolgbare Finanzdaten.
Ausgerechnet die Finanzsituation hatte Augur bereits im vorigen Durchgang klargemacht, dass die Schleife Erfolg haben würde. Er konnte sich erinnern, einmal versehentlich ein Satellitenfunkpaket zu viel gebucht zu haben, und der Anbieter hatte eine Stornierung verweigert.
Augur hatte sich tierisch geärgert, immerhin hatte dieses Paket ihn 32 Dollar gekostet!
Nun, tatsächlich war es kein Versehen gewesen. Er hatte das Paket sehr absichtlich gebucht, um von den Seychellen aus seine Kamera-Routine durchzuführen, nur hatte er das bisher eben nicht gewusst.
Nach einiger Zeit begann die Faulheit, von ihm abzufallen. Schließlich erhob er sich und schlenderte auf das im Licht des aufgehenden Mondes glitzernde Meer zu.
Es war nicht kalt, aber doch deutlich kühler als tagsüber. Augur ging bis zur Hüfte hinein, dann ließ er sich nach vorne fallen und tauchte unter.
Es lohnte nicht, lange im Wasser zu bleiben. Alle außer ihm waren an Land. Auch Ha'gel saß nun in der Nähe der Portale im Sand. Der Anblick der Zeitreisenden wirkte auf Augur allerdings weniger wie Urlaub, sondern mehr wie Langeweile.
Er watete aus dem Wasser und stapfte durch den Sand.
Ha'gel malte mit seinem Zeigefinger Symbole in den Sand, stellte Augur fest. Der Hacker setzte sich kurzerhand zu ihm und fragte: "Was schreiben Sie denn da?"
"Ist es glaubwürdig, wenn ich sage, das ist mein Testament?"
"Nein."
"Dachte ich mir. Ich schreibe die Geschichte von Pa'am, der 120 Lichtjahre reiste, um Qi'ya, also dem Tod, zu entkommen, der ihn auf dem Handelsplatz seiner Heimat gegrüßt hatte." Ha'gel sah zu Augur. "Ob 120 Lichtjahre oder ein Zeitportal, am Ende sterben wir alle."
"Überlegen Sie es sich anders?"
"Das nicht, nein. Allerdings ist es auch nicht so, dass ich es mir ausgesucht hätte ..."
Augur runzelte die Stirn. "Nicht? Was ist passiert?"
Ha'gel zog seinen Finger aus dem Sand zurück. "Ich bin krank", sagte er, "Wenn ich länger warte, bin ich nicht mehr in der Lage, meinen Part in der Schießerei zu spielen. Meine Fassade, Ronalds Gestalt, wäre so instabil, dass ich keinesfalls so menschlich aussehen könnte wie es jetzt noch der Fall ist."
"Oh", machte Augur. Er sah zu den beiden Liams. "Weiß er das?"
"Nein. Ich bin für beide zukünftig."
Für beide? Augur kratzte sich am Kopf. "Wie weit sind die beiden auseinander?"
"Ein Tag in etwa. Sie werden mich in Ihrer nahen Zukunft noch einmal zu Gesicht bekommen, Augur, bevor ich diese letzte Reise antrete." Ha'gel wischte mit der flachen Hand über die Symbole im Sand. "Ich möchte Ihnen danken, Augur", sagte er dann, "Sie haben Liam gut aufgezogen. Für alle Belange, die ein Kleinkind betreffen, waren Sie sein Vater."
"Sehr lange war er das ja nicht."
"Nicht körperlich, nein. Aber Sie sehen doch die großartige Sandburg! Da kommt das emotionale Alter hervor." Er lächelte. "Inzwischen hat er ja auch Ronald, das ist gut, aber lange hatte er im Grunde nur Sie."
