[Veria]

Kaylee fuhr sich mit beiden Händen durch die Dreadlocks. "Wer ist dann die andere Zoriel?"
"Möglicherweise die Atavus, die mich mit Draanim gemeinsam in die Patsche gesetzt hat. Oder eine andere Atavus. Kaylee, bekommt ihr Global die Warnmeldung auch?"
"Wer nicht ins Netz gelassen wird, kriegt sie. Wenn du sie gekriegt hast, kriegt sie sie nicht."
"Gut, das heißt, sie weiß nicht, dass sie aufgeflogen ist." Zoriel überlegte kurz. "Wo ist sie gerade?"
"In New York bei Will und Mitch."
"Setz einen Hybriden auf sie an, und pass auf, dass du keinen getarnten Atavus erwischst, und informier sonst erst mal nur Taelons!", sagte sie, "Ich bleib noch hier rum und sehe, ob ich Draanim finde oder die Geiseln."
"Geiseln?"
"Es gibt welche, aber ich weiß nicht ... ähm ... Kaylee, Liam sitzt fest, ja? Und Harmony auch?"
Kaylee nickte. "Ja, und Geiseln würden durchaus erklären, warum sie sich nicht rühren." Sie atmete tief durch. "Gut, such du, ob du die Geiseln findest. Ich lass die Verbindung stehen, dann kann Augur dir da drüber eine neue Kennung schicken, dann kommst du auch wieder ganz ins Netz."
"Annie meinte, weil es eine Notfallleitung ist ..."
"Quatsch", unterbrach sie, "davon haben wir zweihundert, die haben wir noch absolut nie auch nur annähernd ausgelastet. Außerdem ist es ja ein Notfall."
Rechts unten ploppte ein durchgestrichenes Lautsprechersymbol auf, gleich darauf auch ein durchgestrichener Bildschirm, das Bild wurde dunkel. Zoriel minimierte den Anruf, schob ihr Global zu und hakte es an den Gürtel.
"Wir sehen uns also hier um", stellte Howlyn fest, "gut, ich bin ja nicht sehr vergiftet, das überlebe ich eine Weile."
"Darin solltest du Übung haben", bestätigte Zoriel kühl, "außerdem hast du noch Kimeraenergie intus, das lindert die Vergiftung definitiv." Sie trat an die Türe an der von ihr aus gesehen jetzt linken Wand und stieß sie auf, bereit, dahinter jeden niederzuschießen.
Leer, auch keine Projektoren für virtuelles Glas, aber eine weitere Türe, links. Zoriel huschte durch das Quadrat und stieß die Türe auf.
Farrell!
Er saß auch fest, auch wenn er es im Gemeinwesen nicht zeigte, und zudem war nun uneingeschränkt klar, wie die Kimera daran gehindert wurden, etwas zu unternehmen. In Anbetracht der Kamera vermied der junge Kimera sogar, deutlich Richtung Türe zu sehen, auch wenn er Zoriel wohl durchaus bemerkt hatte.
Aber warum dämpfte er seine Ausstrahlung so komplett? Wurde die etwa auch gemessen?
Zoriel zog sich vorsichtig zurück und schloss die Türe wieder. Sie hoffte, dass die Geiseln in der Nähe waren. Geradeaus gab es ebenfalls eine Türe, sie stieß sie auf und ... schoss kurzerhand Draanim nieder. Der Atavus sank bewusstlos und vergiftet vor einem recht provisorisch aufgestellten Bildschirm nieder, Farrell auf dem Bildschirm hatte davon allerdings noch nichts mitbekommen.
Die Schulkinder, bislang verängstigt möglichst in der dem Atavus entgegengesetzten Ecke des Raumes und ebenfalls von einer Kamera erfasst, sprangen auf und winkten energisch. Zoriel trat zu ihnen vor die Kamera und winkte ebenfalls, dann kehrte sie zum Bildschirm zurück.
Farrell entspannte sich sichtlich und zeigte den erhobenen Daumen, dann eilte er aus dem Bild und kam wenig später hinter Zoriel durch die Türe, wobei er Howlyn vor sich her schob. "Das war ziemlich nervenaufreibend", sagte er, "Danke."
"Es steht zu vermuten, dass es drei Gruppen von Geiseln gibt", bemerkte Zoriel, "sonst wäre von Liam und Harmony eine Änderung zu spüren." Sie straffte sich. "Wenigstens kannst du jetzt etwas tun, Farrell."
"Leider ist der Gewinn nicht so groß", widersprach er, "Ich sehe nur gerade aus wie Farrell, er hat sich schon vor einer Weile bei den Atavus eingeschlichen. Wir haben Identitäten getauscht." Er griff sich an die Schulter und deaktivierte das Tarnmodul.
Zoriel hob verdutzt ihre Brauen. "Yulyn!"
Die Schulkinder wirkten etwas beunruhigt, aber keineswegs so verängstigt wie zuvor. Howlyn hingegen verlor tatsächlich seinen Unterkiefer an die Schwerkraft.

[Taoynin]

Schade, dass die 5. Staffel nie synchronisiert bzw. mit deutschen Untertiteln veröffentlicht wurde. Hätte sie gerne gesehen. 

So praktisch auch Tarnungen sind, ich glaube, ich würde irgendwann die Krise kriegen. 
Man kann ja eigentlich nie sicher sein, wer tatsächlich vor einem steht.

Freue mich schon auf den nächsten Teil.

[Veria]

Farben - und somit das gesamte Blut ff. - ist fertig. Die letzte Zeile ist geschrieben. Es sind noch 19 A4-Seiten ab hier, also wirklich nicht mehr viel.
Die übrigen Stückchen mach ich jetzt aber ein bisschen größer, ich hab keine Lust, lange nach passenden Bruchstellen zu suchen.

