Was ist ein Wort?

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Wir sollten uns also vor Augen führen, dass Wortarten nicht universal gültig sind und grundsätzlich abklären, was wir in unserer eigenen Sprache haben wollen. In den Wortarten stecken eigentlich drei Unterteilungen der Wörter:
 
Wir sollten uns also vor Augen führen, dass Wortarten nicht universal gültig sind und grundsätzlich abklären, was wir in unserer eigenen Sprache haben wollen. In den Wortarten stecken eigentlich drei Unterteilungen der Wörter:
 
;Die Bedeutung
 
;Die Bedeutung
:Aus dieser Sicht können wir die Wörter in zwei große Kategorien einteilen: Wörter, die Weltinhalt haben und Wörter, die grammatische Bedeutung haben. Daneben kann ein Wort auch sowohl Weltinhalt als auch grammatische Bedeutung enthalten. Als Weltinhalt bezeichne ich in diesem Zusammenhang alles, was in der Welt ist (Weltwissen) und alles, was sie Welt formt oder formen soll. In diesem Kapitel wollen wir diese Unterteilung allerdings nicht fortführen, da sie für die Erstellung einzelner Wörter zunächst einmal nicht weiter interessiert. Auf bedeutungsspezifische Unterteilungen kommen wir aber noch in späteren Kapiteln zurück.
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:Aus dieser Sicht können wir die Wörter in zwei große Kategorien einteilen: Wörter, die Weltinhalt haben und Wörter, die grammatische Bedeutung haben. Daneben kann ein Wort auch sowohl Weltinhalt als auch grammatische Bedeutung enthalten. Als Weltinhalt bezeichne ich in diesem Zusammenhang alles, was in der Welt ist (Weltwissen) und alles, was sie Welt formt oder formen soll.  
 
;Die Form
 
;Die Form
 
:Es gibt Wörter, die dekliniert werden, die kompariert werden und die konjugiert werden. Je nachdem, wie ein Wort gebeugt wird, kann es unterschiedlichen Kategorien angehören. Es ist die sinnvollste Einteilung, wenn es darum geht, ein Wörterbuch zu erstellen.
 
:Es gibt Wörter, die dekliniert werden, die kompariert werden und die konjugiert werden. Je nachdem, wie ein Wort gebeugt wird, kann es unterschiedlichen Kategorien angehören. Es ist die sinnvollste Einteilung, wenn es darum geht, ein Wörterbuch zu erstellen.
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Wörter stehen nicht isoliert im Satz, sondern agieren miteinander. Ein Grund, warum Sprachen über Flexion verfügen besteht darin, anzuzeigen, welche Wörter zusammen gehören. Das Adjektiv richtet sich beispielsweise nach dem Nomen, zu dem es gehört, sodass wir wissen, wer zu wem gehört. In solchen Fällen gibt es immer ein Wort, das Informationen austeilt und ein Wort, das die Information einsteckt. So gibt das Nomen Kasus, Numerus und Genus an das Adjektiv weiter, welches sich danach ausrichtet und ebenfalls flektiert wird. Das Nomen seinerseits kann den Kasus von einer Präposition oder von seiner Bedeutung im Satz erhalten. Damit hätten wir für die deutsche Sprache drei Wortarten ausgemacht: Die Präposition als Geber des Kasus, das Nomen als Empfänger des Kasus und Geber von Kasus, Numerus und Genus und das Adjektiv als Empfänger der vom Nomen gegebenen Informationen. Im Thailändischen hätten wir da aber schon ein Problem, da es dort keine Flexion der Wörter gibt und Kasus, Numerus und Genus somit nicht einfach weiter gereicht werden können. Deshalb stellt sich die Frage: Was steckt hinter der Weitergabe der Informationen? Wofür ist das gut? Die Wörter drücken damit die Zugehörigkeit zu einem anderen Wort aus, sie sind hierarchisch sortiert.<br/>
 