"Hm", machte Augur. So gerechtfertigt fand er das Lob eigentlich nicht. Meistens hatte er Liam doch nur vor irgendetwas zur Beschäftigung geparkt, um seine Ruhe zu haben und am Computer arbeiten zu können. "Naja", sagte er dann aber, "wenn Sie meinen ..." Einem Sterbenden ein Lob zurückzuweisen, das gehörte sich irgendwie nicht.
"Vergessen Sie das nicht", sagte Ha'gel, "Sie haben ein Händchen für Kindererziehung."
Daran zweifelte Augur dann doch.
Ron starrte in den Himmel und schirmte seine Augen zu den Seiten mit den Händen ab. Wenn er auf diese Art das Mondlicht loswurde, sah er die Sterne in aller Pracht. In Washington hatte er dazu zu dieser Zeit im Jahr, gleich ob in diesem Jahr oder in dem, aus dem er kam, keine Chance, denn der Staub, der Rauch und all die Lichter störten die Sichtverhältnisse massiv. Und im Sommer war es sogar noch schlimmer.
Ja, er könnte die Sterne auch einfach aus dem All ansehen, aber das spielte ihre Bedeutung für die Menschen herunter. Die Sterne hatten seit frühesten Zeiten die Menschen fasziniert. Schon im Grasland waren die Sterne der Kalender der Menschen gewesen und vermutlich hatten die Menschen in den Sternen auch Übernatürliches gesehen.
Wahrscheinlich hatte Ma'el durchaus auch erklärt, dass er von dort oben kam.
Es stimmte ja. Nur hatten die Menschen die Sterne dann wohl als Heimstatt der Götter verstanden, und Ma'el natürlich als Gott.
"Was siehst du?", fragte Ava.
"Das Kreuz des Südens."
"Ja, sehe ich auch. Cassiopeia ist übrigens dort." Sie wies grob nach oben, dass Ron die gemeinte Richtung nicht erkennen konnte, aber er fand das genannte Sternbild auch so. "Sollten wir mal ohne Vollmond machen", bemerkte sie, "dann sieht man mehr."
"Gerne." Er sah zu ihr, der Vollmond spiegelte sich in ihren dunklen Augen. "Vielleicht sogar noch weiter im Süden, Feuerland oder so", schlug er vor, "und als Kontrastprogramm dann auch mal aus Island."
Sie schmunzelte. "Land des Feuers und Land des Eises", sagte sie, "Sprachlicher Kontrast also inkludiert."
"Oh, ja, stimmt."
"Aber gerne", sagte sie, "Ich habe mich noch nicht so sehr mit dem Sternhimmel beschäftigt, da kannst du mir sicher reichlich beibringen. Ich kriege nur die sichtbarsten Sternbilder zusammen, sofern man sie von den Seychellen aus sieht."
"Das ist auch nicht schlecht." Er lächelte. "Aber hast du nicht inzwischen auch den großen Bären zu finden gelernt? Man sieht ihn oft genug aus Washington."
"Nie gesucht", sagte sie, "Du weißt doch, ich bin in Washington viel zu beschäftigt mit Taelon-, Widerstands- und Zeitreisebelangen."
"Bittest du gerade deinen Vorgesetzten um Urlaub?", fragte er.
"Das würde ich nicht wagen! Mein Vorgesetzter ist ja allgemein als unsympathischer Snob bekannt!"
Er musste leise lachen. "Gut zu wissen, dass mein Ruf nicht gelitten hat."
Sie wandte den Kopf zu ihm. "Es wäre nicht ratsam, an der Maske zu meißeln, nicht wahr?"
"Ganz und gar nicht, nein. Ich muss der ..., ja, der skrupellose Taelonscherge bleiben, der jede Leiche wegräumt." Er folgte mit seinem Blick einem schnell wandernden Stern und zeigte mit seinem Zeigefinger in die entsprechende Richtung. "Sieh mal, die Raumstation!"
"Wo?"
"Da! Sie bewegt sich ganz schnell!"
"Ich sehe sie nicht!"