Viel Spaß!


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"Farrell saß also tatsächlich nie fest", stellte die Atavus fest, "und er unternimmt bereits etwas. Nun, das ist erleichternd." Sie seufzte. "Na schön, auf, Kinder, bringen wir euch heim", sagte sie, "Howlyn, trag Draanim."
"Ich fürchte, du hast vergessen, dass du mir meinen Arm aufgeschlitzt hast", gab er zurück.
Sie musterte ihn spöttisch. "Ach, du schaffst das schon, da bin ich mir sicher."
Er resignierte und warf sich den Atavus-Heiler über die Schulter. Dann stapfte er voran den Weg durch das Bunkerlabyrinth, Yulyn folgte ihm direkt, dann die Kinder, allesamt rein menschlich, zuletzt Zoriel.
Die Atavus zückte ihr Global und ließ es aufschnappen, sie holte den Anruf in den Vordergrund. "Kaylee?"
Wenige Augenblicke später verschwanden rechts unten die beiden Symbole und die schwarze Polizistin erschien auf dem Bildschirm. "Ja, Zoriel? Was gibt es?"
"Schick ein paar Leute zur Schule, ich habe die Geiseln gefunden und Draanim kassiert, aber ich hab nicht den ganzen Bunker durchgesucht und das kann ich jetzt auch nicht mehr machen, habe anderes zu tun."
"Geht klar", bestätigte sie, "Du müsstest inzwischen übrigens auch die Nachricht von Augur mit der neuen Kennung haben."
Zoriel schob den Anruf beiseite und besah sich die über diese Verbindung übertragenen Dateien. Da war tatsächlich eine Kennungsdatei. Sie holte den Anruf wieder in den Vordergrund. "Hab sie, danke. Dann brauch ich die Notfallleitung jetzt nicht mehr."
"Klar." Kaylee grinste schief, dann verschwand sie, der Anruf war beendet.
Zoriel aktivierte die neue Kennung, sofort war sie ohne Warnmeldung im Netz.
Sehr gut.