Wörter stehen nicht isoliert im Satz, sondern agieren miteinander. Ein Grund, warum Sprachen über Flexion verfügen besteht darin, anzuzeigen, welche Wörter zusammen gehören. Das Adjektiv richtet sich beispielsweise nach dem Nomen, zu dem es gehört, sodass wir wissen, wer zu wem gehört. In solchen Fällen gibt es immer ein Wort, das Informationen austeilt und ein Wort, das die Information einsteckt. So gibt das Nomen Kasus, Numerus und Genus an das Adjektiv weiter, welches sich danach ausrichtet und ebenfalls flektiert wird. Das Nomen seinerseits kann den Kasus von einer Präposition oder von seiner Bedeutung im Satz erhalten. Damit hätten wir für die deutsche Sprache drei Wortarten ausgemacht: Die Präposition als Geber des Kasus, das Nomen als Empfänger des Kasus und Geber von Kasus, Numerus und Genus und das Adjektiv als Empfänger der vom Nomen gegebenen Informationen. Im Thailändischen hätten wir da aber schon ein Problem, da es dort keine Flexion der Wörter gibt und Kasus, Numerus und Genus somit nicht einfach weiter gereicht werden können. Deshalb stellt sich die Frage: Was steckt hinter der Weitergabe der Informationen? Wofür ist das gut? Die Wörter drücken damit die Zugehörigkeit zu einem anderen Wort aus, sie sind hierarchisch sortiert.<br/>
Also fangen wir beim kleinstmöglichen Satz an, um die einzelnen Wortarten zu isolieren:
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Die Informationen, die in den einzelnen Wörtern stecken, lassen sich, wie oben erwähnt, in Weltinhalt und grammatische Information unterteilen, wobei sich die grammatischen Informationen natürlich auch auf den Weltinhalt auswirken. Die grammatischen Informationen können desweiteren in Satzinformationen und wortspezifische Informationen unterteilten werden.<br/>
*''Es regnet.'' Hier haben wir zwei Wörter, wobei das erste tatsächlich im wahrsten Sinne des Wortes ein Füllwort ist. ''Es'' hat keine Bedeutung und steht nur deshalb da, weil die deutsche Sprache ein Wort an der Stelle haben will. (Warum, wird im nächsten Kapitel ''Der Satz'' erklärt.) Bleibt also ''regnet'' übrig. Dieses zentrale Wort im Satz ist das '''Verb'''. Entsprechend enthält das Verb auch in den meisten Sprachen einiges an Satzinformationen, sprich, Modus, Tempus, Genus Verbi, Aspekt, Aktionsart und Evidentialität. (Die Begriffe werden später näher erklärt.)
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Der Satz enthält
*''Bello bellt.'' Nun kommt zum Verb noch ein weiteres Wort hinzu. Dieses Wort nimmt ebenfalls eine Sonderstellung im Satz ein, denn es interagiert mit dem Verb und gibt Person und Numerus an das Verb weiter. Betrachten wir noch zwei weitere Sätze: ''Der Hund beißt den Mann.'' und ''Der Mann tritt den Hund.'' Da sehen wir direkt, dass sich die Wörter in der Position austauschen lassen. Es gibt also eine Interaktion zwischen dem Verb und dem Nominativnomen und zwischen dem Verb und den Objektnomen. Da die '''Nomen''' aber weiterhin die gleichen Informationen enthalten, können wir sie als eine Wortart identifizieren.
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*Modus - Die Stellung des Sprechers zur Aussage, z. B., ob es sich um eine Aussage, eine Möglichkeit oder ein Befehl ist.
*''Der Hund bellt.'' Ein Beispiel für die Individualität der Sprachen bezüglich der Wortarten ist der '''Artikel'''. Längst nicht alle Sprachen kennen diese Wortart und um genau zu sein, verstecken sich dahinter unterschiedliche Wortarten, da sie unterschiedliche Informationen tragen. In der deutschen Sprache trägt der Artikel Kasus, Numerus und Genus, im Englischen dagegen sind es lediglich Definitheit, Spezifizität und Generizität, also die Informationen, die in den meisten Artikel beinhalten. Da der Bestandteil, der allen Artikeln gemein ist, die Definitheit ist, wird oft auch einfach von den Determinativen gesprochen. Diese Wortart enthält alle Wörter, die die Definitheit vorgeben, also auch die Determinativpronomina. (Erschlagen von den ganzen Begriffen? Keine Sorge, bei den Artikeln zu den einzelnen Wortarten werden die Fachwörter näher beleuchtet.)
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*Tempus - Die Zeit in der der Satz im Verhältnis zum Sprechzeitpunkt steht, im einfachsten Fall sind dies Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft.
*''Der Hund bellt laut.'' Das letzte Wort in diesem Beispiel enthält außer der inhaltlichen Bedeutung keine weiteren Informationen. Es beschreibt den Satz beziehungsweise das Verb näher, ohne Informationen aufzunehmen oder abzugeben. Im Deutschen können wir diesen Umstand einfach damit erklären, dass die Informationen zu Kasus, Numerus und Genus deswegen fehlen, weil das Verb diese Informationen auch nicht hat. Es ist daher mit dem Adjektiv gleich zu setzen. Andere Sprachen handhaben das etwas anders, und so ist es durchaus eine eigenständige Wortart, die man genauer betrachten kann.
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*Diathese - Die Handlungsrichtung, in der die Aussage stattfindet, also ob etwas agiert, oder ob etwas Ziel einer Aktion ist. Im einfachsten Fall sind das aktiv und passiv.
*''Der große Hund bellt.'' Nun haben wir eine nähere Bestimmung des Hundes, ein Attribut, das zum Nomen gehört. Um die Zugehörigkeit deutlich zu machen wird im Deutschen Kasus, Numerus und Genus übernommen. In anderen Sprachen kann es auch anders gehandhabt werden, bis hin zu Anhängseln, die keine eigenständigen Wörter darstellen. Dieses Nominalattribut ist natürlich das '''Adjektiv'''
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*Aspekt - Der zeitliche Verlauf der beschriebenen Handlung, z. B., ob sie abgeschlossen ist oder nicht
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*Aktionsart - Die Art und Weise, in der die Aussage stattfindet, z. B. ob sie zeitlich den Beginn oder das Ende einer Handlung darstellt oder ob sie aus sich wiederholenden Elementen besteht.
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*Evidentialität - Die Herkunft des Wissens, im einfachsten Fall, ob man es direkt erlebt (gesehen, gefühlt, etc.) oder indirekt aus anderer Quelle erhalten hat.
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In den meisten Sprachen gibt es eine Wortart, das Verb, das die Satzinformationen enthält. Es gibt allerding auch andere Systeme, bei denen die Informationen beispielsweise an das erste Wort des Satzes gehängt werden, oder es werden eigene Hilfsverben generiert, die die Informationen enthalten.
  