Er seufzte. "Jetzt ist sie, leider, auch schon wieder außer Sicht", sagte er, "Allemal, Liam hat ja auch seinen Ruf als skrupelloser Taelonscherge und das ist für den Widerstand natürlich sehr nützlich."
"Habe ich einen Ruf?", fragte Ava.
"Ich bin mir nicht sicher, ob du dafür bekannt genug bist", überlegte er, "Immerhin bist du nur eine einfache Freiwillige und nicht einmal militärisch oder geheimdienstlich ausgebildet."
"Vermutlich ist es für Freiwillige auch keine gute Überlebensstrategie, aufzufallen", sagte sie, "So verschwimmt das Scheitern zwischen den Freiwilligen und wir wirken nur immer wieder als Gesamtheit völlig inkompetent, aber wenn ..., sagen wir mal, R'am oder Ma'or mich namentlich kennen, könnten sie irgendetwas völlig Banales an mir auslassen."
"Das könnte auch so passieren. Wenn sie schlecht gelaunt sind, lassen sie es auch mal an dem aus, der gerade zufällig da ist. Egal, ob der damit überhaupt irgendetwas zu tun hat."
"Na, das ist ja wohl Berufsrisiko", konstatierte sie schulterzuckend.
"Ja, das stimmt allerdings. Wenn man eine sichere und vor allem nicht lebensgefährliche Arbeitsstätte will, sollte man keine zwielichtigen Aliens als Arbeitgeber aussuchen."
"Aber immerhin ist es spannend", sagte sie, "Viel spannender als zu putzen."
Ron schmunzelte. "Das allerdings."
"Wobei ich letztens tatsächlich mal putzen musste!", bemerkte sie, "Agent Lassiter hat in der Botschaft seine Cola verschüttet und nicht das Bedürfnis gesehen, sich wie ein anständiger Mensch zu verhalten."
"Agent Lassiter?", war Ron verdutzt, "Der ist doch normalerweise schon anständig, hatte ich zumindest immer den Eindruck."
"Vielleicht gegenüber dir! Einem skrupellosen Taelonschergen gegenüber kuscht man eben lieber, wenn man nicht das Schmerzentrum angebohrt bekommen will, nicht wahr? Im schlimmsten Fall wird man nämlich noch als Leiche weggeräumt!"
"Dann musst du dir wohl doch einen Ruf erarbeiten, Ava, damit Lassiter auch vor dir kuscht."
Kurz lachte sie leise, dann legte sie sich die Arme unter den Kopf und starrte wieder in den Himmel. "Ich glaube, ich mache mir lieber nicht so viele Gedanken um meinen Ruf", sagte sie, "Lust auf eine Partie Schach?"
"Ohne Schachbrett?", fragte er, "Hast du Schach auf dem Global?"
"Habe ich zwar, aber ich dachte mehr an Schach im Kopf."
"Das kannst du auch?"
"Nicht so gut wie auf einem Brett", sagte sie, "Damit dürften wir möglicherweise in etwa gleichauf sein. Also, magst du?"
Er nickte knapp. "Einverstanden. Also dann, e2 auf e4!"
Liam hatte genug vom Sandburgenbau, schon seit einer ganzen Weile. Er war auch noch eine Weile durchs Meer geschwommen und dabei vom anderen Liam begleitet worden.
Der andere war ziemlich wortkarg und schien sehr genau zu wissen, was er jeweils gerade dachte. Was er jetzt tat, musste ihm wohl sehr gut im Gedächtnis bleiben.
Was der andere Liam dachte, erschloss sich nicht direkt. Es war auch nicht ersichtlich, wie weit aus der Zukunft er kam. Allerdings musste Liam das auch nicht wissen, er würde es ja garantiert früher oder später erfahren.
Früher oder später mussten Liam und Liam auch wieder an Land. Noch bevor hier die Sonne aufginge, wären in der Kirche die Schießerei und Ha'gels Tod.