***

Geschickt setzte Marcus Blanchet das Shuttle auf dem Shuttleparkplatz vor der Militärportalhalle in New York auf, Alice sprang hinaus, Lewis Hawke folgte ihr, danach verließ auch Marcus das Shuttle. Zwei Wachsoldaten am Eingang salutierten knapp, einer öffnete die Türe und ließ die drei Neuankömmlinge eintreten.
Die Sicherheitsschleuse dahinter, sehr neu, bestätigte, dass keiner der drei ein Atavushybrid war, dann durften sie weiter in die Halle selbst.
Vor einem riesigen Bildschirm standen einige hochrangige Soldaten, in der Mitte Mitchell Hendrik, sowie einige wichtige weitere Personen, Will, FBI-Chef Patrichio, der Verbindungsoffizier zum chinesischen Militär namens Yang, und Zoriel. Alice spürte durchaus, dass die Ausstrahlung der vereinigten Atavus etwas merkwürdig war, aber sehr aufdringlich war das nicht, sie hätte es übersehen können. Hatte es Marcus auch bemerkt?
"General", grüßte Lewis und salutierte.
Mitch nickte knapp und fragte: "Etwas Neues bei der Suche nach den Kimera? Wissen wir inzwischen, wie sie festsitzen?"
"Geiseln, vermutet Kaylee", sagte Marcus, "Street sucht nach möglicherweise von Harmony verursachten Interdimensionsspuren, aber sie hat noch nichts und Liam und Farrell kann sie auf die Art überhaupt nicht finden."
"Wie sieht es in Clearwater aus?", warf Will ein.
"In Clearwater ist die Situation unter Kontrolle, allerdings sind die ausgeflogenen Atavus noch nicht wieder aufgetaucht - und Licau zählt leider auch zu den Ausgeflogenen." Die falsche Zoriel sollte von Licaus Plan ja nichts wissen. "Vorjak und Frank sind verschollen." Marcus sah auf den Bildschirm, der Sensoranzeigen vom Atavus-Schiff zeigte - sehr ungenaue Sensoranzeigen allerdings.
"Frank?", fragte Zoriel verdutzt, "Ron hat gemeldet, Frank würde mit Licau und Cress zum Atavus-Schiff fliegen."
"Mit Licau ..." Alice knirschte mit den Zähnen, die falsche Zoriel wusste also schon Bescheid - aber vielleicht ließe sich da etwas machen. "Armer Frank", sagte sie, "entweder ist er ein Hybrid oder sie legt ihn rein."
"Weshalb wurde kein Hybridenbataillon angefordert?", ergriff Marcus das Wort, "Gegen Atavus sind wir äußerst wirksam."
"Die Hybriden sind das As im Ärmel", sagte Will, "zumal Liam sicher nicht will, dass wir die Situation in ein Gemetzel verwandeln."
"Die Atavus sind im Schiff", sagte Mitch, "aber heraußen sind Atavushybriden. Der Nutzen der Hybridenbataillone ist also leider begrenzt."
"Jedenfalls solange sie nicht ins Schiff hinein können", ergänzte Will, "aber im Moment sieht es danach leider noch nicht aus."
Alice wechselte augenrollend einen Blick mit Marcus. So sinnlos waren die Hybridenbataillone auch wieder nicht. "Wie versuchen die Russen, reinzukommen?", fragte sie.
"Resonanzangriff aufs virtuelle Glas in den Zugangstunneln", sagte Will, "außerdem war zu erkennen, wo der Hangar ist, also sind Shuttles mit Soldaten rein - keine Meldung mehr nach dem Ausstieg."
"Mist. Arme Soldaten."
Auf dem riesigen Bildschirm blinkte ein Symbol, der General tippte es an, worauf T'than erschien und den Taelongruß formte. "Sinaui Euhura, General Hendrik", sagte der Taelon, "Ich habe mein Gespräch mit dem Anführer der Atavus im Schiff beendet. Es war wenig erfolgreich." Seine Geste sagte etwas anderes. "Zoriel, bist du in der Lage, den Gemütszustand des Anführers festzustellen?", fragte er.
Schweig!, befahl seine Geste.
"Nein, tut mir leid, das Atavus-Gemeinwesen ist noch immer im Aufruhr."
Will fuhr herum, hob seinen Skrill und schoss. Die Tarnung der falschen Zoriel brach zusammen, der erweckte Atavus, tatsächlich ein junger Mann, fiel schwer verletzt zu Boden.
Mitch starrte ihn einen Moment lang an, dann rief er: "Corporals, in eine Zelle bitte, und sorgen Sie für Kimeraenergie!" Die Wachen eilten herbei und schleiften den Atavus fort. "Will?", fragte der General dann.
"Gesten", sagte der Implantant und wies auf den Bildschirm, auf T'than.
"Ich befahl ihr, zu schweigen", erläuterte der Taelon, "Sie verstand mich nicht."
"T'than, Ihre Gesten gaben Erfolg bekannt", sagte Will, "Worin hatten Sie Erfolg?"
"Das kann ich nicht sagen." Der Kriegsminister legte den Kopf schief, wie man es eher von Da'an kannte. "Ein feindlicher erweckter Atavus, unerkannt, bedeutet, dass es auch Atavushybriden geben kann. Man kann niemandem trauen."
Mitch nickte. "Alle Menschen im Gebäude werden erneut getestet. Sie haben bis dahin das Kommando über die planetare Verteidigung."
"Sehr wohl", sagte der Taelon noch, dann wischte er durch die Luft und verschwand.
"Nicht nur die Menschen sollten getestet werden", warf Lewis Hawke ein, "Auf Taelonhybriden schlägt die Maschine ja an, also müssen auch Taelonhybriden genauer getestet werden, was bei Zoriel offenbar nicht passiert ist."
"Ich hole einen Techniker", beschloss Will, "Einen Jaridian."
"Moment!", bremste Mitch ihn, "Zunächst stellen wir fest, wem derzeit getraut werden kann." Er wies auf den Getränkeautomaten. "Alice, Marcus, bitte abschießen." Die beiden Taelonhybriden folgten der Aufforderung. "Sergeant Green, bitte", fuhr Mitch fort.
Carol Green, Jaridianhybridin, fügte dem Getränkeautomaten einen weiteren Treffer zu.
"Sie drei haben jetzt in diesem Gebäude das Kommando", bestimmte der General, "Finden Sie alle Atavus und Atavus-Hybriden."
Carol sah zu Marcus, Alice sah zu Marcus. "Also schön", sagte Marcus und runzelte die Stirn. "Erstens: Das Gebäude muss abgeriegelt werden."
Mitch legte seine Hand auf einen Sensor und tippte kurz auf einer Tastatur, ein Schloss-Symbol leuchtete auf dem Bildschirm auf. Er tippte weiter, drei Personen wurde der Durchgang durch alle Türen gestattet: Marcus, Alice und Carol.
"Gut." Marcus sah sich um. "Ist hier noch irgendjemand, der nicht rein menschlich ist?"
Will hob seinen Skrill über seinen Kopf. "In gewisser Weise ...", sagte er.
"Ebenso", sagte Lewis und reckte auch seinen Skrill in die Höhe.
"Der Präsident ist in einer Zelle", sagte Carol, "auf eigenen Wunsch, seit er bemerkt hat, dass das Atavus-Gemeinwesen wieder stärker wird."
"Ist er noch dort?", fragte Alice.
"Ich sehe nach." Die Jaridianhybridin eilte von dannen.
"Wenn sich hier ein Atavus eingeschlichen hat, kann er auch den Scanner sabotiert haben", überlegte Marcus, "aber einen aus Clearwater kommen zu lassen, dauert lange. Irgendwelche Ideen?"
"Könnte Henry einen Atavus-Hybriden erkennen?", fragte Mitch.
"Möglich." Marcus zückte sein Global und formulierte eine Textnachricht an den jungen Atavus. "Commander Marchese, Captain Hawke, Ihre Skrills stellen bereits klar, dass keiner von Ihnen beiden Atavus ist. Hybriden allerdings könnten Sie womöglich sein, das ist nicht klar." Sein Global piepste, er ließ es aufschnappen.
"Der Präsident ist nicht in seiner Zelle, der Zoriel-Darsteller auch nicht. Zwei aufgespießte Wachen, ein aufgespießter Sanitäter. Der Überwachung nach zu urteilen war der Präsident nicht ordentlich eingesperrt, oder er kann neuerdings durch virtuelles Glas gehen."
"Meldung an Clearwater", bestimmte Marcus, "Wir brauchen ein Hybridenbataillon, hier." Er schob das Global zu.
"Atavushybriden sollten eine ähnliche Heilungskapazität wie die Atavus haben", warf Alice ein, "Ich denke, das entlastet mindestens den General."
Mitch sah etwas bedröppelt drein und seufzte kurz, dann nickte er. "Eigentlich gehe ich mit meiner Herzrhythmusüberwachung nicht hausieren", sagte er aber.
Sie öffnete ihre Jackentasche, holte ein besseres Gummiband heraus und band es um den Oberarm des Generals. Einen Moment später zog es sich straff und sie konnte auf ihrem Global direkt verfolgen, wie sich das Herz des Generals daneben benahm und dabei jeweils nach wenigen Sekunden vom Implantat korrigiert wurde. Das waren direkte Blutdruckmessungen, nicht etwas, was eine Tarnung vortäuschen konnte.
"Sie sind jedenfalls noch reiner Mensch", sagte Alice, "und damit haben Sie wieder das Kommando, General."
"Behalten Sie es noch", widersprach er.
Marcus nickte. "Wie Sie meinen." Er ließ seinen Blick über die Menschen schweifen. "Anders als reine Menschen wandeln Atavushybriden Taelonenergie um", sagte er, "daher sind sie nicht in der Lage, Shaqarava zu haben."
"Wie viel Grundenergie haben wir zur Verfügung?", fragte Lewis.
Will eilte zum Erste-Hilfe-Kasten und öffnete ihn. Die unteren Fächer waren leer. "Gar keine, abgesehen jedenfalls von der Körperenergie der Anwesenden."
Alice runzelte die Stirn. "Acht", sagte sie, "Ich würde acht Menschen testen."
"Acht", stimmte Marcus zu, "General, bitte wählen Sie fünfzehn Personen - Sie werden auf jeden Fall getestet."
Mitch überlegte nicht lange. Nur zwei der hohen Ränge wählte er, ansonsten hauptsächlich normale Soldaten, aber auch Yang, den Verbindungsoffizier zum chinesischen Militär, und die zwei Implantanten.
Die Taelonhybriden machten sich daran, die Menschen mit ihrer Körperenergie zu versorgen, und es ging recht schnell, da sie ja jeweils zwei Hände hatten. Nicht alle der Menschen entwickelten Shaqarava, aber neun von ihnen waren entlastet. Die übrigen waren weiter verdächtigt, aber keinesfalls erwiesene Atavushybriden, denn Shaqarava hing von deutlich mehr Faktoren ab als nur von der verfügbaren Energie.
Mitch schoss den bedauernswerten Getränkeautomaten ab, ebenso Lewis und Yang, die übrigen sechs Entlasteten, allesamt normale Soldaten, beschränkten sich darauf, das blaue Leuchten in ihren Händen zu zeigen.
Carol kümmerte sich darum, die restlichen Menschen, potentielle Atavushybriden oder gar potentielle Atavus, sicher zu verwahren. Die fensterlose Kaffeeküche war ein guter Ort dafür, die eine Tür war gut abzusichern und es gab drin immerhin Kaffee, Tee und sogar ein paar Schachteln Karamellkekse.
"General, fangen wir damit an, was ich vor Zoriel nicht sagen konnte", ergriff Marcus das Wort, "Rons Meldung ist korrekt: Licau, Frank, Cress und auch Lettice sind auf einer Mission zum Atavus-Schiff."
"Da der Darsteller davon wusste, können wir davon ausgehen, dass die Atavus im Schiff es auch wissen", sagte Alice.
Mitch seufzte. "Inzwischen, ja, aber er ist gerade erst entkommen. Zuvor hatte er definitiv keine Gelegenheit, die Information weiterzugeben." Er runzelte die Stirn. "Ich vermute, das war es, was er machen wollte, als er Vorjak anrufen wollte", ergänzte er, "aber Vorjak war bekanntermaßen aus dem Netz und damit taugte die Ausrede nicht und ich habe die Unterbrechung untersagt."
"Die Ausrede verwundert mich", sagte Marcus, "Wenn der Zoriel-Darsteller nicht wusste, dass Vorjak aus dem Netz ist, dann lässt das vermuten, dass Vorjak gar nicht in der Gewalt von Atavus ist."