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Wörter können darüber hinaus noch andere, für sie spezifische Informationen enthalten:
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*Kasus - Die grammatische Realisierung der semantischen Rollen (ein Thema, das später in diesem Tutorial behandelt wird). Es ist eine spezifische Stellung, die das Wort im Satz einnimmt.
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*Numerus - Die Anzahl, in der der Weltinhalt eines Wortes vorkommt. Grammatisch realisiert wird oft der Unterschied zwischen eins (Singular) und mehr als eins (Plural).
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*Genus/Klasse - Eine Unterteilung der Wörter, deren Hintergrund in Bedeutung oder Morphologie hat. In vielen Fällen hat sich eine ursprünglich bedeutungsrelevante Einteilung sprachgeschichtlich vom Ursprung entfernt.
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*Komparation - Eine Verhältnisangabe, die eine Steigerung, Gleichheit oder Verminderung anzeigt.
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*Person - Die Angabe, darüber, ob Sprecher, Hörer, oder ein Dritter Inhalt des Wortes ist.
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*Definitheit - Die Angabe, ob das Bezeichnete bereits als bekannt vorausgesetzt wird.
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*Spezifizität - Die Angabe, ob ein bestimmtes Element einer Kategorie bezeichnet wird, oder die Kategorie im Allgemeinen
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Es gibt drei Möglichkeiten, wie die Informationen im Satz untergebracht werden können: Erstens können die Wörter gebeugt werden. Die Informationen werden dann über Regeln den Wörtern hinzu gefügt. Zweitens können eigene Wörter gebildet werden, die die Informationen tragen. Und drittens können die Informationen lexikalisiert sein. Das heißt, es werden Wörter oder Phrasen gewählt oder hinzugefügt, die diese Informationen bereits enthalten. Aber nicht jede Sprache drückt auch alle genannten Informationen aus. So kommt die Evidentialität beispielsweise nur in einem Viertel aller Sprachen der Erde vor.
  
  
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*Komparation: Adjektive
 
*Komparation: Adjektive
 
*Konjugation (Person, Numerus, Modus, Tempus, Genus Verbi, Aspekt, Aktionsart, Evidentialität): Verben
 
*Konjugation (Person, Numerus, Modus, Tempus, Genus Verbi, Aspekt, Aktionsart, Evidentialität): Verben
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*Artikel (Definitheit, Spezifizität, Generizität)

Version vom 16. Juli 2013, 12:29 Uhr

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