Es fühlte sich, selbst nach all der Planung und dem Testlauf, so merkwürdig an, zugleich Ha'gel zu retten und ihn in den Tod gehen zu sehen. Es wäre so viel besser, gäbe es einen Weg, ihn unmittelbar während des Skrilltreffers so herauszuzaubern, dass es wie sein Tod aussähe, es aber nicht wäre.
Aber so ging es eben nicht, auch, weil Liam ja auch Ha'gels Erscheinung gesehen hatte. Ha'gel musste an diesem Tag in der Kirche sterben.
Ein leichter silberner Schimmer am Horizont im Osten war das Signal zum Aufbruch. Liam und Liam kamen aus dem Wasser und trockneten sich mit vom älteren Liam mitgebrachten Handtüchern ab.
Und dann stellte sich heraus, dass er, der jüngere Liam, Ha'gel den Austausch ermöglichen sollte. Wäre es nicht klüger, würde der ältere das machen? Der sich selbst bereits dabei beobachtet hätte und genau wüsste, wie es ginge?
Aber natürlich wusste der ältere, was passieren würde. Er wusste, dass es der jüngere tun würde.
Liam fügte sich und legte eine Hand in die Einbuchtung im Portal. Ha'gel stand bereit, in den Händen ein Global, auf das Augur irgendetwas draufgespielt hatte.
Augur saß daneben und starrte auf sein Global, das eine Übertragung der Kameras aus der Kirche zeigte. Er hatte eine Hand mit gestrecktem Zeigefinger erhoben.
Liam aktivierte das Portal.
"Jetzt!", sagte Augur und senkte seine Hand.
Liam und Ha'gel begaben sich durch das Portal. Ha'gel robbte sofort zwischen zwei Kirchenbänke und schlüpfte unten hinein, das Global legte er offen sichtbar auf den Boden. Liam griff wieder in die weiße Fläche des Portals und fand sich zurück auf der Insel wieder.
"Das waren fast zehn Sekunden!", schnauzte Augur ihn an, "Fast hätte Boone dich noch gesehen!"
"Und wenn schon! Er weiß es ja", sagte Liam nur.
Der Hacker sah wieder auf das Global und verfolgte die Geschehnisse in der Kirche. Liam atmete tief durch. Er fragte sich, wie Ha'gel es empfand, sein jüngeres Ich bei der Schießerei zu beobachten.
Er fragte sich auch, was Boone empfand, der ja wusste, was geschehen würde, und trotzdem genau dasselbe tat wie im vorigen Durchgang der Schleife.
"Liam", sagte Augur und hob wieder seinen Finger, der Kimera legte eine Hand in die Einbuchtung, und als der Finger des Hackers nach unten sauste, griff er ins Portal.
Er war in der Kirche und wie eine Art energetischer Hauch streifte die sich auflösende Energie eines Kimera seinen Körper.
Eine Hand griff nach seiner, wie er es schon im letzten Durchgang erlebt hatte, und er zog den Besitzer mit durch das Portal zurück auf den Sandstrand.
Der jüngere Ha'gel brachte das Global mit sich, der kleine Bildschirm zeigte noch immer die Aufforderung, rauszukriechen, an.
Einige Meter entfernt brach der Kokon, Ronald reichte seinem älteren und vor allem nackten Ich seinen Mantel. Liam sah zum jüngeren Ha'gel. "Gib Ronald Sandovals Gestalt auf. Er muss aufwachen, sonst werden die Taelons wissen, dass du lebst."
Ha'gel wirkte zwar recht verwirrt und überrascht, aber er gehorchte. Außer dem Global in seinen Händen war schnell nichts mehr von Ronald an ihm, es hockte dann ein filigranes, hellgrün-blaues Energiewesen im Sand einer Insel der Seychellen.
Es hatte alles geklappt. Der Austausch war gelungen, der ältere Ha'gel war gestorben.