[Veria]

"Das wird nicht schön. Halt die Luft an!" Dann war Liam auf dem glitschigen Steg ausgerutscht und hatte den soeben unsichtbar gewordenen Vorjak mit in die stinkende Brühe gerissen.
Die Atavus hatten den Kimera wieder herausgefischt, aber nur ihn, sie hatten Vorjak offenbar nicht einmal gesehen. Der Jaridian war so frei, wie man in diesem Labyrinth aus Abwassertunneln nur sein konnte, das Global war wasserschadenbedingt zu seinen Ahnen gegangen. Es stank erbärmlich und das schon lange genug, dass Vorjak sein Zeitgefühl verloren hatte.
Dennoch watete er die Tunnel entlang, manche mit Kanälen, manche ohne, und markierte die Kreuzungen mit per Shaqarava verkohlten Stellen an den Wänden. Der einfachste Wegweiser war zwar die trübe Brühe selbst, aber am großen Sammelkanal befand sich eine Gruppe von 16 Atavus und ein den gesamten Querschnitt überspannendes Metallgitter, wenngleich mit einer Tür, deren Öffnung allerdings keineswegs unbemerkt bliebe. Vorjak musste also einen anderen Weg finden.
Man müsste meinen, es gäbe Leitern zu den Kanaldeckeln, die Vorjak immer wieder sah, aber tatsächlich gab es davon nur die jeweils oberste Sprosse - darunter war jeweils, höchstwahrscheinlich mit Krallen, abgetrennt worden.
Vielleicht hatten die Atavus irgendwo eine Leiter übersehen. Vielleicht gab es irgendwo einen anderen Weg hinaus.
Vielleicht sollte Vorjak einfach einen Kanaldeckel abschießen und hoffen, dass von oben Hilfe kam und kein Atavus.
Er hasste es, so nutzlos zu sein.

[Taoynin]

Oh, ich habe die Fortsetzungen doch glatt übersehen. Schön, dass es weitergeht.

[Veria]

Am Ende des schmalen Tunnels war wieder ein Kanal, Vorjak drückte sich an die Wand und folgte dem Sims um eine Ecke, hier war er vermutlich noch nicht gewesen.
Nein, hier war er tatsächlich noch nicht gewesen. "Harmony!", rief er der Hybridin verhalten zu.
Sie reagierte nicht. Sie tat überhaupt nichts, sie stand nur da, knapp vor einem portablen Portal, und starrte an die Wand. Vorjaks Blick folgte ihrem und er begriff.

Geiseln!
Was immer die Atavus taten, mit Geiseln hielten sie die Kimera davon ab, einzugreifen.

Tatsächlich stand aber die Lösung von Vorjaks akutem Problem da, hinter Harmony. Er hockte sich hin, glitt vorsichtig in den stinkenden Kanal und watete hinüber, dann kletterte er wieder hinaus und trat halb zwischen Harmony und das Portal.
"Harmony", flüsterte er, "ich bin es, Vorjak."
Sie reagierte kaum, aber für ihn merkbar: Sie blinzelte dreimal.
"Ich schicke über das Portalnetz eine Nachricht, dass es Geiseln gibt und wo man nach ihnen suchen muss." Wo man nach ihnen suchen musste, das erschloss sich aus dem an die Wand projizierten Bild sehr leicht: Die Schulklasse war mit einem Atavus im Kostümkeller des Theaters in Clearwater eingeschlossen. "Wenn das Portal direkt überwacht werden könnte, bitte blinzle dreimal."
Sie blinzelte einmal.
"Bist du dir sicher?"
Sie blinzelte dreimal.
"Dann schicke ich jetzt die Nachricht." Vorjak griff nach einer Strebe des Portals und tastete sich zum Bedienpanel weiter. Er atmete tief durch und ließ seine Finger fliegen - so oft schon hatte er Portale bedient, dass seine Finger das durchaus ohne Hilfe seiner Augen konnten.
Zurück kam eine automatische Empfangsbestätigung vom ehemaligen Botschaftsgebäude in Washington. Zweifellos würde es die Information schnell an die richtigen Stellen weiterleiten.
Vorjak wartete, Harmony zwangsläufig ebenso.
Aber das Botschaftsgebäude hatte direkt die Polizei in Clearwater informiert und diese stürmte den Kostümkeller. Kaylee zeigte der Kamera und damit Vorjak und Harmony den erhobenen Daumen.
Vorjak enttarnte sich. Harmony drehte sich um und tippte kurz das Bedienpanel an, dann griff sie nach dem Arm des Jaridian und zog ihn in die Interdimension. In die weiße Interdimension, die man nur zu sehen bekam, wenn man mit Harmony reiste.
Wenige Momente später stand er an Bord des Mutterschiffes, und zwar knapp außerhalb der Brücke auf einem Korridor. T'than saß auf dem Thron, während Synodenführer Da'an etwas abseits stand und mit Trigal und Mit'gai sprach, jedenfalls, bis er Harmony bemerkte.
"Harmony, was ist geschehen?", fragte Da'an. T'than sah nun ebenfalls her.
"Geiseln", sagte Harmony, "Kaylee hat sie befreit."
"Zoriel hat ebenfalls eine Gruppe Geiseln befreit", sagte T'than, "aber es muss noch eine dritte Gruppe Geiseln geben."
Harmony runzelte die Stirn. "Ich habe keine Änderung von Dad oder Farrell gespürt", sagte sie, "Weiß derjenige etwa nicht ..."
"Farrell hat mit mir die Identität getauscht." Das war Yulyn, der fast versteckt in einer Nische lehnte. "Es gibt noch eine Gruppe Geiseln, mit der dein Vater erpresst wird."
Vorjak trat zwei Schritte auf ihn zu. "Wer ist der Anführer der Atavus auf dem Schiff?", grollte er. "Dein Vater? Oder ein Atavus aus dem Schiff?"
"Mein Vater hat nichts damit zu tun", gab der junge Atavus ärgerlich zurück, "Auf dem Schiff hat Jaylis das Kommando, das ist einer aus dem Schiff. Er war immer schon heiß auf Vaters Position."
"Ich erhalte wieder ein Signal vom Atavus-Schiff", unterbrach T'than, "Schweigt also!" Er wischte mit zwei Fingern und aktivierte den Datenstrom.
Yulyn saß auf dem Kommandostuhl des Atavus-Schiffes - also Farrell. Vorjak musste sehr zufrieden grinsen.
"Wir werden diese Welt verlassen", sagte der Kimera, "Wenn wir den Antrieb in Kürze aktivieren, sollten besser keine Soldaten mehr in den Tunneln sein, oder sie würden mitgerissen." Dazu eine Geste - dummerweise war Vorjak in Gesten ziemlich schlecht und verstand sie nicht.
"Bevor das geschieht, zerstöre ich das Schiff!", sagte T'than, und um seine Worte zu unterstreichen aktivierte er sogleich das Waffensystem des Mutterschiffes.
"Und all die Menschen?" Yulyn lachte auf.
T'than beugte sich etwas nach vorne, sein Blick war nun der des unnachgiebigen Kriegsministers. "Nur Menschen!", sagte er mit eiskalter Stimme.
Das Bild im Datenstrom wurde grau und verschwommen, nach einigen Momenten aber wieder klar. "Ich habe einen Vorschlag", sagte Farrell, begleitet von einigen schnellen Gesten.
"Ich höre."
"Ich nehme all meine Artgenossen auf", begleitet von einer Geste, die Vorjak verstand: Kimera. "Eine Trennung der Menschen von uns löst das Problem sofort."
"Und wenn deine Artgenossen nicht alle kommen wollen?"
"Dann sollen sie eben in Zukunft Gemüse essen!" Mit wütendem Gesichtsausdruck schlug Yulyn auf seine Armlehne, worauf sich der Datenstrom vor T'than in Luft auflöste.
Harmony trat einen Schritt auf die Brücke. "Wo ist die Waffe?", fragte sie.
Waffe?
T'than wandte sich zur Hybridin. "In Ne'mals Technologielabor."
Ach, diese Waffe! Vorjak begriff nun, was Farrell T'than und Harmony mitgeteilt hatte.
Die Kimera eilte zu Yulyn, ergriff seine Hand und zog ihn kurzerhand durch gleißendes Licht.
"Vorjak", sagte T'than, "Ni'jeg hat mir mitgeteilt, dass die dritte Gruppe Geiseln in einer Lagerhalle für Lebensmittel befinden. Ich kenne mich mit der Lagerung von Lebensmitteln in Clearwater allerdings nicht besonders gut aus."
Vorjak blinzelte. Das konnte doch derzeit eigentlich nur der Kartoffelkeller der Majak-Ta Corporation sein, alle anderen Lager wurden zu häufig aufgesucht, um Versteck zu sein. "Ich kümmere mich darum", sagte der Jaridian, drehte sich um und eilte in Richtung des nächsten Portals.
Und wenn er sich darum gekümmert hätte, dann würde er duschen.