Liams Hände zitterten und er ließ sich in den Sand sinken. Er wusste, was gerade passiert war, aber seine Gefühle verstand er nicht. Er fühlte Trauer und Wut, nicht Erleichterung, obwohl neben ihm sein geretteter Vater stand.
Er hatte genug von all dem! Er wollte seine Ruhe, er wollte in sein Bett, er wollte schlafen, er wollte mit dem Zeitportal so bald nicht wieder zu tun haben.
Und Tee. Er wollte eine riesige Tasse richtig heißen Tee und damit in sein Bett.
Naja, vielleicht noch ein bisschen etwas von einer Kokosnuss.
Ha'gel sah sich verwirrt um.
"Ronald, bitte erklären Sie ihm das alles", bat Liam, "Ich gehe und schieße mir eine Kokosnuss." Damit stand er auf und schlug sich in die hiesige Botanik.
"Wir sind Zeitreisende", sagte der nackte Ron im Mantel, während er sich die Kokonbrösel aus den Haaren strich, "Sie wurden von einer älteren Version Ihrer selbst ersetzt, er ist statt Ihnen in der Kirche gestorben."
"Weshalb ist er nicht ausgewichen? Er wusste, wohin der Implantant schießt!"
"Die Zeit lässt sich nicht ändern", kam von Liam, dem älteren Liam, der nicht auf der Suche nach Kokosnüssen war, "Was gesehen wurde, ist geschehen. Was nicht gesehen wurde ... nun, es ist auch geschehen, aber niemand wusste bisher, dass da Zeitreisende involviert waren."
"Übrigens ist es auch nicht so, als hätte Boone Sie erschießen wollen", brachte Ron, der jüngere, ein, "Er wusste, leider, worauf die ganze Schießerei hinausläuft, aber ändern konnte er es auch nicht."
"Er ist auch Zeitreisender?", fragte Ha'gel.
"Er hat diesen Tag bereits einmal erlebt. Er hat auch bereits mit Ihnen gesprochen."
"Beim Frühstück", bestätigte Liam, "Ich weiß, das ist recht konfus für Zeitreiseanfänger." Er trat näher. "Du bist hier sicher. Du wirst aber auch diese Leute in ihre Zeit ein Jahr in der Zukunft begleiten. Nur Ronald", er wies auf den Ron, der nur den Mantel trug, "und ich stammen aus noch einer anderen Zeit noch weiter in der Zukunft."
Er wandte sich um und stapfte von dannen, zum zweiten Zeitportal.
"Ich muss weg", sagte der ältere Ron und folgte ihm. Liam aktivierte das Portal und sie gingen beide hindurch.
Ron starrte ihnen nach. "Aber ... mein Mantel!"
Jetzt hörte er Gelächter und wandte sich um. Sowohl Ava als auch Augur lachten Tränen, sie hielten sich aneinander fest, so sehr lachten sie. War es wirklich so witzig, dass er jetzt zum zweiten Mal einen solchen Mantel verloren hatte?
Zugegeben allerdings, diesen Mantel würde er sich früher oder später zurückholen. Fragte sich nur, wann.
Ha'gel hatte den Kopf schiefgelegt, aber Mimik konnte Ron aus dem fassadenlosen Gesicht des Kimera keine lesen. Vielleicht lachte er ja auch und Ron könnte ihm das nicht einmal verdenken.
Liam kam zurück und er brachte zwei Kokosnüsse mit, er klemmte sich beide unter den linken Arm und griff mit der rechten Hand in die Einbuchtung. Er aktivierte das Portal und ging sofort hindurch.
Ron runzelte die Stirn. "Es geht ihm nicht gut", stellte er fest.
"Blitzmerker", sagte Augur und eilte ins Portal.
"Er wird wieder", sagte Ava und griff nach Rons Hand, "Komm." Sie zog ihn zum Portal und hindurch.
Don't diagnose and drive.