[Veria]

Zweieinhalb Monate später ...


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Harmony verließ die Interdimension mitten im Technologielabor, Ne'mal wandte sich gemächlich von seinem Arbeitsplatz um und sah sie und Yulyn hochnäsig an. "Was willst du, Jae'yal?", fragte der Taelon.
Sie ließ ihren Blick kurz schweifen, bis sie gefunden hatte, was sie aus dem Sharing mit ihrem Vater bereits kannte. "Das da." Harmony nahm die Waffe von der Ablage, nickte dem jetzt leicht erschrockenen Taelon knapp zu und verschwand mit der Waffe und dem Atavus wieder in der Interdimension.
Das nächste Ziel war schwieriger.
Ja, Harmony hatte sogar zwei Leuchtfeuer zur Verfügung, aber für einen so genauen Austritt, wie er jetzt gebraucht wurde, musste sie sehr viel Vorsicht walten lassen. Sie fand das Schiff anhand von dessen Leuchtfeuer, dann auch ihren Bruder über sein starkes Signal im Gemeinwesen, das fragende Gefühl von ihrem Vater ignorierte sie derweil einfach. Es war sehr anstrengend, die dreidimensionale Umgebung aus der Interdimension heraus zu sehen, da brauchte sie nicht noch eine Erklärung mit den beschränkten Ausdrucksmöglichkeiten des Gemeinwesens zu versuchen.
War Farrell allein? Eher nicht, der Raum war zu groß, vermutlich war er noch auf der Brücke.
Harmony übermittelte einen mentalen Schubs und prompt bewegte Farrell sich, sie folgte ihm, bis er ihr Zuversicht vermittelte, dann erschien sie mit Yulyn vor Yulyn, im Maschinenraum des Atavus-Schiffes. Einige weitere Atavus waren hier, doch sie salutierten auf irdisch-militärische Art, waren also nur als Atavus getarnt.
"Gut, du hast mich verstanden", stellte der Kimera zufrieden fest, "und jetzt erschieß mich!" Er zupfte sich das Tarnmodul vom Oberarm und breitete seine Arme zu beiden Seiten weit aus.
Leichter gesagt als getan. Harmony konnte nicht einfach zielen und abdrücken, sondern musste die Waffe zunächst an die Energieversorgung anschließen - wenigstens passte das Kabel an das Energienetz des Atavus-Schiffes. Einfach zielen ging dann zwar, aber zum Abdrücken fehlte ein Knopf.
Plötzlich war das Gewicht der Waffe weg. Harmony konnte loslassen und die Waffe schwebte einfach, und dann sah die Kimera ein merkwürdiges Symbol vor sich. "Seht ihr das?", fragte sie.
"Was?", fragte Farrell.
Harmony streckte eine Hand aus und wischte durch das Symbol. Nichts passierte.
Farrell sah ihr tief in die Augen. "Oh!", machte er jetzt, "Das ist in deinen Augen! Mach die Augen mal zu!"
Sie tat es. Das Symbol blieb kurz, dann verwandelte es sich in ein anderes, das Harmony sofort lesen konnte: Ziel.
Sie öffnete die Augen, das Symbol blieb nur vor ihrem linken Auge, das rechte sah es nicht mehr. "Ah, ich glaube, ich verstehe", sagte sie, sah direkt ihren Bruder an und blinzelte einmal deutlich mit dem linken Auge.

Und Schuss.

Vor Harmonys Augen löste sich ihr Bruder buchstäblich in Luft auf und er verschwand auch aus dem Gemeinwesen. Einen kurzen Moment der Sorge, auch deutlich spürbar von Dad, später tauchte ein schemenhaft Farrell-förmiges Gebilde wieder auf, es wurde sogar von einem Eindämmungsstrahl aus der Waffe in Form gehalten. Die Form wurde klarer, der schmerzverzerrte Gesichtsausdruck erkennbar.
Was hatte Harmony ihrem Bruder nur angetan?
Der Mensch Farrell stabilisierte sich und fühlte offenbar keinen Schmerz mehr, dafür brach er nun bewusstlos zusammen. Harmony eilte zu ihm, legte ihm ihre Hand auf die Brust und ließ ihre Energie strömen - es dauerte nur wenige Sekunden, bis er erwachte.
"Uff ...", sagte er, "Komisches Gefühl." Er sah sich um. "Ist er hier?"
Harmony spürte in die Interdimension, ja, er war da. "Achtdimensionaler Konnektor. Warte kurz." Sie hatte inzwischen ja durchaus etwas Übung darin, sie hatte schon einige Personen zusammengesetzt und natürlich gelang es ihr auch bei ihrem Bruder.
Der Kimera stand vor ihr und betrachtete seine Hände. "Voll grüncool", sagte er fast ehrfürchtig, während er die Fassade des Taelons nach der Bleichwäsche bildete.

Harmony musterte ihn. Seine Aura und seine Form, selbst sein Fassadengesicht, waren in jeder Hinsicht absolut identisch mit denen, die Kimera-Liam gehabt hatte - aber der Kimera-Anteil war ja auch exakt derselbe und tatsächlich im Grunde identisch mit Ha'gel selbst, bis auf allfällige Mutationen.
"Boah", machte Mensch-Farrell.
Kimera-Farrell sah ihn an und kniff dann die Augen zusammen. "Woran denke ich gerade?"
"42."
"Ja ... verdammt!" Er öffnete die Augen und blickte zu Yulyn. "Da du hier bist, vermute ich, du kennst den Plan."
"Mir ist klar, was du vorhast, ja", gab der Atavus zurück und trat etwas näher. "Es ist nicht unangenehm, oder?"
"Nein, man muss aber nachher duschen, sagt Mum." Mit diesen Worten griff der Kimera nach den Schultern des Atavus, das hellgrüne Leuchten waberte über Yulyns Körper und verkrustete zum braunen Kokon, während sich die kimerianische Gestalt unter ähnlichem Wabern in Yulyns wandelte.

[Veria]

Viele Monate später ...




Yulyn blinzelte schließlich. "Voll grüncool!" Er sah zu Mensch-Farrell und nickte diesem zu, dieser hob das Tarnmodul auf, schnallte es sich um den Oberarm und wurde unsichtbar, einen Moment später verschwand auch der Kokon. "Volodin, geben Sie meiner Schwester bitte Ihre Tarnung", bestimmte Farrell dann, "Gromov, tarnen Sie sich und Volodin ... und mich."
Zwei der Soldaten salutierten. Volodin nahm das Tarnmodul ab, wodurch seine wahre Gestalt, ein großnasiger, eher grobschlächtig wirkender Kerl mit Halbglatze, breiten Schultern und hohem Rang auf der russischen Felduniform, sichtbar wurde. Er überreichte Harmony das Band, dann wurde sein Kamerad mit ihm und Mensch-Farrell unsichtbar.
"Wohin?", fragte die Kimera, während sie sich das Band umschnallte und sich unsichtbar machte.
"Zum Heiler. Er hat die nötigen Geräte, um die Wirkung des Signals zu beobachten." Der Kimera nickte den Soldaten freundlich zu und eilte dann hinaus auf den Korridor. Harmony folgte ihm auf den Fuß, dass sie noch hinter ihm durch die sich schließende Türe kam. "Das Atavus-Gemeinwesen fühlt sich jetzt anders an als damals mit den Verbundsignalgebern", sagte er. "Der Verstärker hier springt zwischen Frequenzen rum und dämpft meinen Einfluss, lässt sich ziemlich sicher nicht überlasten."
"Verdammt", murmelte sie.
"Ganz ideenlos bin ich nicht, Yulyn kennt den Heiler sehr gut. Komm mit!" Der Kimera führte seine Schwester zügig durch die Korridore des Schiffes, bis er erneut durch einen Durchgang trat.

"Was willst du?", knurrte es in einer dunklen Ecke hinter einem merkwürdigen Gerät.
"Deine Hilfe, Krasyc. Es geht um den Verstärker."
"Weißt du, wie viele verschiedene Arten Verstärker ich habe?", kam von dem erstaunlich zerknitterten, tatsächlich grauhaarigen Atavus. "Ich gehe davon aus, dass du keine Tanzfeier mit Musik veranstalten willst? Aber bei der Jugend von heute weiß man ja nie …"

Interessant. Sogar bei Atavus wurde über die Jugend von heute genörgelt.

"Gemeinwesenverstärker", konkretisierte Farrell.
Der Greis horchte auf. "So? Was willst du mit dem?"
Betont lässig lehnte sich der Kimera an einen Arbeitstisch. "Ich weiß, du bist nicht an Machtspielen interessiert", bemerkte er, "aber vielleicht hast du den Machtwechsel auf der Brücke mitbekommen. Hm?"
"Nicht direkt, aber es war nur eine Frage der Zeit, bis Jaylis sich aufspießen lässt." Der Alte wanderte zu einem anderen Gerät, rief einige Daten auf, stellte etwas neu ein, kniff kurz die Augen zusammen und winkte seinen Gesprächspartner dann zu sich. "Es ist recht deutlich zu sehen", erklärte er und wies auf die Anzeige, "dass Jaylis' Beteiligung im Gemeinwesen unter die Messschwelle gesunken ist. Bewusstlos oder tot, beides legt nahe, dass er nicht mehr der Herr im Haus ist."
"Ah, so deutlich kannst du das Gemeinwesen messen?" Farrell rückte zu ihm, auch Harmony zwängte sich dazu, dass sie die Anzeige ebenfalls sehen konnte.
Krasyc grinste flüchtig. "Nicht alles, aber manches." Er wies auf ein Gewirr aus übereinanderliegenden Messkurven. "Das sind alle, die mit dem Verstärker verbunden sind. Jaylis habe ich hier nochmal allein darstellen lassen, das ist einfach, auf ihn ist der Verstärker nämlich geeicht." Rechts war keine Kurve, Jaylis ja war unter der Messschwelle. "Aber sieh dir mal die Kurven gemeinsam genau an", fuhr Krasyc fort. "Siehst du, dass gelegentlich was nach oben aus dem Gewirr rausschießt?"
"Ja, was ist damit?"
Der Greis aktivierte virtuelles Glas um seinen Arbeitsplatz, Farrell und sich selbst und tatsächlich auch Harmony. Warum?
Harmony machte sich aber keine Sorgen, sie konnte da ja problemlos rausteleportieren.
Krasyc arbeitete ruhig weiter, er ließ die fragliche Kurve jetzt allein darstellen. "Das ist immer dieselbe Kurve, die da rausschießt", sagte er, "und das bist du, Ga'hil!"
In Harmonys Fäusten glühte es sachte, sie machte sich auch bereit, ihren Bruder mit sich in die Interdimension zu reißen.
Farrell lachte nur kurz auf. "Nein, das ist definitiv nicht Ga'hil", sagte er, ganz entspannt.
"Du bist es!", beharrte Krasyc. "Und das ist definitiv nicht die Gemeinwesenbeteiligung eines Atavus."
"Soweit korrekt. Ich bin nur nicht Ga'hil."
Einen Moment lang dachte der Greis sehr scharf nach. "Jae'yal?"
"Ni'jeg", korrigierte der Kimera.
"Ah, tatsächlich der ganz junge", war der Atavus überrascht. "Willst du, dass ich den Verstärker auf dich eiche?"

"Nein. Ich will, dass du ihn abdrehst!"

Krasyc starrte ihn an. "Wieso?", fragte er. "Auf dich zu eichen wäre der beste Garant für allgemeine Loyalität gegenüber den Kimera!"
"Hat bei Jaylis ja auch wunderbar funktioniert mit der Loyalität ..." Farrell straffte sich. "Dieses Einander-Abstechen ist zwar nicht gerade neu, aber nach doch einiger Zeit ohne Verstärker ist vielen bewusst geworden, dass es auch nicht normal ist."
"Ist es das, soso." Der Alte hielt seinen Blick auf den Kimera gerichtet. "Dann gehe ich davon aus, dass du mich nicht abzustechen versuchst, wenn ich deinen Wünschen nicht entspreche."
"Ich bin nicht der Typ für Abstechereien. Selbst Jaylis lebt."

"Also fein." Der Alte wandte sich wieder ganz seinem Arbeitsplatz zu, legte die Hand auf einen Sensor und wischte dann mit seinen Fingern über einige bunte Flächen. Verdutzt lehnte er sich nach vorne. "Der Verstärker ist gesperrt!"
"Wer hat ihn gesperrt?", fragte Farrell.
"Jaylis zweifellos. Hatte wohl Sorge, Howlyn würde ihm das Kommando wieder abzunehmen versuchen." Der Greis sah zum Kimera. "Du kannst zwar seine Gestalt annehmen, aber der Verstärker wird erkennen, dass du nicht Jaylis bist, und deine Stimme nicht verstärken."
"Die Sperre kann nicht unüberwindbar sein. Was, wenn Jaylis tot wäre?"
"Mit Zeit löst sich die Sperre automatisch, ja. Hast du vier Tage Zeit?"
Farrell verzog kurz das Gesicht, dann straffte er sich. "Muss ich wohl." Knapp wies er auf die Umgebung. "Lass mich raus, ich muss mich um etwas kümmern."
Krasyc hielt ihn auf. "Die Stasiskapseln sind keine Lösung!", wandte er ein. "Sie messen die Hirnströme und halten die Verbindung aufrecht."
Jetzt grinste Farrell breit. "Du sagtest, der Verstärker wird erkennen, dass ich nicht Jaylis bin. Ich zähle darauf!"
Der Greis sah ihn verdutzt an. "Oh ..."
"Meine Schwester wird hier bei dir bleiben", beschloss der Kimera. "Jae'yal, enttarne dich bitte."
Sie gehorchte und lächelte freundlich, der Atavus starrte sie entgeistert an.
"Ich geh dann mal", tat Farrell kund. "Ich muss meine neue Gestalt erst mal von der Brücke holen." Mit diesen Worten marschierte Yulyn hinaus auf den Korridor und außer Sicht.
"Nun", begann Harmony, "ich denke, wir haben etwas Zeit." Sie lehnte sich an die Wand und legte den Kopf schief. "Vielleicht kann mein Bruder ja seine Gemeinwesenfrequenzen so hinbiegen, dass der Verstärker ihn doch für Jaylis hält. Oder nicht?"
Der Greis fasste sich langsam wieder. "Nein", brachte er heraus, "das halte ich für ziemlich unwahrscheinlich."
"Versuchen können wir es ja."
"Das natürlich schon, da spricht nichts dagegen."
Sie musterte ihn noch kurz, dann nickte sie. Er belog sie nicht, hatte auch Farrell nicht belogen, da war sie sich inzwischen tatsächlich sicher.





(Nachsatz: Komisch, hier drin von verbündeten russischen Soldaten zu lesen. Als ich das geschrieben hab, hatten wir den Mist in der echten Welt noch nicht.)